„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten 

„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten

Beikost ab 4 Monaten – Ist das wirklich gut für mein Baby?

Ein Baby wird mit Beikost vom Löffel gefüttert.

Beikost ab 4 Monaten – diese Empfehlung verunsichert viele Mütter. Du liest bei der WHO „sechs Monate voll stillen“, aber deine Kinderärztin spricht vom fünften Monat. Was stimmt denn nun? In diesem Artikel erfährst du, warum die individuelle Beikostreife deines Babys viel wichtiger ist als jeder Kalendertermin und was wirklich hinter den heutigen Empfehlungen steckt.

Hier ist ein kurzes Video, in dem ich dir die wichtigsten Zusammenhänge auf den Punkt gebracht erkläre.

In aller Kürze

  • Beikostreife zählt, nicht das Alter: Dein Baby zeigt dir durch bestimmte Zeichen, wann es bereit für Beikost ist – das kann ab Ende des vierten Monats sein, meist aber später
  • Der allergologische Schutzeffekt: Neuere Forschung zeigt, dass Babys weniger Allergien entwickeln, wenn sie während der Beikosteinführung noch gestillt werden
  • Deutsche Empfehlung berücksichtigt Realität: Die Empfehlung „ab dem 5. Monat“ reagiert darauf, dass viele Mütter nicht 6 Monate voll stillen – und zielt darauf ab, den Schutzeffekt mitzunehmen
  • Das Wichtigste: Führe Beikost ein, bevor du abstillst – nicht danach

Red Flags: Wenn dein Baby jünger als 17 Wochen (Beginn 5. Monat) ist, zeigt der Darm noch keine ausreichende Reife für Beikost. Bei besonderen Situationen (Frühgeburt, gesundheitliche Besonderheiten) sprich mit deiner Kinderärztin.

Inhaltsübersicht

Warum gibt es unterschiedliche Empfehlungen?

Die WHO empfiehlt weltweit, Babys sechs Monate ausschließlich zu stillen. Diese Empfehlung gilt besonders für Länder, in denen sauberes Wasser und hygienische Bedingungen nicht selbstverständlich sind. Dort ist Muttermilch oft die einzige sichere Nahrungsquelle, und jeder Monat mehr macht einen Unterschied beim Schutz vor Infektionen.

In Deutschland – und anderen Industrieländern – sieht die Situation anders aus. Hier haben wir gute hygienische Bedingungen, aber: Die meisten Mütter stillen keine sechs Monate voll. Die Nationale Stillkommission und das Netzwerk „Junge Familie“ haben deshalb eine Empfehlung entwickelt, die diese Realität berücksichtigt.

Der Kontext macht den Unterschied

Was in der öffentlichen Diskussion oft untergeht: Die verschiedenen Empfehlungen widersprechen sich nicht wirklich. Sie haben nur unterschiedliche Kontexte. Der Ernährungswissenschaftler Michael Krawinkel bringt es in einem Fachartikel auf den Punkt: Es geht um „Kontextualität“ – also darum, welche Empfehlung in welcher Lebenssituation sinnvoll ist.

Für Deutschland bedeutet das: Wenn du weißt, dass du nicht sechs Monate voll stillen wirst oder kannst, dann solltest du mit der Beikost beginnen, während du noch stillst – nicht erst danach. Warum das so wichtig ist, erkläre ich dir jetzt.

Was die Forschung über Allergien und Stillen zeigt

In den letzten Jahren hat sich unser Verständnis davon, wie Allergien entstehen, deutlich erweitert. Eine zentrale Erkenntnis: Muttermilch scheint eine Art Schutzschild für den Darm deines Babys zu bilden, wenn neue Nahrungsmittel eingeführt werden.

Der Mechanismus dahinter

Wenn dein Baby zum ersten Mal Beikost bekommt – sagen wir, Pastinake oder Hafer –, trifft sein Immunsystem auf völlig neue Stoffe. Das Immunsystem muss lernen: „Das ist Nahrung, keine Gefahr.“ Dieser Lernprozess heißt Toleranzentwicklung.

Und hier kommt die Muttermilch ins Spiel: Sie enthält Substanzen, die das Darm-assoziierte Immunsystem deines Babys so beeinflussen, dass es neue Nahrungsmittel eher als „sicher“ einstuft. Die Muttermilch wirkt wie eine Art Moderatorin zwischen dem neuen Lebensmittel und dem Immunsystem deines Kindes.

Was die Studien zeigen

Mehrere europäische Studien haben gezeigt: Kinder, die während der Beikosteinführung noch gestillt wurden, entwickelten seltener Allergien, Asthma oder Neurodermitis als Kinder, bei denen die Beikost erst nach dem Abstillen begann.

Besonders interessant: Dieser Schutzeffekt zeigte sich auch bei der Einführung von potenziell allergenen Lebensmitteln wie Gluten. Früher dachte man, man müsse mit solchen Lebensmitteln besonders lange warten. Heute wissen wir: Das Gegenteil ist richtig – aber eben unter dem Schutz der Muttermilch.

Ein wichtiger Hinweis

Diese Forschungsergebnisse sind nicht unumstritten, und es gibt auch Studien mit anderen Ergebnissen. Der wissenschaftliche Konsens entwickelt sich weiter. Was aber gesichert ist: Es gibt keinen Grund, mit der Beikost zu warten, bis du komplett abgestillt hast. Im Gegenteil.

Beikostreife-Zeichen wichtiger als das Alter

Jetzt komme ich zum Kern meiner Botschaft: Vergiss den Kalender. Schau auf dein Baby.

Dein Baby wacht nicht eines Morgens auf und ist plötzlich beikostreif, nur weil es jetzt fünf Monate alt ist. Babys sind unterschiedlich. Manche sind mit 18 Wochen beikostreif, andere erst mit 26 Wochen – und beides ist völlig normal.

Diese Zeichen zeigen dir Beikostreife

Dein Baby ist bereit für Beikost, wenn es:

  1. Stabil sitzen kann (mit Unterstützung) – der Kopf bleibt dabei aufrecht und wackelt nicht mehr
  2. Interesse am Essen zeigt – es schaut dir beim Essen zu, greift vielleicht nach deinem Löffel oder macht Kaubewegungen nach
  3. Den Zungenstreckreflex verloren hat – wenn du ihm einen Löffel an die Lippen hältst, schiebt es ihn nicht automatisch mit der Zunge wieder heraus
  4. Dinge gezielt zum Mund führen kann – die Hand-Mund-Koordination funktioniert

Fehlt eines dieser Zeichen? Dann warte noch. Sind alle da? Dann kannst du anfangen – unabhängig davon, ob dein Baby jetzt 19 oder 24 Wochen alt ist.

Warum nicht vor dem 5. Monat?

Der Darm deines Babys durchläuft in den ersten Monaten wichtige Reifungsprozesse. Vor Ende des vierten Monats (also vor Beginn des 5. Monats) ist die Darmschleimhaut noch nicht ausreichend entwickelt, um mit anderer Nahrung als Milch umzugehen. Das hat nichts mit Allergien zu tun, sondern mit der grundlegenden Verdauungsfähigkeit.

Deshalb ist die Untergrenze „ab dem 5. Monat“ tatsächlich eine sinnvolle Orientierung – aber eben als Untergrenze, nicht als Startsignal.

Aus meiner Beratungspraxis

Neulich rief mich eine Mutter an, völlig verzweifelt. Ihr Baby war gerade fünf Monate alt geworden, und ihre Schwiegermutter hatte gesagt: „Jetzt musst du mit Brei anfangen, das Kind braucht mehr!“ Die Mutter war verunsichert, weil ihr Baby noch gar nicht stabil sitzen konnte und auch kein wirkliches Interesse am Essen zeigte.

Wir haben uns gemeinsam die Reifezeichen angeschaut – und siehe da: Keines war wirklich vorhanden. Ich konnte ihr die Erlaubnis geben, noch zu warten. Drei Wochen später schrieb sie mir: „Plötzlich war alles anders. Sie greift nach meinem Essen, sitzt stabiler, und gestern hat sie zum ersten Mal den Mund aufgemacht, als ich den Löffel hingehalten habe. Jetzt fühlt es sich richtig an!“

Das ist der Unterschied zwischen „der Kalender sagt es“ und „mein Baby zeigt es mir“.

Was das für dich konkret bedeutet

Lass uns das Ganze jetzt auf deine Situation herunterbrechen. Was bedeuten all diese Informationen für deinen Alltag?

Wenn du 6 Monate voll stillen möchtest und kannst

Wunderbar! Dann hast du alle Zeit der Welt, auf die Beikostreife-Zeichen zu warten. Die WHO-Empfehlung „6 Monate ausschließlich stillen“ gilt für dich uneingeschränkt. Dein Baby bekommt in dieser Zeit alles, was es braucht – und du musst dir keine Gedanken über zu frühe Beikost machen.

Wenn dein Baby dann gegen Ende des sechsten Monats die Reifezeichen zeigt, kannst du mit der Beikost beginnen und so lange weiterstillen, wie es für euch beide passt.

Wenn du kürzer voll stillen wirst

Das ist die häufigere Situation in Deutschland – und genau hier greift die Empfehlung des Netzwerks „Junge Familie“. Nehmen wir an, du möchtest oder kannst nur vier Monate voll stillen. Dann ist es sinnvoll:

  1. Im 5. Monat mit Beikost zu beginnen (wenn die Reifezeichen da sind)
  2. Dabei weiterzustillen – auch wenn es nur noch ein paar Mal am Tag ist
  3. Nicht abrupt abzustillen, sondern einen Übergang zu schaffen

So bekommt dein Baby den Schutzeffekt der Muttermilch während der kritischen Phase, in der sein Immunsystem die neuen Lebensmittel kennenlernt.

Die drei entscheidenden Schritte für heute

  1. Beobachte dein Baby – Zeigt es schon Interesse an Essen? Kann es mit Unterstützung sitzen? Ist es mindestens 17 Wochen alt?
  2. Überleg dir deine Stillplanung – Wie lange möchtest und kannst du voraussichtlich voll stillen? Daraus ergibt sich, ob du eher im 5. oder 6. Monat mit Beikost anfangen möchtest.
  3. Lass dich nicht unter Druck setzen – Weder von Empfehlungen noch von anderen Müttern. Dein Baby und deine Situation sind einzigartig.

Ein Gedanke zur Entspannung

Es gibt in der Beikost-Diskussion so viel Druck: der richtige Zeitpunkt, die richtige Methode, die richtige Reihenfolge. Das möchte ich dir mit auf den Weg geben: Du kannst diesen Zeitpunkt nicht „verpassen“ oder „falsch machen“, solange du dich an die Grundregel hältst: nicht vor dem 5. Monat, nicht ohne Reifezeichen, und idealerweise noch unter dem Schutz der Muttermilch.

Alles andere ist Variation, kein Fehler.

Häufige Fragen

Mein Baby ist vier Monate alt und scheint großes Interesse an unserem Essen zu haben. Kann ich schon anfangen?

Das Interesse ist ein gutes Zeichen – aber allein noch kein Grund zu starten. Warte noch, bis alle Reifezeichen da sind UND dein Baby mindestens 17 Wochen (Beginn 5. Monat) alt ist. Bis dahin kannst du das Interesse fördern, indem du dein Baby beim Essen dabei hast – es darf zuschauen, auch mal einen Löffel halten oder an einer Brotrinde lutschen (ohne dass es tatsächlich etwas isst).

Ich stille nicht – sollte ich trotzdem mit der Beikost warten?

Wenn du nicht stillst, entfällt der Aspekt des „Schutzschilds durch Muttermilch“. In diesem Fall ist es besonders wichtig, dass die Reifezeichen wirklich alle da sind, bevor du startest. Das Zeitfenster „ab dem 5. Monat“ gilt auch für nicht gestillte Babys als Untergrenze – aber lass dich von den Reifezeichen leiten, nicht vom Kalender.

Ich habe schon mit Beikost angefangen, stille aber nicht mehr. Ist das schlimm?

Nein, das ist nicht „schlimm“. Die Forschung zu Allergieprävention und Stillen während der Beikosteinführung beschreibt einen zusätzlichen Schutzfaktor – nicht den einzigen. Dein Baby hat nicht automatisch ein erhöhtes Allergierisiko, nur weil die Beikost ohne Muttermilch eingeführt wurde. Die Reifezeichen und der Zeitpunkt spielen die größere Rolle.

Was ist mit Formula-Milch? Bietet die auch einen Schutz?

Nach allem, was wir wissen: nein, nicht in vergleichbarer Weise. Die spezifischen immunmodulierenden Substanzen der Muttermilch können in Formula-Milch nicht nachgebildet werden. Das bedeutet aber nicht, dass Formula-Ernährung „gefährlich“ ist – es bedeutet nur, dass dieser eine spezifische Vorteil nicht übertragen wird.

Meine Kinderärztin sagt etwas anderes als meine Hebamme. An wen soll ich mich halten?

Das ist eine schwierige Situation. Grundsätzlich sind beide Berufsgruppen fachlich qualifiziert, dich zu beraten – aber sie haben manchmal unterschiedliche Schwerpunkte. Bitte beide, dir zu erklären, warum sie ihre jeweilige Empfehlung geben. Wenn du verstehst, welche Überlegung dahintersteht, kannst du besser entscheiden, was für deine Situation passt. Im Zweifel: Die Empfehlung des Netzwerks „Junge Familie“ ist der aktuelle Konsens in Deutschland.

Mein Baby ist sechs Monate alt und zeigt noch kein Interesse an Beikost. Muss ich jetzt trotzdem anfangen?

Nein. Die „6 Monate“ sind keine Deadline. Manche Babys brauchen etwas länger, bis die Reifezeichen alle da sind – und das ist vollkommen in Ordnung. Solange dein Baby mit Muttermilch (oder Formula) gut gedeiht und zunimmt, gibt es keinen Grund zur Eile. Ab dem 7. Monat solltest du aber mit deiner Kinderärztin sprechen, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist.

Was ist mit Baby Led Weaning (BLW)? Gelten da andere Regeln?

Die Reifezeichen gelten unabhängig davon, ob du Brei fütterst oder BLW machst. Bei BLW sind sie sogar noch wichtiger, weil dein Baby sich selbst die Nahrung in den Mund führen muss – das erfordert eine gute Hand-Auge-Mund-Koordination. Die Zeitempfehlung „ab dem 5. Monat“ gilt aber für beide Methoden gleichermaßen.

Zusammengefasst: Dein Kompass durch den Beikost-Dschungel

Die Diskussion „4 oder 6 Monate“ führt oft in die Irre, weil sie vom Wesentlichen ablenkt: Dein Baby und eure individuelle Situation.

Die Forschung zeigt uns, dass es einen Vorteil haben kann, Beikost einzuführen, während noch gestillt wird. Die deutschen Empfehlungen berücksichtigen, dass viele Mütter keine sechs Monate voll stillen – und versuchen trotzdem, den Schutzeffekt mitzunehmen.

Aber am Ende ist die wichtigste Orientierung nicht der Kalender, sondern dein Baby selbst. Es zeigt dir durch die Reifezeichen, wann es bereit ist. Und das kann mit 18 Wochen sein (aber nicht früher als 17 Wochen), oder mit 26 Wochen, oder irgendwann dazwischen.

Vertrau auf die Signale deines Kindes. Vertrau auf dein Gefühl. Und lass dich nicht verrückt machen von widersprüchlichen Ratschlägen. 

Hast du weitere Fragen zum Thema Beikost und Stillen? Meine Stillkinder-KI steht dir rund um die Uhr zur Verfügung – kostenlos und sofort.

Regine Gresens, IBCLC, Dezember 2025
Foto: ginew from Getty Images via Canva
 

Quellen und weiterführende Literatur

 

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Beikost ab 4 Monaten - Beikostreife erkennen statt Kalender

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Regine Gresens

Seit 40+ Jahren Hebamme, Still- & Laktationsberaterin IBCLC, Berufspädagogin, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG), Autorin und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen und Euren eigenen Weg zu gehen.

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Regine Gresens

Hebamme seit 1987, Stillberaterin IBCLC seit 1996. Autorin von 'Intuitives Stillen' (>39.000 Exemplare). Berufspädagogin, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG) und Mutter. Über 40 Jahre Erfahrung in der Stillberatung.

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