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Von Patricia |
Ich bin Mama von einem Bub und einem Mädel (aktuell 9 Wochen und 2¾ Jahre alt). Ich komme aus Oberbayern in der Nähe von Ingolstadt und bin Elektro-Ingenieur, aktuell in Elternzeit. Eigentlich bin ich ein Kopfmensch, aber meine Kinder haben mir sehr dabei geholfen mehr auf meine Gefühle zu hören.
Die ersten Stunden und Tage nach der Geburt:
Am 29.04.2019 kam meine Tochter auf natürliche Weise nach einer turbulenten Wehenzeit auf Grund geringer Herztöne dennoch wohlbehalten zur Welt. Schon nach ca. einer halben Stunde – nachdem alle nötigen Untersuchungen zu Ende waren und ich genäht war – fing sie sofort an, an der Brust zu saugen. Dieser Moment machte mich sehr glücklich. Danach schlief sie erschöpft und zufrieden ein.
Die erste Nacht war noch einigermaßen entspannt, sie wollte ca. alle 2 Stunden an die Brust und schlief dann weiter. Am folgenden Tag schlief sie sehr viel und wollte wenig an die Brust. Als sie gewogen wurde, bekamen die Ärzte etwas Panik, da sie ziemlich viel Gewicht verloren hatte.
Ich musste also abpumpen und die – gefühlt – drei Tropfen, die dabei herauskamen, wurden meiner Tochter mit einer Spritze verabreicht. Gott sei Dank hatte ich ein sehr stillfreundliches Krankenhaus. Sie verboten mir jede Art von Schnuller und drängten auch nicht die Flasche zu geben. Das heißt, nichts konnte in dieser sensiblen Phase unsere Stillbeziehung durcheinanderbringen.
Nach diesem kleinen Happen zur Stärkung war meine Tochter wie ausgewechselt: Sie nuckelte nun fast ununterbrochen, vor allem die folgende Nacht. Diese habe ich als sehr anstrengend empfunden, da ich – gefühlt – überhaupt nicht geschlafen habe und meine Tochter sofort wie am Spieß zu brüllen angefangen hat, sobald die Brustwarze den Mund verlassen hat.
Nach einiger Zeit hatte ich mich, Gott sei Dank, doch durchgerungen eine Schwester zu rufen, da ich mit den Nerven am Ende war. Diese erzählte mir ganz ruhig, dass dieses Verhalten ganz normal wäre und so hörte ich das erste Mal den Begriff „Cluster-Feeding“. Diese Aussage hat mich sehr beruhigt. Alles war normal, mein Kind verhungerte nicht. Also konnte ich das Dauerstillen nun auch besser aushalten.
Am nächsten Tag kam der Milcheinschuss mit voller Kraft, meine Brüste waren auf einmal sehr prall und schwer. Dazu kam, dass ich jetzt schon wunde Brustwarzen hatte und die Kleine sogar schon etwas Blut von meinen Brustwarzen spuckte.
Tags darauf wurden wir entlassen, das Stillen hatte sich schon einigermaßen eingespielt. Jedoch war ich noch sehr darauf konzentriert, welche Brust als nächstes drankommt, wie ich richtig anlege und habe mir überhaupt sehr viele Gedanken über das Stillen gemacht.
Die ersten Wochen und Monate:
Die Nächte der ersten vier Wochen waren sehr anstrengend, da ich noch nicht im Liegen stillen konnte und mich deshalb immer aufrichten musste und nicht im Halbschlaf stillen konnte. Zum anderen wurde meine Tochter jedes Mal wieder wach, wenn sie fertig war mit Stillen und ich mich und sie wieder bequem hinlegen wollte. Sobald sie wach war, hat sie die Brust verweigert und nur geschrien, da sie ja eigentlich satt war und nur schlafen wollte. Da half dann nur Treppensteigen bis sie wieder eingeschlafen war, danach ging das ganze Spiel wieder von vorne los.
Irgendwann bin ich auf die Idee gekommen, nachts nicht krampfhaft zu versuchen sie richtig anzulegen, sondern habe sie selbst die Brustwarze finden und nehmen lassen. Auf einmal klappte nun auch das Stillen im Liegen. Was für eine Verbesserung endlich auch während des Stillens etwas dahindösen zu können!
Leider verbesserte sich dadurch aber nicht der Zustand meiner Brustwarzen. Diese waren seit Beginn ununterbrochen entzündet und blutig. Jedes Stillen schmerzte wahnsinnig. Ich habe einige Hebammen um Rat gefragt, sehr viel ausprobiert, sehr viel gegoogelt, nochmal einen Online-Kurs gemacht, wie ich mein Kind richtig anlege (Asymmetrisches Anlegen) und eine Stillberaterin um Rat gefragt.
Jeder sagte mir, dass Stillen nicht weh tun sollte/darf, aber gleichzeitig bestätigte mir jeder, dass ich mein Baby richtig anlege und niemand fand etwas, das die Schmerzen und Entzündung erklärt hätte. Und nichts hat geholfen, keine Salbe, kein kühlendes Pad, kein Kurs, etc…
Ich war sehr deprimiert, dass ich anscheinend unfähig war „richtig“ zu stillen und konnte einfach nicht glauben, dass das so lange Zeit so schmerzhaft sein kann. Ich merkte es damals nicht, aber mit diesen Gedanken setzte ich mich selbst sehr unter Druck. Ich musste es doch auch schaffen „ordentlich“ und schmerzfrei zu stillen – wie alle anderen auch!
Der Durchbruch kam dann nach ca. 12 Wochen:
Mittlerweile war mir alles egal, ich spielte schon lange mit dem Gedanken abzustillen. Jedoch konnte ich mir es nicht recht vorstellen, da meine Tochter ein absolutes Nuckelbaby war und sowohl Flasche als auch Schnuller komplett verweigerte. Also startete ich einen letzten Versuch, ich beschloss, dass mir nun völlig egal war, ob ich „richtig“ anlege, oder nicht, ob ich „richtig“ stille, oder nicht, ob andere es „besser“ schaffen als ich.
Ich beschloss, dass ich mir ab jetzt keinen Druck mehr machen werde, weil sowieso nichts half, was ich unternahm. Also ließ ich die ganze Anstrengung des „richtigen“ Anlegens bleiben und vertraute meinem Baby. Ich packte einfach die Brust aus, hielt mein Baby bequem im Arm und mit der Nase vor die Brustwarze. Ansonsten machte ich gar nichts, keine Brust in der Hand halten und beobachten, wie die Brustwarze im Mund liegt, kein Konzentrieren aufs richtige Anlegen etc…, etc…
Ich stillte im Gehen, ich stillte in der Trage, ich stillte beim Essen, ich stillte auf der Toilette, ich stillte mal schnell zwischendrin zwischen Tür und Angel (von wegen bequem hinsetzen, Zeit nehmen und entspannen, so wie ich es von allen Seiten gehört hatte, wie ich es machen sollte) – sprich: Ich machte mir über das Stillen und die richtige Stillposition so gut wie keine Gedanken mehr. Ich habe es einfach gemacht, wie es gerade gepasst hat. Ich vertraute endlich darauf, dass mein Baby schon alles richtig machen würde.
Und siehe da, auf einmal waren nach ein paar Tagen alle Schmerzen weg! Ich konnte es kaum glauben! Diese Erlösung nach wochenlangen Schmerzen und Kampf! Das war wie eine Offenbarung für mich: Ich konnte also doch stillen und es war wunderschön! Und die Ursache war nicht falsches Anlegen, sondern meine innere Verkrampftheit und mein Perfektionismus (Die mir vorher gar nicht bewusst waren)!
Das erste Jahr:
Die nächsten Wochen und Monate verliefen jedoch trotzdem nicht problemfrei. Clusterfeeding begleitete uns die ganze Zeit immer mal wieder, was ich als wahnsinnig anstrengend empfunden habe, vor allem nachts. Es gab viele Nächte mit Dauerstillen oder stillen alle 20 min, zusätzlich auch mit laufender Föhn-App, da die Brust allein manchmal nicht ausreichend zur Beruhigung beigetragen hat.
Ich kämpfte oft mit mir, ob Abstillen nicht doch die bessere Lösung wäre. Irgendwann beschloss ich, mein Baby nicht mehr mit anderen „Durchschläfern“ zu vergleichen. Meine Tochter war einfach so, wie sie war, und eben das genaue Gegenteil eines Durchschläfers – sie brauchte diese nächtliche Rückversicherung einfach sehr. Als ich dies akzeptiert hatte, ging es mir besser und ich konnte mit dem Schlafmangel besser umgehen.
Auch mit dem Tagschlaf bekamen wir schnell Probleme. Sie konnte einfach nicht an der Brust einschlafen, obwohl sie offensichtlich sehr müde war. Sie schlief ausschließlich durch halbstündiges Ballhopsen in der Trage ein, mit gleichzeitigem Singen oder Musik vorspielen (und das ausschließlich bei mir, der Papa wurde verweigert). Ich hätte so gerne auch mal ein Baby gehabt, das ganz entspannt an der Brust einschläft! Das hätte mich sehr entlastet.
Letztendlich habe ich ein dreiviertel Jahr gebraucht um zu verstehen, dass ich einfach zu viel Milch hatte. Meine Tochter konnte sich an der Brust einfach nicht richtig entspannen, weil ständig Milch kam! Mit Rücksprache einer Stillberaterin konnte ich die Milchmenge reduzieren und siehe da: Meine Tochter schlief auf einmal an der Brust ein! Was für ein Aha-Moment.
Jedoch habe ich schlussendlich nicht nur ein paar Tage einseitig gestillt (Wie es die Stillberaterin empfohlen hatte), sondern über Wochen hinweg mindestens 24 Stunden lang immer dieselbe Brust gegeben. Das habe ich so lange gemacht, bis ich das Gefühl hatte, meine Tochter bekommt auf der jeweiligen Seite nicht mehr genug Milch ab. Dann habe ich langsam wieder abgewechselt. Mittlerweile hatte ich gelernt, meiner Brust, meinem Kind und meinem Gefühl zu vertrauen. Danach hat sich die Milchmenge gut eingespielt.
Das zweite Jahr:
Das Stillen war nun schon über lange Zeit superpraktisch, längst eingespielt und wunderschön. Wir haben es beide sehr genossen. Mit der Zeit wurde es tagsüber immer weniger, ich versuchte auch Alternativen anzubieten, da ich schnell gemerkt habe, dass meine Tochter oft aus Langeweile oder Hunger an die Brust wollte. Diese Alternativen hat sie oft akzeptiert und das Stillen verschob sich immer mehr auf Nachts. Die Nächte hatten sich nicht sehr verändert, es gab oft Dauerstillen oder Stillen im 20-Minuten-Takt. Als meine Tochter 1,5 Jahre alt war, waren wir im Schnitt immer noch so bei einem nächtlichen Still-Takt von 1,5 bis 2 Stunden.
Nach ca. 1,5 Jahren bekam ich wieder eine Brustwarzenentzündung. Die Brustwarzen waren bis über den Rand hinaus gerötet und geschwollen. Das Stillen war sehr schmerzhaft, jedoch waren die Schmerzen besser auszuhalten als beim ersten Mal.
Aus mehreren Gründen hat es aber Monate gedauert, bis es besser wurde: Erstmal habe ich etwas gewartet, da ich dachte, es ginge eventuell von selbst wieder weg.
Als es nicht besser wurde, rief ich im Stillberatungsbüro des Ingolstädter Krankenhauses an. Dort gibt es eine super Stillberaterin, aber auch Kolleginnen mit noch nicht so viel Erfahrung, glaube ich. Auf jeden Fall war die Beraterin mit viel Erfahrung entweder krank oder hatte keine Zeit.
Da war zuerst der Verdacht auf Pilze (ohne dass meine Brustwarzen betrachtet wurden), also versuchten wir es mit einer Pilzcreme, diese hatte aber nicht geholfen. Dann sollte ich zu einem Hautarzt gehen, der mir Cortison verschreiben sollte. Bis ich den Termin hatte, dauerte es erstmal etwas.
Der Arzt weigerte sich dann, mir eine Cortison-Creme zu verschreiben und meinte, das läge an einem feuchten Milieu (und nebenbei konnte er sich auch den Kommentar nicht verkneifen, warum ich denn überhaupt noch stille…). Also verschrieb er mir eine Zink-Creme. Diese hat auch nicht geholfen.
Also rief ich wieder bei der Stillberatung an und jetzt war endlich auch die erfahrene Beraterin verfügbar, die sich auch endlich online die Brustwarzen mal ansah. Diese meinte dann sofort, die Creme soll ich sofort bleiben lassen, Zink hätte auf einer Brustwarze nichts zu suchen. Dann verhalf sie mir innerhalb zwei Tagen zu einem Termin bei einem Hautarzt ihres Vertrauens und ich bekam dann endlich die Cortison-Creme, die dann auch super half.
Zusätzlich konnte die Stillberaterin mir auch die Angst nehmen, Cortison zu schmieren, ich hatte zuerst schon etwas Bedenken, wenn mein Baby da was davon abbekommt. Im Nachhinein war ich sehr froh, dass ich dennoch nicht abgestillt habe, obwohl es fast ein halbes Jahr anhielt. Mein Kleinkind wäre einfach noch nicht so weit gewesen, sich von der Brust zu lösen – vor allem nachts.
Das dritte Jahr:
Ziemlich genau zum zweiten Geburtstag meiner Tochter wurde ich wieder schwanger. Ich machte mir wieder sehr viele Gedanken über das Stillen und vor allem auch über die Nächte. Die Nächte waren zwar mittlerweile schon viel besser geworden, aber sie wollte immer noch nachts bis zu 3-4 Mal gestillt werden. Tagsüber wurde gar nicht mehr gestillt.
Ich nahm zu Beginn der Schwangerschaft an einem Eltern-Workshop übers sanfte Abstillen teil und nach Rücksprache mit der Kursleiterin wurde mir bewusst, dass wir beide einfach noch nicht bereit waren komplett abzustillen. Also beschloss ich, einfach alles auf mich zukommen zu lassen und traf keine bewusste Entscheidung, wie ich mit dem Stillen weitermachen möchte und ob Tandemstillen eine Option wäre.
In der 25ten Schwangerschaftswoche war meine Tochter knapp 2 ½ Jahre alt. Ich hatte in letzter Zeit wieder oft Schmerzen beim Stillen und deshalb immer öfter versucht, ihr Alternativen anzubieten. Ich hatte auch oft das Gefühl, dass sie in die Brustwarzen beißt. Also habe ich ihr jedes Mal, wenn sie nach der Brust gefragt hat, erklärt, dass ich Schmerzen habe und es mir lieber wäre, wenn sie es schafft nicht zu stillen.
Dadurch haben wir es geschafft, dass sie mit Tonie-Box* oder Babyflasche mit Wasser gefüllt oder einfach nur Kuscheln einschläft. Nachts wachte sie manchmal noch schreiend auf und da half nur die Brust, aber oft schlief sie auch einfach mit Hand auflegen oder in den Arm nehmen wieder ein.
Diese Phase dauerte jedoch nicht lange und jetzt reicht ihr ausschließlich kuscheln, um ein- oder weiterzuschlafen.
Ich bin völlig verblüfft, dass wir innerhalb ein paar weniger Tage abgestillt haben. Sie bekam hin und wieder die Brust, wenn es ihr sehr schwer fiel, jedoch hielt diese Phase nicht lange an. Ich hätte nie gedacht, dass es möglich ist, so sanft abzustillen. Meine Brust hatte damit überhaupt kein Problem, und meine Tochter offensichtlich auch nicht! Sie musste nie nach der Brust weinen, die stärkste Reaktion, die ich bekommen habe, war dreimal jammernd leise „Mimmi!!“ (unser Wort für Stillen/Muttermilch), danach hat sie sich mit einer Alternative abgefunden.
Fazit:
Was ich für mich gelernt habe und jeder stillenden Mutter weitergeben möchte: Ja, richtiges Anlegen ist wichtig, und ja, Hebammen und Stillberaterinnen kennen sich super aus und sollten bei Problemen unbedingt schnellstmöglich um Rat gefragt werden – ABER: Vertraue IMMER in erster Linie deinem Baby und deinem Gefühl; das Allerwichtigste sind Vertrauen und Entspannung!
Ich bin unglaublich glücklich, durchgehalten zu haben, die Stillzeit war wunderschön. Über das Ende unserer Stillzeit war ich keine Sekunde traurig. Ich konnte meiner Tochter unglaublich viel geben und habe wahnsinnig viel zurückbekommen und danach brach eine schöne neue Kuschelzeit an. Ich bin froh, so oft um Hilfe gebeten zu haben und dennoch mit der Zeit immer mehr auf mein Gefühl vertraut zu haben.
Patricia
Originalbericht einer Mutter, Februar 2022
Foto: Sarah Grage
Liebe Patricia,
vielen Dank, dass Du Eure Geschichte hier geteilt hast. Anspannung beim Anlegen aus Angst vor Fehlern kann tatsächlich den Milchspendereflex hemmen und zu Stillproblemen führen. Entspannung und Vertrauen können dann – wie bei Dir – vieles erleichtern.
Aber nicht immer reicht es aus einfach nur loszulassen, damit das Stillen besser läuft. Manchmal gibt es doch noch technische oder körperliche Ursachen, die erkannt und gelöst werden müssen. Gerade die sogenannten „Kopfmenschen“ versuchen dann mitunter viel zu lange mehr und „besser“ zu entspannen, ohne sich frühzeitig kompetente Hilfe und Unterstützung zu suchen. Jedoch leider ohne den gewünschten Erfolg, was natürlich noch mehr stresst und verunsichert.
Ich wünsche Dir/Euch eine entspannte zweite Stillzeit.
Herzliche Grüße, Regine Gresens
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