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Von Nora |
Im Dezember 2017 habe ich meine Tochter zur Welt gebracht und sie 6 Monate gestillt. Damals hatte ich andauernd Brustentzündungen und meine Tochter wollte ununterbrochen trinken.
Ich habe das Stillen nie als etwas so Schönes erfahren, habe mich die 6 Monate durchgeboxt und war dann eigentlich froh abstillen zu können.
Damals habe ich mir gesagt, dass ich, wenn ich mal ein zweites Kind habe, mir gar nicht mehr so viel Stress machen würde und nicht mehr so viel dafür kämpfen würde unbedingt stillen zu können. Im Nachhinein weiß ich heute, dass ich schon damals viel falsch gemacht habe.
Im November 2019 kam dann mein Sohn zur Welt…
Ich habe ihn direkt nach einer wunderschönen schnellen Geburt angelegt und er hat sofort wunderbar getrunken und so lief es die ersten Tage perfekt.
Und dann kamen die Weihnachtsfeiertage und ich habe tatsächlich die selben Fehler wie bei meiner Tochter wieder gemacht. Wir hatten ununterbrochen Besuch und Feste. Ich habe alles mitgemacht und eigentlich seit dem Tag der Geburt nicht einmal im Bett gelegen und mich ausgeruht.
Am zweiten Weihnachtstag waren wir bei der Familie mit ca. 20 Leuten eingeladen und ich konnte nirgends in Ruhe stillen. Ich hab eigentlich am liebsten alles ausgezogen und konnte meinen Sohn auch nur so entspannt stillen. Vor den ganzen Verwandten ging das natürlich nicht und mein Sohn hat so viel geschrien und war völlig überfordert von den ganzen Eindrücken, Menschen und dem Lärm.
Die Konsequenz war, dass er die Brust nie in Ruhe leer getrunken hat und ich völlig gestresst war und abends die erste Brustentzündung angefangen hat. Diese ging dann über 3-4 Tage und ich hab nur noch schwarz gesehen und mich weiter innerlich gestresst, weil weiterhin Besuch anstand.
Nach außen habe ich mich zusammmengerissen und sogar Ausflüge mit Brustentzündung mitgemacht. Leider hat mich damals niemand gebremst.
Mein Sohn war nur noch unruhig und meine Hebamme (hatte mich schon bei meiner Tochter betreut) hat vermutet, dass er zu wenig Milch bekommt und mir geraten die Flasche abends dazu zugegeben. Ich war sehr frustriert und hatte gar keine Lust mehr zu stillen, weil mir alles weh tat und ich das Stillen richtig gehasst habe.
An Silvester stand dann schon wieder Besuch an, vor dem es mir auch noch unangenehm war zu stillen und ich habe mich schon im Vorhinein gestresst, dass ich dann keinen Ort habe, wo ich stillen kann und mein Sohn ja andauernd trinken muss.
Einen Tag vor Silvester hatte ich dann noch einen Hebammentermin und diese hat mir aufgrund der Brustentzündung dazu geraten, so langsam vom Stillen zur Flasche zu wechseln, da sie der Meinung war, dass ich eine Veranlagung für Brustentzündungen habe und mich in Zukunft nur von einer zur nächster Entzündung hangeln werde.
Da diese Vorstellung für mich in dem Moment so horrormäßig war, habe ich ihr damals gesagt, dass ich dann gerne möglichst schnell abstillen will und sie hat mir dann ein Medikament genannt, dass ich in der Apotheke abholen sollte. Das habe ich dann mit dem Rezept meines Arztes an Silvester gemacht und die Abstill-Tablette genommen.
Am nächsten Tag waren meine Brüste sofort leer und schlapp und mein Sohn trank nur noch aus der Flasche. Das ging dann eine Woche so, während wir auch noch weiterhin durchgehend Besuch hatten und ich war in dem Moment superhappy den ganzen Stillstress nicht mehr zu haben.
Als dann der letzte Besuch weg war, hat es mich an dem Abend noch voll getroffen. Ich saß in meinem Zimmer mit meinem Sohn auf dem Arm und habe nur noch geweint, weil ich plötzlich unendlich traurig war, dass ich meinen Sohn nicht stillen konnte.
Ich war so traurig, dass mir diese Bindung und Nähe so plötzlich genommen wurde und ich hatte das Gefühl, dass mir etwas sehr wichtiges geraubt wurde, das nie mehr wieder kommt. Der Gedanke ihn nie wieder an meiner Brust zu haben, hat mir in dem Moment wirklich den Boden unter den Füßen weg gerissen.
Ich habe von dem Moment an tagelang nur noch geweint und mich selber nicht mehr wieder erkannt. Meine Hebamme und mein Arzt haben beide gesagt, dass ich an einer postnatalen Depression leide und ich bin zu einem Termin zu einer Psychologin gegangen. Mir wurde geraten Antidepressiva zu nehmen und ein paar Gespräch zu führen.
Aber das war für mich nicht die Lösung. Ich wollte einfach nur stillen und hätte alles dafür getan, die Zeit zurück zu drehen und diese Abstill-Pille nicht genommen zu haben.
Alle haben gesagt, dass meine Traurigkeit nichts mit dem Stillen zu tun hat, sondern tiefere Ereignisse dahinter stecken. Mir persönlich war klar, dass es mir erst besser gehen wird, wenn ich meinen Sohn stillen kann.
Ich habe mehrere Hebammen und Ärzte gefragt, ob es möglich ist nach dem Abstillen wieder anzufangen und einige haben Nein gesagt, und andere haben gesagt, dass es zwar schon möglich ist, aber sehr schwierig ist.
Also habe ich zwei Stillberaterinnen kontaktiert. Eine aus dem Krankenhaus, in dem ich entbunden habe. Sie hat mir gesagt, dass es grundsätzlich möglich ist, aber sie mir davon abrät zu relaktieren, weil man quasi 24/7 Unterstützung bräuchte und sich der Aufwand nicht lohnt. Eine weitere Stillberaterin, die sogar auf Relaktation spezialisiert war, hat mir zugesprochen, ist jedoch leider nicht mehr aktiv tätig und konnte mich nicht persönlich beraten.
Mir wurde quasi von allen davon abgeraten, aber ich konnte das nicht akzeptieren. Ich wollte meinen Sohn stillen und alles dafür geben und habe mir gesagt, dass ich erst loslassen kann, wenn ich wirklich alles auf Erden dafür getan habe.
Ich habe einfach gegoogelt, ob es möglich ist nach dem Abstillen wieder anzufangen und bin so auf das ganze Thema Relaktation gestoßen.
Und dann habe ich weiter gegoogelt, wie man relaktiert und nach Erfahrungsberichten und dem Vorgehen gesucht. Leider gibt es nicht extrem viel dazu zu finden. Ich habe jedoch dann wirklich alles, was es dazu gab, gelesen.
Also habe ich mir eine elektrische Brustpumpe* und ein Brusternährungsset* gekauft und meinen Sohn alle 2 Stunden mit dem Schlauch an der Brustwarze angelegt und dazwischen abgepumpt. Ich habe jeden Tag Protokoll geführt und aufgeschrieben, wie viel ich abpumpen konnte und wie viel er aus dem Schlauch gesaugt hat.
Als ich mit der Relaktation begonnen habe, ging es mir von einen auf den anderen Moment psychisch sofort viel besser. An den Tagen davor konnte ich nur weinen und konnte kaum für meine ältere Tochter da sein.
In dem Moment, wo ich mit dem Pumpen begonnen habe, habe ich sehr viel Kraft geschöpft. Die Depression und diese Traurigkeit war sofort weg und ich habe zu keinem Zeitpunkt Antidepressiva genommen. Ich habe ein motiviertes Kämpfer-Gefühl entwickelt, dass ich diesen Kampf unbedingt gewinnen will und auch immer wieder zu meinem Sohn gesagt, dass wir das gemeinsam schaffen.
Am Anfang hatte ich immer Angst, dass er nicht genug bekommt, weil ich natürlich nicht wusste, wie viel aus meiner Brust kommt. Beim Pumpen kam quasi fast nicht raus und ich habe ihn immer wieder gewogen, weil ich so Sorge hatte. So ging das ca. 2 Wochen. Jeden Tag alle 2 Stunden und auch durch die Nacht.
Meine Tochter habe ich immer neben mich gesetzt und mit ihr gespielt, während ich gepumpt habe* und sie hat es sehr schnell akzeptiert, dass ich einfach für eine Zeit nicht so mobil bin. Zwischen dem Pumpen und Ansetzen bin ich einmal am Tag für ein, zwei Stunden mit ihr rausgegangen, damit sie an die frische Luft kommt. Sie hat das alles sehr gut mitgemacht.
Ich hatte jeden Tag ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht genug Zeit für sie habe und habe mir immer vorgenommen, dass ich am nächsten Tag aufgeben werde, wenn nicht mehr Milch kommt. Aber es kam immer mehr. Jeden Tag ein bisschen mehr. Nach 2 Wochen konnte ich ca. 20 ml auf jeder Seite abpumpen und von da an wusste ich, dass mein Sohn und ich es schaffen.
Ich habe dann alles gekauft und genommen, was ich im Internet zum Thema Milchsteigerung gelesen habe und ich habe jeden Abend nachgelesen, was ich noch tun kann.
Vom Beginn der Relaktation bis zum Vollstillen hat es 4 Wochen gedauert. Und so bin ich genau dabei vorgegangen:
1. Woche:
Jeden Tag Abpumpen alle 4 Stunden und jeweils dazwischen Stillen mit einem Brusternährungsset*, sodass die Brust alle 2 Stunden aktiviert wurde.
Das Stillen mit dem Set hat am Anfang sehr viel Geduld und Mühe gekostet, da mein Sohn immer beim Ansetzen geschrien hat.
Ich hab die ersten Tage auch immer auf dem Gymnastikball gestillt, weil er dort ruhiger war.
Beim Pumpen kam in den ersten Tagen nur ca. 5 bis 10 ml und am Ende der Woche ca. 20 ml.
In der Nacht habe ich alle 3 Stunden abgepumpt und ihm währenddessen die Flasche gegeben. Ich habe jede Seite immer mindestens 10 Minuten gepumpt.
2. und 3. Woche:
Ich habe das Medikament Domperidon genommen und weiter wie oben abgepumpt. Die Abstände in der Nacht habe ich manchmal auf alle 4 Stunden verlängert und habe ca. 40 ml pro Seite abpumpen können.
Zusätzlich habe ich jeden Tag folgendes genommen: Bockshornkleesamen*, Galega*, Stilltee*, Piulatte* und Vitamine für Stillende*.
Wenn ich mit dem Brusternährungsset gestillt habe, konnte ich natürlich nie sehen, wie viel er trinkt. Ich habe aber gemerkt, dass er pro Mahlzeit weniger aus der Flasche gezogen hat.
Am Anfang hat er pro 24 Stunden ca. 800 ml Flaschenmilch über das Set erhalten und nach 3 Wochen nur noch ca. 300 ml. Die abgepumpte Milch habe ich auch immer über das Set gegeben.
In diesen Wochen der Relaktation hatte ich allerdings auch immer mal wieder Momente, wo dann doch wieder weniger Milch kam und ich aufgeben wollte und das Gefühl hatte, dass das alles nichts bringt.
In diesen Momenten habe ich mir immer gesagt, dass ich noch einen Tag so weitermache und wenn dann nicht mehr Milch kommt, dass ich dann aufhöre. Und dann kam doch immer wieder etwas mehr.
4. Woche:
Irgendwann habe ich das Pumpen weggelassen, weil er das Brusternährungsset und die Brustwarze wieder ohne Geschrei genommen hat und von da an nur noch gestillt mit dem Schlauch des Sets als Zusatz.
Im Laufe der Woche hat mein Sohn kaum mehr aus dem Brusternährungsset gesaugt und irgendwann habe ich den Schlauch an meiner Brustwarze mal nicht in seinen Mund gesteckt und er hat trotzdem zufrieden an der Brust gesaugt und von da an habe ich ihn nur noch gestillt.
Ich hatte immer Angst, dass er nicht genug kriegt und habe ihn regelmäßig gewogen um zu prüfen, dass er zunimmt, und immer geschaut, ob seine Windeln regelmäßig nass sind.
Er hat immer superviel zugenommen und das hat mich sehr glücklich gemacht.
Und von da an konnte ich voll stillen.
Mittlerweile ist er 7 Monate alt und stille ihn immer noch. Ich bin total glücklich damit und mega-stolz, dass wir das geschafft haben, obwohl quasi jeder gesagt hatte, dass es unmöglich wäre.
Es ist absolut nicht unmöglich zu relaktieren. Es muss nur ein sehr starker Wille dahinter stehen.
Ich habe wirklich alles zum Thema Relaktation gelesen und ausprobiert, sodass ich – gefühlt – Professor für Relaktation sein könnte.
Im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass superviele Frauen abstillen oder zufüttern, weil sie falsch beraten werden oder zu wenig Vertrauen in ihren Körper haben und aus Angst und Sorge um das Wohl des Kindes auf Andere hören.
Bei mir kamen bis heute beim Abpumpen nie mehr als 40 ml raus, aber das liegt nur daran, dass mein Körper beim Pumpen ganz anders reagiert, als wenn mein Sohn trinkt. Und außerdem hatte ich bis heute keinen einzigen Milchstau mehr.
Ich nehme mir für jedes Stillen Zeit und lasse mich nie stressen und sage auch öfter Nein, wenn ich irgendwo nicht mit hinkommen will.
Ich hoffe meine Geschichte ermutigt andere Mütter, die relaktieren möchten. Denn es gibt sicher Einige, die in den ersten Wochen nach der Geburt falsch beraten wurden und vorzeitig abgestillt haben und wünschten es rückgängig zu machen.
Viele Grüße,
Nora
Originalbericht einer Mutter, Juni 2020
Foto: Mylissa
Liebe Nora,
toll, vielen Dank für Deinen Bericht. Super, Du kannst wirklich stolz auf Euch beide sein!!
Es ist tatsächlich wenig bekannt, dass es möglich ist, auch nach dem vollständigen Abstillen das Stillen wieder neu zu beginnen. Deine Geschichte zeigt, dass es sogar möglich ist, es ganz alleine zu schaffen. Müttern, die nach dem Lesen nun auch gerne relaktieren möchten, würde ich trotzdem empfehlen, sich für fachliche Unterstützung und individuelle Tipps wieder an ihre Hebamme oder auch noch zusätzlich an eine professionelle Stillberaterin zu wenden.
Dir und Deinem Sohn weiterhin eine glückliche und entspannte Stillzeit. Alles Liebe, Regine Gresens
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Liebe Nora,danke für deinen beeindruckenden Bericht.Wo ein Wille ist,ist auch einWeg!Tiefen Respekt vor deiner Leistung!Ich freue mich mit dir,das du es geschafft hast,diese einmalige Zeit mit deinem Sohn zurück zu holen.Du zeigst,was möglich ist und machst Müttern Mut!Vielleicht kann ich deine Erfahrungen ja irgendwann weiter geben,da ich als Kinderkrankenschwester in der Betreuung von Müttern und Neugeborenen arbeite.Ich wünsche dir und deinem Sohn noch eine lange,glückliche Stillzeit .
Liebe Nora, du hast meinen Respekt und ich sehe mich in manchen Situationen selbst wieder. Auch ich habe und musste mit einer Tablette abstillen. Zu Beginn war ich erleichtert und kurz darauf viel ich in ein tiefes Loch. Ich habe getrauert um etwas das mir Frieden und gleichzeitig soviel Schmerz bereitet hatte. Meine Hebamme war so verständnisvoll und hat mir in dieser Phase den Rücken gestärkt. Hätte ich die Kraft gehabt, ich hätte es wie du gemacht!!
Danke für deine Geschichte.
Klasse, dass du das entgegen aller Meinungen so durchgezogen und geschafft hast! Alles Gute für euch:)
Ich würde meinen Kleinen eigentlich auch gerne wieder stillen. Aber er möchte absolut nicht mehr an die Brust und seine Zähne bereiten mir inzwischen auch etwas Angst…
Ich pumpe noch etwas Milch ab, damit er wenigstens noch etwas Muttermilch bekommt.
Liebe Nora, wie schön, dass Ihr wieder stillen konntet. Du kannst so stolz auf Dich sein! Danke, dass Du Deine Geschichte geteilt hast. Ich hoffe, sie macht vielenFrauen Mut.
Wow, ich bin so beeindruckt von dir!! So fantastisch, dass du schlussendlich so gut auf deine innere Stimme gehört und dann auch so viel Wilkenskraft und Hartnäckigkeit aufgewendet hast. Bravo!
Ich wünsche euch von Herzen alles Gute!
Vielen lieben Dank fürs Teilen deiner Erfahrung – Wahnsinn, was du vollbracht hast!