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Von Rebecca |
Hallo,
ich komme aus Bremen, bin 31 Jahre alt und seit 3 Jahren verheiratet. Ich arbeite als Sozialarbeiterin in der Psychiatrie.
Ende letzten Jahres haben wir ein Haus gekauft. Wir haben immer gesagt, wenn wir ein Haus haben, wollen wir es mit Kindern probieren. Es hat beim ersten Versuch geklappt und wir waren überglücklich.
Für mich stand schon immer fest, dass ich stillen würde, wenn ich ein Baby bekomme. Als ich schwanger war, bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich Probleme beim Stillen haben könnte. Dies wurde auch nirgends (Geburtsvorbereitungskurs, Gynäkologin) thematisiert.
Stillen ist für mich das Natürlichste der Welt und ich war schon immer fasziniert von der Bindung von Müttern und Kindern beim Stillen. Vorbereitet habe ich mich in dem Sinne, dass ich mich mit Stillpositionen beschäftigt habe und wie die Milchproduktion funktioniert. Also in das Thema „eingelesen“.
Die Geburt war Anfang September diesen Jahres. Die Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen, die Geburt ebenso. Es ging eher recht schnell, fast genau 10 Stunden von Blasensprung bis ich mein Kind in den Armen hatte. Er kam 9 Tage vor dem errechneten Termin.
Als mein Sohn geboren war, habe ich im Kreißsaal Hilfe beim Anlegen bekommen. Später auf der Wochenbettstation haben sich die Schwestern gefreut, wenn sie gesehen haben, dass ich den Kleinen anlege, geguckt hat niemand.
Wir haben uns schon gewundert, dass unser Sohn in der ersten Nacht direkt 7 Stunden geschlafen hat. Wir dachten, das kommt von den Anstrengungen der Geburt. Am nächsten Tag habe ich ihn fleißig weiter angelegt, mich aber gewundert, weshalb es mir nicht wehtut (das haben doch immer alle berichtet). Unser Sohn hat die meiste Zeit des Tages geschlafen.
Als die Schwester ihn in der Nacht für die ersten U2-Untersuchungen abgeholt und wiedergebracht hat, sagte sie, dass er ziemlich viel, fast schon zu viel, abgenommen habe.
Er kam mit 3385 g auf die Welt und bei der U2 waren wir noch knapp über 3000 g.
Der Arzt, am nächsten Tag, sagte dazu nur: „Dann müssen Sie nach dem Stillen halt ’ne Flasche geben.“ Das war für mich der erste Schlag ins Gesicht.
Da sich unser Sohn am nächsten Tag nach etwa 7 Stunden nicht wecken ließ, rief ich unter Tränen eine Schwester. Diese hat den Kleinen ausgezogen, womit wir ihn wach bekommen haben. Außerdem brachte sie ein Stillhütchen und das erste Mal war mir bewusst, was der Ansaugschmerz ist.
Der „berühmte“ Ansaugschmerz ist kein Zeichen dafür, dass ein Kind gut angelegt ist oder richtig saugt. Vielmehr sind Schmerzen – vor allem stechende Schmerzen – eher ein Alarmsignal des Körpers für eine akute Verletzung. Dies gilt auch für Schmerzen beim Anlegen mit einem Stillhütchen.
~ R. Gresens
Endlich zu Hause nahm ich Kontakt zur Hebamme auf. Am 2. Tag zu Hause hatte der kleine Mann noch mehr abgenommen, wir waren bei nur noch fast 2900 g und mussten die Notbremse ziehen: Pre-Nahrung und Abpumpen. Unser Sohn sollte alle 4 Stunden gefüttert werden und ich sollte alle 4 Stunden jede Brust 30 Minuten abpumpen.
Gesagt getan, allerdings hätte ich dies ohne meinen Mann nicht geschafft. Er hat die Flasche vorbereitet und gegeben, während ich am Pumpen war. Psychisch war ich am Boden, immer wieder kamen Gedanken wie: „Ich bin nicht in der Lage mein Kind zu ernähren.“ oder „Vor 100 Jahren wäre er verhungert“.
Das Pumpen lief zunächst sehr frustrierend, die ersten Male pumpte ich bei 2×30 Minuten 40 ml ab. Mit der Zeit steigerte sich die Menge und unser Sohn konnte komplett mit Muttermilch versorgt werden. Anstrengend war es trotzdem, aber ich wusste, wofür ich es gemacht habe.
Nach etwa einer Woche probierten wir es mit Unterstützung der Hebamme wieder an der Brust. Zunächst nahm unser Sohn mehrere Tage hintereinander zu.
Dann gab es zwei Tage, an denen er nur geschrien und nicht gut getrunken hat. Die Waage der Hebamme zeigte wieder 150 g weniger an. Also wieder an die Pumpe.
Die Frustration war riesig, täglich flossen die Tränen. Die Hebamme hatte viele motivierende Worte und sagte, dass wir es bestimmt an die Brust schaffen, bis mein Mann wieder zur Arbeit muss (2 Monate Elternzeit). Denn dann hätte ich das mit dem Abpumpen nicht mehr alleine geschafft.
Es lief wie beim ersten Mal, zunächst frustrierend auf Grund der geringen Milchmenge. Dann, wenige Tage später, hatte ich Milch im Überfluss, so dass wir sogar welche einfrieren konnten.
Toll!! Auch wenn das Neugeborene noch nicht so viel Muttermilch benötigt, ist es wichtig, dass die Milchbildung in den ersten Wochen gut angeregt wird.
~ R. Gresens
Die Hebamme riet mir, den Kleinen vor dem Abpumpen und vor der Flasche jedes Mal anzulegen. Und tatsächlich trank er mit der Zeit zumindest immer ein paar Schlucke und ich war richtig motiviert.
Meine Schwiegermutter kam einen Tag vorbei, um mich zu unterstützen und zu gucken, ob sie mir noch Tipps beim Stillen geben kann. Doch auch sie meinte, dass alles gut aussieht, der Kleine aber entweder zu faul oder zu schwach zum Trinken an der Brust sei.
Das sind leider Aussagen, die aus dem Reich der Mythen und Ammenmärchen kommen.
Es gibt nämlich keine Babys, die zu faul sind an der Brust zu trinken. Und gesunde, reif geborene Babys können auch nicht zu schwach zum Trinken sein. Bei einer guten Milchmenge und einem guten Milchspendereflex müssen sich die Kinder nämlich an der Brust nicht besonders anstrengen.
~ R. Gresens
Ich überlegte, ob es am Zungenbändchen liegen könnte. Doch dies wurde sowohl von der Hebamme als auch von der Kinderärztin verneint.
Nach ein paar Wochen trank er recht gut an der Brust, wurde aber sichtbar nicht satt, weshalb es weiterhin die Flasche gab.
Wir haben mehrmals geguckt, wie viel er noch an der Flasche trinkt, und haben dann meist 60-70 ml zugefüttert, nach jedem Stillen, wenn er zeigte, dass er noch hungrig ist. In dem Zeitraum lag die Gewichtszunahme dann bei etwa 150-200 g pro Woche.
Als unser Sohn dann nach der Flasche aber jedes Mal viel erbrochen hat, sollten wir es nur an der Brust probieren. Und tatsächlich hat es geklappt. Ich konnte mein Glück kaum glauben.
Allerdings bekam ich etwa 1.5 Wochen später einen Magen-Darm-Infekt und konnte nichts bei mir behalten und nach 2 Tagen ging unser Sohn in den Stillstreik. Ich war am Boden zerstört, die Zeit rannte uns davon.
Meine Brüsten waren voll, ich habe mehrmals ausgestrichen, in der Hoffnung, dass er wieder an die Brust geht. Da er aber nur die Brust angeschrien hat, habe ich wieder mit dem Abpumpen begonnen, aber auch wieder jedes Mal vorher angelegt.
Bei einem Treffen mit den Leuten vom Geburtsvorbereitungskurs traf ich das erste Mal auf eine andere Frau, die die gleichen Probleme beim Stillen hatte. Sie habe, nach langem Kampf mit sich, akzeptieren können, dass sie nicht voll stillt, sondern zufüttert.
Dieses Gespräch hat etwas in mir ausgelöst und ich wurde entspannter, was das Thema Stillen anging, und fing auch an zu akzeptieren, dass es wohl nicht sein soll.
Ich machte weiter mit dem Anlegen und Abpumpen. Und plötzlich von einem Tag auf den anderen, trank unser Sohn so schnell und gut an der Brust, wie nie zuvor. Erstmals merkte ich ein Ziehen in der anderen Brust, wenn er richtig trank.
Im Nachhinein würde ich sagen, ich war entspannter, ohne Druck. Evtl. war vorher immer ein Druck da, im Sinne: Es muss doch klappen, bei anderen klappt das doch auch.
Nach wenigen Tagen brauchten wir nicht mal mehr das Stillhütchen. Er wirkte satt und zufrieden und instinktiv wusste ich, dass wir es geschafft hatten. Genau eine Woche, bevor mein Mann wieder zur Arbeit musste.
Wir sind „erst“ 4 Wochen komplett an der Brust, aber seitdem stille ich voll und genieße jede „Stillrunde“. Der Kleine kommt etwa alle 3-4 Stunden, nachts hat er meist eine lange Schlafphase von 5-6 Stunden. Er hat in den letzten 2 Wochen 500g zugenommen. 🙂
Mein Fazit für mich ist, dass es sich lohnt nicht aufzugeben. Andererseits kann ich jede Mutter verstehen, die sich bei soetwas entscheidet abzustillen, ich selber war mehrmals kurz davor.
Rebecca
Originalbericht einer Mutter, November 2022
Foto: congerdesign via Canva Pro
Liebe Rebecca,
herzlichen Dank für das Teilen Eurer Geschichte.
Stress, z.B. durch Anspannung, Angst und/oder Schmerzen, kann den Milchspendereflex – und damit den Milchfluss zum Kind – hemmen. Daher ist es sehr gut möglich, dass Deine sorgenvollen Gedanken einen Anteil an der geringen Gewichtszunahme Deines Babys hatten. Jedoch werden sich sicherlich auch die Stillhütchen und ein wahrscheinlich suboptimales Anlegen negativ ausgewirkt haben. Möglicherweise haben sogar noch mehr Faktoren eine Rolle gespielt. Aus meiner Sicht wäre in Eurem Fall eine individuelle Stillberatung bestimmt hilfreich gewesen.
Ich wünsche Euch noch eine entspannte und glückliche weitere Stillzeit.
Liebe Grüße, Regine Gresens
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Das kommt mir alles sehr bekannt vor… Komme auch aus Bremen, arbeite in einer Klinik, wollte immer stillen und hätte nie gedacht, dass es da Probleme geben könnte (dachte immer, dass einige es nicht wollen oder die Schmerzen nicht ertragen). Meine Tochter ist jetzt 13 Wochen alt und momentan stille ich ausschließlich, aber der Weg dahin ging über Gewichtsverlust, Ikterus, Pumpen, preHA, Brusternährungsset, Spritze mit Schlauch (5 Ch MS) dran, viele Tränen der Verzweiflung, Schmerzen und Stress/Druck pur. Leider habe ich nie „Milch im Überschuss“ erreicht und verbringe daher viele Stunden am Tag mit meiner Maus an der Brust, damit sie zunimmt. Es bildet auch hauptsächlich die linke (größere) Brust überhaupt Milch (rechts kam beim Pumpen schon nie mehr als 20 ml). Ich denke, das liegt am PCOS. 🙁 Ich hoffe einfach, dass es wenigstens nicht mehr weniger wird und dass ich sie 6 Monate stillen kann. Der Beikosteinführung sehe ich daher als „Erleichterung“ entgegen. 🙂 Für mich hat es sich jedenfalls gelohnt, nicht aufzugeben und das alles zu ertragen, denn stillen finde ich sooo viel unkomplizierter als Flaschennahrung. Man hat alles immer dabei, ohne extra Gepäck. Es hat immer die richtige Temperatur und ist hygienisch unbedenklich. Nebenbei hat es immer die richtige Zusammensetzung für das Kind und liefert immunologisch wertvolle Stoffe (statt potentieller Allergene). Man ist seinem Kind nahe und wenn es weint/schreit und alles wiegen nichts mehr hilft, dann ist man als Mama „die Rettung“ und allein das ist schon ein tolles Gefühl…
Liebe Jessica,
herzlichen Glückwunsch, toll, dass Du es soweit geschafft hast!! 🥰
Ja, bei einem PCOS kann die Milchbildung reduziert sein. Vielleicht helfen Dir einige dieser Tipps noch ein wenig weiter: 10 Tipps, damit das Stillkind besser zunimmt.
Liebe Grüße nach Bremen,
Regine Gresens