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Von Julia |
Hallo! Ich bin 33 Jahre, lebe mit meinem Mann in Baden-Württemberg und wir haben im Oktober 2021 unser erstes Kind bekommen.
Unser Sohn ist ein Sonntags- und Feiertagskind und kam pünktlich an seinem errechneten Geburtstermin auf die Welt. Der Weg dahin war allerdings etwas holprig.
Die Schwangerschaft verlief ganz gut und unkompliziert. Ich besuchte einen Geburtsvorbereitungskurs und durch unsere tollen und ausführlichen Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus fühlten mein Mann und ich uns gut vorbereitet.
Für mich war klar, dass ich stillen möchte, weil ich weiß, dass es das Beste für die Kindesentwicklung ist, und weil ich es sehr praktisch finde, dass Muttermilch sofort verfügbar ist.
Aufs Stillen habe ich mich allerdings nicht speziell vorbereitet. Wir hatten es im Geburtsvorbereitungskurs als ein Thema und meine Vorsorgehebamme hat mir das Buch „Das Stillbuch“* von Hannah Lothrop empfohlen, das habe ich etwas gelesen.
In den letzten Schwangerschaftswochen ging aber alles etwas drunter und drüber. Erst hatte ich Verdacht auf Präeklampsie und dann stellte sich 3 Wochen vor dem errechneten Termin heraus, dass der Kleine in Beckenendlage liegt. Somit mussten wir uns sehr kurzfristig auf eine völlig andere Geburtssituation einstellen.
Vom Geburtshaus ging es jetzt ins Vollversorgerkrankenhaus. Zum Glück haben wir bei uns eine große Klinik, die auf natürliche Beckenendlagengeburten spezialisiert ist und ich war entschlossen weiterhin eine natürliche Geburt anzustreben.
Naja, am Ende kam der Kleine doch per Kaiserschnitt zu uns. Er wog 3815g und war 52cm lang. Die Geburt war anstrengend und lang für alle, aber ich bin froh, dass wir es probiert haben.
Das Krankenhaus ist ein stillfreundliches Krankenhaus und der Kleine kam schon im OP zu mir auf die Brust und da blieb er auch, bis auf die U-Untersuchungen. Er fand auch sofort die Brust und fing gleich an zu saugen. Die Hebamme und wir waren ganz begeistert.
Leider war diese Freude nur von kurzer Dauer und mein Kleiner und ich haben eine sehr abenteuerliche Stillreise mit vielen Höhen und Tiefen hinter uns.
Er hat nach der Geburt viel Gewicht verloren – wie viel Gewicht er direkt nach der Geburt verloren hat, weiß ich leider nicht. Und nach vielen Versuchen haben wir ab dem 3. Tag stillfreundlich zugefüttert und weiter gestillt. Wir haben zuerst mit einem Sondenschlauch und einer Spritze und dann mit einem Becher zugefüttert. Die Nahrung war fertige Flüssignahrung für die Klinik.
Auch hier weiß ich die Gewichtsentwicklung leider nicht genau. Das Gewicht ging aber langsam bergauf und am 4. Tag durften wir nach Hause. Sein Entlassungsgewicht war 3480g.
Ich hätte mir sehr gewünscht, dass das Pflegepersonal eine einheitliche Richtung beim Stillen geht, aber jede hat etwas anderes empfohlen und mein Mann und ich sind sehr verwirrt und hilflos entlassen worden.
Unsere Nachsorgehebamme war zum Glück sehr ruhig und entspannt, was die Gewichtsentwicklung anging und so haben wir das Zufüttern daheim weggelassen.
Ich habe daheim nach Bedarf gestillt – ohne feste Zeiten, meistens so 30 bis 60 Minuten lang. Nur Nachts habe ich die ersten Wochen 3-4 Stunden nicht gestillt, weil ich etwas Schlaf brauchte. Da habe ich auch in einem extra Zimmer geschlafen. Das haben wir aber schnell geändert, weil ich viel besser schlafen kann, wenn mein Sohn neben mir liegt und seitdem haben wir ein großes Familienbett.
Aber unser Kleiner hat weiterhin nur sehr langsam zugenommen – so ca. 60g die Woche. Unsere Gedanken kreisten 24 Stunden am Tag um die Gewichtszunahme von dem Kleinen.
Unsere Hebamme und wir wollten den Druck rauszunehmen und etwas Entspannung für alle haben. Als das Gewicht nach 10 Tagen nur um 100g gestiegen war, haben wir gemeinsam mit ihr entschieden, doch wieder zuzufüttern, diesmal mit Flasche. Erst habe ich gestillt, dann hat der Papa ihm die Flasche angeboten.
Mit Zufüttern hat mein Sohn dann ca. 100g/120g pro Woche zugenommen. Nach 4 Wochen hatten er endlich sein Geburtsgewicht überschritten. Diese Zeit war sehr schwer für mich. Dauerhafte Sorge um die Entwicklung vom meinem Kleinen und eine beginnende Wochenbettdepression.
Mir ging es psychisch nicht gut. Ich war sehr erschöpft und habe viel an mir und meiner Aufgabe, mein Kind zu ernähren, gezweifelt. Ich hatte über mehrere Wochen eine sehr stark entzündete Brustwarze und habe auch noch einen sehr schmerzhaften Vasospasmus entwickelt. Da war jedes Stillen eine Zeitlang sehr schmerzhaft. Außerdem hatte ich im November noch einen Hexenschuss und konnte mich fast eine Woche nicht bewegen.
Ich habe in der Zeit sehr intensiv mit dem Gedanken gespielt abzustillen, damit ich mich endlich wieder besser fühlen und mein Körper sich erholen kann und es uns allen besser geht.
Zum Glück habe ich den tollsten Mann der Welt, der mich bei allen Entscheidungen unterstützt hat.
Ich war nämlich noch nicht bereit, das Stillen aufzugeben. Als der Kleine 8 Wochen alt war, habe ich einen Termin bei einer Stillberaterin gehabt. Anlegetechnik und Saugen war wunderbar, also war der Plan die Milchmenge erhöhen.
Wir haben gestillt, sobald mein Sohn die kleinsten Signale gegeben hat. Ich habe ihn immer direkt bei mir gehabt, wir hatten viel Hautkontakt beim Stillen. Und sie hat Wechselstillen empfohlen, sobald er nur noch nuckelte, habe ich die Brust gewechselt, immer hin und her.
Die Stillberaterin meinte, dass ich am Anfang eigentlich gar nicht zu wenig Milch gehabt hätte, sondern, dass man bei Kaiserschnittkindern mit Müttern, die viel Wasser eingelagert haben, noch ein zweites Geburtsgewicht wiegen sollte – 6-12h nach der Geburt, weil auch diese Kinder Wasser einlagern. Das wurde aber nicht gemacht. Also war wahrscheinlich das Geburtsgewicht von meinem Sohn etwas niedriger und der Gewichtsverlust und die Zunahmen in Bezug auf das unbekannte Gewicht hätten wahrscheinlich gepasst und wir hätten uns das Zufüttern sparen können.
Wenn eine Mutter während der Geburt, z.B. wegen einer PDA, viele Infusionen erhält, lagert sie die Flüssigkeit auch als Ödem im Bindegewebe ein. Auch das Ungeborene hat dann Wassereinlagerungen im Gewebe und scheidet die überschüssige Flüssigkeit dann in den ersten Lebensstunden aus, was dann zu einem vermeintlich sehr hohen Gewichtsverlust am ersten Lebenstag führt. Es wäre daher in solchen Fällen sinnvoll, wie von der Stillberaterin vorgeschlagen, das Geburtsgewicht erst am zweiten Lebenstag zu messen. Ob dies in einigen KLiniken auch so durchgeführt wird, ist mir jedoch nicht bekannt.
~ R. Gresens
Die Milchmenge war dann einfach durch das Zufüttern zu gering geworden und sie meinte, dass man die Milchmenge nur in den ersten Wochen gut steigern kann. Ich war aber erst 8 Wochen nach der Geburt bei ihr. Da wären die Chancen eher gering, dass das funktioniert.
Die Milchmenge lässt sich auch nach den ersten Wochen durch häufiges und vor allem auch gründliches Entleeren der Brüste noch steigern. Allerdings ist es dann schwieriger und dauert meist auch länger.
~ R. Gresens
Naja, es hat leider auch nicht geklappt. Sobald wir die Pre-Nahrung reduziert haben, hat sein Gewicht stagniert. Milch abpumpen hat bei mir leider gar nicht funktioniert, so dass diese Option wegfiel. Aber die Stillberaterin hat mir Mut gemacht und mir die Funktion des Brusternährungssets erklärt.
Und dieses Set* wurde mein bester Freund. Mein Sohn hat es sofort angenommen und ich konnte stillen und gleichzeitig Premilch geben, ohne die zusätzliche Flasche von Papa.
Die ersten Monate haben wir fast jede Mahlzeit mit dem Set gestillt. Wir haben am Anfang zwischen 50 und 70ml pro Mahlzeit gefüttert und sind pro Tag auf ca. 300 ml Pre-Nahrung gekommen. Damit hat er so 150-200g pro Woche zugenommen.
Ich wurde immer selbstbewusster und routinierter und habe das Brusternährungsset überall mit hingenommen: ins Café, zur Babymassage, in den Zug. Es war als hätte sich nach der ersten Zeit ein dunkler Vorhang gelüftet und ich konnte unser neues Leben als Familie endlich vollauf genießen.
Nach und nach haben wir dann die Premilch-Menge reduziert und er hat weiter gut zugenommen.
Mit der Einführung der Beikost haben wir Stück für Stück ganze Premilch-Mahlzeiten weggelassen und ich habe einfach nur noch gestillt. So haben wir es langsam ausgeschlichen und ab dem 10. Monat habe ich es ganz weggelassen.
Seitdem stillen wir nach Bedarf und mein Sohn liebt es abgöttisch.
Er ist mittlerweile 18 Monate alt und wir stillen immer noch so, wie es für uns passt. Nachts haben wir jetzt abgestillt und es tut mir sehr gut, endlich wieder längere Phasen am Stück zu schlafen und meinen Körper nur für mich zu haben. Tagsüber stillt er so oft er mag. Mittlerweile heißt die Brust „Pu“ und er grinst mich immer freudig an, wenn wir es uns auf unserem Stillplatz gemütlich machen.
Mein Sohn ist sehr lebendig, aufgeweckt und kontaktfreudig, rennt durchs Leben und übt fleißig Sprechen. Es ist eine riesige Freude ihn beim Aufwachsen zu begleiten und zu sehen, wie sich sein Charakter Stück für Stück entfaltet.
Er geht seit 4 Monaten in die Kita. Ich arbeite bereits, seit er 8 Monate alt ist, und ich bin sehr dankbar und stolz, dass wir diesen Weg gegangen sind.
Ich habe gelernt auf mein Bauchgefühl, meinen Sohn und unsere Verbindung zu vertrauen. Viele Dinge und Situationen haben wir so ohne große Kämpfe geschafft, wie z.B. ins Bett gehen mit Papa oder nachts abstillen.
Natürlich haben auch wir immer wieder Phasen, in denen alles sehr anstrengend ist und ich das Gefühl habe, dass ich mein Kind gar nicht kenne. Aber dann denke ich an die letzte schwere Phase zurück und weiß, dass wir auch diese und die nächsten schaffen.
Gemeinsam, als Familie.
Mein Tipp: Immer auf sein Bauchgefühl zu hören und sich möglichst schnell Hilfe zu holen, wenn man das Gefühl hat, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich hätte mir im Nachhinein viel früher Hilfe bei einer Stillberaterin holen sollen.
Julia
Originalbericht einer Mutter, März 2023
Foto: Julia
Liebe Julia,
vielen Dank für das Teilen Eurer Stillgeschichte. Schön, dass sich das Stillen für Euch noch so gut entwickelt hat.
Das Geburtsgewicht von Neugeborenen deren Mütter, viele Infusionen erhalten haben, sollte wirklich routinemäßig erst am zweiten Lebenstag erhoben werden, dann könnten vielen neuen Stillpaaren solche Erfahrungen, wie ihr sie gemacht habt, erspart bleiben. 😢
Ich stimme Dir außerdem absolut zu, dass es am besten ist, sich bei Stillproblemen so früh wie möglich kompetente Hilfe bei einer professionellen Still- und Laktationsberaterin IBCLC zu holen. Denn je früher die Ursachen der Probleme erkannt werden, desto weniger Folgeproblemen können daraus entstehen und desto schneller können sie in der Regel gelöst werden.
Ich wünsche Euch noch eine glückliche Stillzeit, so lange, wie es sich gut und richtig anfühlt. 🧡
Ganz liebe Grüße, Regine Gresens
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