„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten

„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten

Suche
Close this search box.
Suche
Close this search box.

Über Waagen und das Testwiegen von Stillbabys

Autor: Dr. Jack Newman | 
Wie unterschiedlich Waagen wiegen können und warum Testwiegen nicht zeigt, ob das Stillen gut läuft.

Waagen

Waagen sind nicht das beste Mittel um festzustellen, ob das Stillen gut läuft oder sogar auch, ob das Baby gut zunimmt. Dafür gibt es viele Gründe.

1. Waagen sind nur korrekt im Verhältnis zu sich selbst (müssen aber regelmäßig kalibriert werden, was nicht immer geschieht).

Es ist riskant, das Gewicht auf einer Waage mit dem auf einer anderen zu vergleichen, weil es zwischen zwei Waagen signifikante Unterschiede geben kann.

Hier sind zwei Fotos von einem Baby, das in einem Abstand von nur etwa ein oder zwei Minuten auf zwei verschiedenen Waagen gewogen wurde.

Die erste Waage, die ein Gewicht von 3.510 g anzeigt, ist korrekt. Sie wurde wenige Minuten zuvor von der Medizintechnik-Abteilung der Klinik überprüft.

Die zweite Waage, die das Gewicht des Babys als 3.110 g anzeigt, ist falsch.

Es muss wohl nicht lang erklärt werden, wie es zu unnötiger Zufütterung und Interventionen, die das Stillen vollständig untergraben könnten, kommen könnte, wenn das Baby nur auf der zweiten, falsch wiegenden Waage gewogen worden wäre.

Natürlich ist ein solch großer Unterschied in der Genauigkeit von Waagen ziemlich ungewöhnlich.

Aber ich habe zwischen zwei nebeneinander stehenden Waagen vom selben Hersteller, selbes Modell (Version), einen Unterschied von 90 g dokumentiert – und das ist nicht ungewöhnlich.

90 g Unterschied sind 3 Prozent bei einem Baby mit einem Geburtsgewicht von 3.000 g.

Bedenke das, wenn wir darüber reden, wie wichtig ein Gewichtsverlust von 10 Prozent ist, oder wie in einem neueren Artikel in Pediatrics 5 Prozent innerhalb der ersten 24 Stunden.

Babys werden in Kliniken nach der Geburt im Kreißsaal auf einer Waage gewogen und dann auf der Wochenstation auf einer anderen Waage. Und bei den Vorsorgeuntersuchungen des Kinderarztes auf noch einer anderen Waage.

Wenn nun ein Baby am 10. Lebenstag auf der Waage beim Kinderarzt sein Geburtsgewicht noch nicht wieder erreicht hat, bedeutet dies, dass das Baby nicht genug aus der Brust bekommt?

Nein, keineswegs, weil sich die Waage des Kinderarztes von den anderen beiden Waagen unterscheidet.

Und wenn das Baby nach zehn Tagen weit über seinem Geburtsgewicht liegt, heißt das, dass das Baby gut gestillt wird?

Nein, keineswegs, weil sich die Waage des Kinderarztes von den anderen beiden Waagen unterscheidet.

2. Obwohl Waagen Geräte sind, werden die Gewichte üblicherweise von Menschen aufgezeichnet, sogar in elektronischen Patientenakten.

Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie eine sehr erfahrene Krankenschwester ein Baby mit 3.670 g gewogen hat (laut der Waage), aber in der Kurve 3.270 g eingetragen hat.

Ich bin sicher, alle von uns, die öfter Babys wiegen, wissen, dass wir solche Fehler auch schon gemacht haben.

3. In einem Fall wurde ein Baby nach der Geburt mit 2.580 g gewogen und fünf Stunden später wog es 3.100 g. Was war hier passiert?

Babys werden normalerweise nicht alle fünf Stunden gewogen. Ich vermute, jemand auf der Wochenstation hatte sich das Baby angeschaut und dabei gedacht: „Dieses Baby kann niemals nur 2.580 g wiegen. Ich werde das Baby noch einmal wiegen.“

Aber was, wenn es umgekehrt gewesen wäre? Was, wenn das Baby bei der Geburt mit 3.100 g gewogen worden wäre und 2.580 g am nächsten Tag?

Das ist ein Verlust von 14 Prozent des Geburtsgewichts in nur wenigen Stunden! Ich vermute, es würde Panik auf der Wochenstation ausbrechen und höchstwahrscheinlich würde das Baby augenblicklich mit einer Flasche künstlicher Säuglingsnahrung zugefüttert werden.

4. In einem anderen Fall hatte ein Baby über Nacht (Geburt um 18 Uhr, nächstes Wiegen um 6 Uhr) 500 g abgenommen.

Anstatt noch einmal nachzudenken, anstatt sich selbst zu fragen „Ist es möglich, dass ein Baby in 12 Stunden 500 g abnehmen kann?“, stürzte das gesamte geburtshilfliche und pädiatrische Team ins Zimmer der Mutter und teilte ihr mit, sie müsse dem Baby zusätzliche Säuglingsnahrung zufüttern. Und als sich die Mutter weigerte, drohten sie damit, sie beim Jugendamt zu melden.

Glücklicherweise, aber trotzdem sehr belastend für diese Mutter, taten sie es doch nicht, und abends zeigte die Waage eine Gewichtszunahme des Babys an.

Findest Du diesen Beitrag hilfreich? Dann pinne ihn in die Welt hinaus!

Neugeborenes an der Brust

Testwiegen

Das Wiegen eines Babys vor und nach dem Stillen (Wiegeprobe), soll überprüfen, wie viel es an der Brust getrunken hat.

Ich bin mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden, die auf den ersten Blick wissenschaftlich und akkurat erscheint, es aber nicht ist.

Okay, Testwiegungen werden auf der gleichen Waage vorgenommen. Oft sind dies Waagen, die speziell für das Testwiegen gemacht sind, so dass sie vermutlich genau sind.

Aber es gibt noch ein paar Dinge, über die man sich Gedanken machen sollte.

Bedenke: Ein Baby, das ausschließlich gestillt wird und gut zunimmt, erhält mit fünf Monaten nicht mehr Muttermilch als ein Baby mit einem Monat, das ausschließlich gestillt wird und gut zunimmt, obwohl das fünf Monate alte mindestens zweimal so viel wiegt wie das einen Monat alte Baby.

Wie viel sollte ein Baby folglich an der Brust bekommen, selbst wenn die gemessenen Gewichte korrekt sind?

Wir wissen es nicht. Muttermilch ist magisch und widersetzt sich der Logik von den „Erbsenzählern“.

Ohnehin basiert die berechnete Menge, was ein Baby „braucht“, darauf, was ein mit Flaschennahrung ernährtes Baby „brauchen“ würde.

Und auch die Berechnung an Hand der Mengen, die mit Flaschennahrung ernährte Babys trinken, macht keinen Sinn, weil auch diese Babys nicht immer die gleiche Menge trinken.

Darüber hinaus werden die meisten Mütter beistimmen, dass ihre Milchmenge morgens größer ist als abends.

Folglich kann das Ergebnis des Testwiegens falsch beruhigend sein, wenn die Milchaufnahme am Morgen gemessen wird.

Und wenn am späten Nachmittag oder abends gemessen wird, kann das Ergebnis falsch beunruhigend sein.

Es ist allgemein bekannt, dass der Fettgehalt in Muttermilch sehr variabel ist.

30 ml Milch mit einem hohen Fettgehalt können sehr viel sättigender sein als 30 ml Milch mit einem niedrigen Fettanteil und für das Gedeihen des Babys genauso ausreichen wie eine erheblich größere Menge Flaschennahrung.

Und ich spreche dabei nicht von der „Hintermilch“. Studien zeigen auch, dass sich der Fettgehalt im Verlauf des gesamten Tages verändert.

Es ist auch gut bekannt, dass Besorgnis den Milchspendereflex hemmen kann und daraus folgend auch, wie viel Milch das Baby aus der Brust bekommen kann.

Durch Testwiegen „auf den Prüfstand gestellt“ zu werden, kann sehr besorgniserregend sein und die Aufnahmemenge des Babys beeinflussen.

Also wie kann man erkennen, ob ein Baby Milch aus der Brust bekommt?

Der beste Weg, um zu wissen, ob ein Baby an der Brust trinkt oder nicht, ist, das Baby an der Brust zu beobachten und auf die Pause des Unterkiefers zu achten.

Das Baby pausiert mit seinem Unterkiefer, wenn es seinen Mund maximal geöffnet hat, kurz bevor es beginnt ihn wieder zu schließen.

Diese Pause des Unterkiefers sagt, dass das Baby gerade einen Mundvoll Milch bekommt.

Je länger die Pause, desto mehr Milch hat es bekommen. Wenn eine Mutter darüber Bescheid weiß, weiß sie viel.

Autor: Dr. Jack Newman, 2015
Übersetzung: Regine Gresens, IBCLC, November 2018
Foto: paxye Khéna 10 days old via photopin (license)

Literatur:

Fürs Teilen, Liken und Pinnen sage ich herzlich Danke! 

Picture of Regine Gresens

Regine Gresens

Hebamme, Berufspädagogin, Still- & Laktationsberaterin IBCLC, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG), Autorin und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen und Euren eigenen Weg zu gehen.
Picture of Regine Gresens

Regine Gresens

Hebamme, Berufspädagogin, Still- & Laktationsberaterin IBCLC, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG), Autorin und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen und Euren eigenen Weg zu gehen.

Beteilige dich an der Unterhaltung

4 Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  1. Auf der Frühgeborenenstation war Testwiegen vorgeschrieben bei Mamas, die stillen wollten.

    Ich wollte unbedingt stillen (und nicht nur abpumpen, wie ich es auf der Intensivstation getan habe), aber die Enttäuschung der Mama mit dem Kind neben uns nach jedem Testwiegen („… Wieder nur 30g“) und der Druck der Krankenschwestern die „fehlende“ Menge zwangsnachzufüttern haben mich abgeschreckt.

    Wir haben dann 4 Wochen später Zuhause in Ruhe das Stillen gelernt, ohne Waage, ohne Druck, nach Bedarf und Gefühl, nur so hat es für mich und mein Kind funktioniert.

    Ich verstehe, dass die Ärzte und Schwestern (gerade auf Neugeborenenkrankenstationen) gewissen Prozessen unterliegen, die vermeintlich zum Wohlbefinden und der Gesundung des Kindes geschaffen wurden, aber so kann Stillen lernen nicht funktionieren.

  2. Bei der U3 wurde ich verrückt gemacht, da mein Sohn angeblich untergewichtig sei. Dies hat unsere Stillbeziehung massiv gefährdet und das nur, weil die Waagen (Hebamme und Kinderarzt) eine Differenz von 500g aufwiesen (Hebamme hat Sonntag 4700g gewogen Kinderarzt am Montag 4200g!)!
    Ich kann nur jeder Mutter raten : Schaut Euch Euer Kind an! Ist es zufrieden, aktiv und aufmerksam? Dann macht Euch wegen einer Zahl auf einer Waage keinen Kopf! Es gibt nunmal diese Babys, die trotz ausreichend Nahrung nicht wahnsinnig schwer werden!!
    Ich habe mich verunsichern lassen und dadurch fast das Stillen aufgegeben. Diese Seite und der Video-Online-Kurs haben mir neuen Mut gemacht und nun stille ich ihn wieder voll und er ist ein glückliches Kind! Ein Leichtgewicht, aber glücklich!

Stillkinder-Newsletter

Trag Dich jetzt hier ein und erhalte die neuesten Tipps und Infos für eine angenehme Stillzeit und ein entspanntes Leben mit Baby.

Ich versende meinen Newsletter 2-4 Mal im Monat. In jedem Newsletter hast Du die Möglichkeit, Dich wieder auszutragen. Deine Anmeldedaten, der Versand und statistische Auswertungen werden über ActiveCampaign verarbeitet. Hier findest du weitere Informationen zum Datenschutz.

Warte kurz, bevor Du gehst!

Dir hat der Beitrag gefallen? Trag Dich in den Newsletter ein und Du erfährst etwa alle zwei Wochen, was es hier Neues gibt!

Ich versende meinen Newsletter 2-4 Mal im Monat. In jedem Newsletter hast Du die Möglichkeit, Dich wieder auszutragen. Deine Anmeldedaten, der Versand und statistische Auswertungen werden über MailerLite verarbeitet. Hier findest du weitere Informationen zum Datenschutz.