„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten

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Wir haben drei Monate gekämpft und gewonnen

Von D.K. |
Ich lese regelmäßig die vielen Berichte von anderen Frauen und bin oft froh gewesen, nicht allein zu sein mit meinen Erfahrungen.

Und dennoch – mein Kind und ich haben unsere eigenen, ganz individuellen Erfahrungen gesammelt. Wie bei vielen war unser Start schwierig und nicht besonders schön.

Meine Tochter kam im Vorwehenzimmer auf die Welt – zum einen weil man mich schlicht am Wehenschreiber vergessen hat, zum anderen weil an diesem Tag mehr als zwanzig Kinder das Licht der Welt erblickten und die Ärzte und Hebammen im Kreißsaal überlastet waren.

Meine Kleine wurde mir zwar auf die Brust gelegt, jedoch bewegte sie sich nicht und gab keinen Ton von sich. So wurde sie sofort weggebracht und abgesaugt sowie bei der Atmung unterstützt.

Ich selbst blutete stark und musste notfallmedizinisch versorgt werden.

Mein Mann, der die ganze Zeit bei mir war, fühlte sich sehr zerrissen, da er gleichzeitig Angst um mich hatte, aber sich an sein Versprechen halten wollte, bei unserem Kind zu sein, sollte es weggebracht werden. So tat er es auch.

Unser kleiner Sonnenschein wurde mir aus all diesen Gründen erst drei Stunden nach der Geburt in die Arme gelegt. Sie schlief sofort ein.

Nachdem sie in den folgenden Stunden mehrfach Fruchtwasser erbrochen hatte und blau anlief, kam sie auf die Intensivstation. Dort wurde ihr sofort eine Magensonde verpasst. Auf Nachfrage hieß es, das wäre bei allen Neugeborenen so üblich, die auf die Intensivstation kämen.

Ich war entsetzt und verzweifelt. Ich wollte doch stillen. Ich diskutierte und setzte mich letztlich durch, dass die Sonde gezogen wurde.

In den folgenden Stunden durfte ich mein Kind aber nur zweimal anlegen. Das Fazit der Intensivschwester war hart: zu wenig Milch und Trinkschwäche. Ich war entsetzt.

Schließlich sollte doch der Milcheinschuss erst am dritten Tag erfolgen. Oder doch nicht? Ich war plötzlich verunsichert.

Ich wurde gezwungen meiner Kleinen am zweiten Tag 60 ml Milch per Flasche reinzuzwängen. Wenn sie es nicht schaffen sollte, müsse sie wieder per Magensonde ernährt werden.

Ich hielt sie im Arm und weinte, während ich versuchte, ihr die Flasche zu geben.

Immer wieder kam die Schwester rein und rüttelte an meinem Kind, um es ans Trinken und mich an die mögliche Konsequenz zu erinnern.

Am 2. Lebenstag haben Neugeborene (2-4 kg) eine durchschnittliche physiologische Magenkapazität von 10-15 ml, das sind gerade einmal 2-3 Teelöffel. (Die physiologische Magenkapazität ist die Menge, die bei einer Mahlzeit zum angenehmen Sättigungsgefühl führt, ohne den Magen zu überfüllen.)
Deshalb und wegen der kleinen Kolostrummengen soll in den ersten Tagen sehr häufig (8 – 12mal in 24 Std.) angelegt werden.

Ein sattes Kind trinkt einfach nicht mehr weiter oder spuckt zu große Mengen wieder aus. ~ R.Gresens

Ich war so verzweifelt und fühlte mich so hilflos. Ich verbrachte jede mögliche Minute am Bett meiner Tochter und ließ mich anrufen, wenn sie aufwachte und ich nicht da war.

Sie schrie hysterisch, wenn sie alleine in ihrem Bettchen wach wurde und niemand sich um sie kümmerte. Die Folge war, dass sie vor Aufregung nach einiger Zeit Sauerstoffabfälle im Blut hatte.

Die Ärzte diagnostizierten Atemaussetzer. Doch ich wusste, dass mein Kind nur nach seiner Mama schrie, wie wild um Hilfe weinte und vollkommen verzweifelt war, wenn keine Hilfe kam. Und das passierte öfter, vor allem nachts.

Jedes Mal wieder war ich vollkommen aufgelöst und konnte mich selbst kaum beruhigen, wenn ich versuchte meinem Kind eine gute Mutter zu sein.

Nach fünf Tagen Intensivstation stand die Entlassung an.

Doch dann kam ein Anruf, in dem man uns mitteilte, dass wir nicht gleich gehen könnten, denn unser Kind hätte Epilepsie. Uns blieb fast das Herz stehen. Sie zuckte im Schlaf mit beiden Armen.

Ich verstand die Aufregung darüber nicht. Ich meinte gelesen zu haben, dass es Kinder gäbe, die dies taten und es völlig ungefährlich sei und nach ein paar Wochen aufhörte.

Ich hatte viel gelesen in der Schwangerschaft. Mein Mann hielt mich deswegen manchmal für überfürsorglich.

Es folgte die schlimmste Zeit unseres Lebens. Unser kleines Herz lag in ihrem Bettchen, Elektroden waren unter ihre Kopfhaut gebohrt und wir warteten auf Ergebnisse. Vor Angst waren wir ganz starr.

Wir fanden heraus, dass kein Neurologe vor Ort war und es auch nicht vorgesehen war, einen zu konsultieren, da man selbst in der Lage sei eine Diagnose zu stellen.

Letzten Endes wurden wir, ihre Eltern, als geisteskrank betitelt, weil wir der Diagnose nicht trauten und nicht wollten, dass unser Kind auf Grund einer Mutmaßung mit Phenobarbital vollgepumpt wird.

Wir wurden vor die Wahl gestellt: Entweder Phenobarbital oder keine Entlassung…

Wir schlugen uns die Nächte um die Ohren, um einen Termin bei einem Neurologen zu erhalten, und fanden einen in Münster, der sich bereit erklärte uns zu helfen. Wir selbst sind aus Berlin.

Wir ließen uns auf die Phenobarbital-Gaben ein und wurden entlassen. Zwei Wochen später sollte der Termin in Münster sein.

Bis zur Entlassung hatte ich mein Kind noch kein einziges Mal länger als zwanzig Minuten im Arm.

Musste mit ansehen, wie sie aus unterschiedlichen Fläschchen mit unterschiedlichem Nuckel gefüttert wurde.

Musste akzeptieren, dass man ihr einen Schnuller verpasste und ich sie nicht halten durfte, wenn ich es wollte und/oder meine Tochter es brauchte.

Musste ertragen, dass sie gestochen und gedrückt, schreien gelassen und sich selbst überlassen wurde.

Dass ich nicht informiert wurde, wenn sie nach mir schrie oder es Neuigkeiten oder Untersuchungen gab.

Und ich habe bis dahin alle drei Stunden abgepumpt, weil ich einfach nicht akzeptieren wollte, dass ich sie nicht stillen sollte.

Zuhause wollte ich das ändern.

Doch Zuhause wollte unsere Tochter auch nicht. Sie konnte sich einfach nicht daran erinnern, wie Stillen funktioniert.

Unsere Hebamme gab sich alle Mühe und kam täglich um uns zu helfen.

Doch unsere Tochter schrie wie verrückt, wenn ich ihr die Brust anbot. Sie drückte sich weg und ließ sich nicht an die Brust ziehen.

Wir fuhren zum Osteopathen. Er diagnostizierte eine Verspannung im Rücken. Doch nachdem diese behandelt war, wurden unsere Stillversuche auch nicht besser.

Wir engagierten eine Stillberaterin. Auch sie gab sich alle Mühe.

Wir hatten schon mehrere Termine mit ihr hinter uns, als sie uns vorschlug, ein Baby-Heilbad zu versuchen. Sie erhoffte sich dadurch die Erinnerung unserer Tochter an das Stillen zu wecken und gleichzeitig das Geburtstrauma verarbeiten zu helfen. Wir waren zu allem bereit.

Nach schwierigen Geburten, Trennungen nach der Geburt und/oder Brustverweigerung bzw. Stillstreik ist so ein Baby-Heilbad oder auch Bonding-Bad oft sehr hilfreich. ~ R. Gresens

Und tatsächlich – beim dritten Versuch dockte unser Mädchen kurz an und versuchte zu trinken. Ich war so überwältigt, dass ich hemmungslos weinte. Es bestand also noch Hoffnung.

In der Zwischenzeit waren wir auch in Münster beim Facharzt für Neuropädiatrie. Dieser bescheinigte uns, dass unser Kind absolut gesund sei und keine Epilepsie hatte.

Die Wut und die Hilflosigkeit, das Gefühl des Ausgesetztseins kam wieder hoch. Gleichzeitig aber auch die Sicherheit als Mutter richtig zu liegen, wenn man seinem Bauchgefühl vertraut.

Das gab mir auch die Zuversicht das Stillen vielleicht doch noch hinzukriegen.

Die Tage gingen ins Land und ich war mürbe vom Abpumpen und verzweifelt, weil unser Herz so sehr weinte bei jedem Versuch ihr das Stillen schmackhaft zu machen.

Der kleine Erfolg nach dem Heilbad war leider nur der kleine, einmalige Erfolg. Ich versuchte alles: Fingerfeeding, Brusternährungsset

Als ich zum Becher* griff, um ihr durch den Flaschenentzug das Stillen näher zu bringen, war unser Zwerg so entrüstet, dass ihr die Milch rechts und links am Gesicht runter lief und nichts davon in ihrem kleinen Magen landete.

Wieder weinte ich. Mein Mädchen litt unter der Situation. Und ich auch.

Beim nächsten Termin mit der Stillberaterin sagte diese, dass sie nun auch nicht weiter wüsste als unserem Kind alles wegzunehmen, woran sie nuckeln konnte.

Flasche weg, Nuckel weg. Alles weg.

Und dann immer wieder die Brust anbieten. Schon bevor sie Hunger hat, wenn sie schläfrig ist – einfach immer.

Am besten sollte ich die ganze Zeit nackt rumlaufen und ihr immer und überall die Brust anbieten.

Ich hatte Zweifel, war aber immer noch zu allem bereit. Wie besprochen tat ich es. Am Abend verweigerte ich unserem Baby schließlich auch die abendliche Flasche. Sie weinte.

Und sie weinte immer heftiger, je länger sie an meine Brust gehalten wurde. Sie schien regelrecht mit ihr zu kämpfen. Unser Kind lief rot an und ich hielt das kleine Bündel im Arm und fühlte mich wieder hilflos. Ich wollte es so gern schaffen.

Ich hatte keine Alternative. Flasche zu geben kam in meiner Welt nicht vor und ich konnte und wollte mich nicht damit abfinden.

Ich legte meine Tochter, die immer noch weinte, aufs Bett und verließ kurz den Raum. Ich musste mich sammeln und ich dachte darüber nach, ihr jetzt eine Flasche zuzubereiten.

Ein letztes Mal wollte ich es heute nochmal versuchen. Eine letzte Chance für mich und mein Baby. Ich zog mich aus und krabbelte zu unserem Baby aufs Bett.

Sie weinte bitterlich. Ich nahm sie hoch und flüsterte ihr ins Ohr: „Bitte versuch es! Es ist so einfach. Du schaffst das!“ und siehe da – sie trank.

Wunderbar!! 🙂 Und von der Natur auch so vorgesehen, denn bäuchlings auf dem Oberkörper der entspannt, zurückgelehnten Mama liegend, können Babys, mit Hilfe ihrer angeborenen Reflexe, selbständig die Brust finden und andocken und tun dies oft auch, selbst wenn das Stillen bisher noch nicht richtig klappen wollte. (Stichwort: Intuitives Stillen) ~ R. Gresens

Sie dockte einfach an und trank. Ich war wie paralysiert. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte meine Freude hinausgeschrien.

Doch ich saß nur regungslos da aus Angst, ich könnte den Erfolg durch eine falsche Bewegung zerstören und weinte wieder. Dieses Mal vor Glück.

Auch das zweite Mal Anlegen drei Stunden später verlief reibungslos. Mein Kind tat, als hätte es nie etwas anderes getan.

Drei Monate haben wir gekämpft und geweint und alles versucht.

Und wir haben gewonnen. Wir haben eine unbezahlbare Stillzeit gewonnen, die wir inzwischen seit 21 Monaten fortführen.

Unsere Tochter ist heute sehr zielstrebig und fordernd, wenn es um eine Stillmahlzeit geht.

Stillen ist so viel mehr als Nahrungsaufnahme. Und ich bin so dankbar und stolz durchgehalten zu haben. Diese Zeit wäre eine ganz andere gewesen und wir hätten so viel verpasst.

Wir hatten keinen guten Start und eine sehr schwere Zeit, doch wir haben es gemeinsam geschafft, es zum Guten zu wenden. Dank unserer Hebamme, der unglaublichen Stillberaterin und weil ich nicht aufgeben wollte.

Das kann ich allen anderen Müttern weitergeben: Gebt nicht auf und vertraut eurem Bauchgefühl!! Es lohnt sich.

Vielen Dank an Sie, Frau Gresens, für die tolle Arbeit und die vielen tollen Infos, die ich am liebsten schon in meiner Schwangerschaft gelesen hätte. Es hätte mir vieles erleichtert, hätte ich das alles schon früher gewusst.

Ich würde mir wünschen, dass das Personal und die Ärzte besser ausgebildet würden, was das Stillen angeht, und den Müttern mehr zutrauen würden. Natürlich sind wir in einer Ausnahmesituation nach der Geburt, aber sicherlich sind wir weder geisteskrank noch unzurechnungsfähig.

D.K. 

Originalbericht einer Mutter, März 2018
Foto: D.K.

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Regine Gresens

Hebamme, Berufspädagogin, Still- & Laktationsberaterin IBCLC, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG), Autorin und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen und Euren eigenen Weg zu gehen.
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1 Kommentar

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  1. vielen dank für deine starken Worte . Wir haben gerade 4 Wochen horror Krankenhauszeit hinter uns . Ich habe kaum noch milch , aber versuche jederzeit anzulegen . danke das du mir mut machst

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