Von einer Mutter |
Bereits als Kind war ich für meine Sturheit bekannt, wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann tat ich alles, um es zu erreichen – no matter the cost!
Nach über zehn Jahren Kinderwunsch und neun recht angenehmen Monaten Schwangerschaft ging es am errechneten Entbindungstermin mit Blasensprung ins Krankenhaus.
Dieses hatten wir bereits im Vorfeld ausgesucht. Bekannte, die dort entbunden hatten, schwärmten in höchsten Tönen und die Klinik selbst warb mit Slogans wie „stillfreundlich“, „Lobby der Neugeborenen“ und „24h-Rooming-In“.
Für mich war klar, dass es eine Spontangeburt werden sollte und dass ich selbstverständlich stillen würde.
Da ich mich als Jugendliche viel um meine kleinen Geschwister und als Au-Pair-Mädchen um zwei Kleinkinder und einen Säugling gekümmert hatte, fühlte ich mich ganz passabel vorbereitet.
Leider hatte mein Sohn wohl doch noch keine Lust auf unsere kalte Welt und senkte sich trotz zaghafter natürlicher Wehen ebenso wenig ins Becken, wie später mit Wehenmittel und brachialen Schmerzen – mittlerweile war bereits der nächste Tag.
Als dann auch noch seine Herztöne sich verschlechterten, ohne jeglichen erkennbaren Geburtsfortschritt, musste er per Kaiserschnitt geholt werden.
Dabei zeigte sich schließlich auch die Ursache für die Misere: Er hatte sich in der Nabelschnur verheddert!
Da es am Ende hatte schnell gehen müssen, war die Sectio mit Vollnarkose durchgeführt worden.
Der Kleine durfte erst nach dem Baden und Anziehen zum Papa und ich selber sah ihn sogar erst nach drei Stunden auf Station (der Aufwachraum gehörte nicht zum Kreißsaal!).
Zum Glück hatte ich meinen Mann angewiesen, den Kleinen nicht mehr aus den Händen zu geben, bis ich wieder da wäre. Aber echtes Bonding sieht anders aus!
Zurück auf Station folgte dann der erste zaghafte Anlegeversuch (mit einer Schwester mit skeptischem Blick: „Mit DEN Brustwarzen?“), den mein Sohn mit kräftigem Zug mit Bravour meisterte. Ich war zwar noch etwas groggy von der Narkose, gab den Kleinen aber nicht mehr aus dem Arm – vorerst.
Leider war schon bald Abend und ich hatte starke Schmerzen vom Kaiserschnitt, so dass die Schwestern meinten, der Kleine solle über Nacht lieber ins Säuglingszimmer. Da ich ihn weder alleine ins Bett heben konnte noch heraus, stimmte ich schweren Herzens zu und lag fast die ganze Nacht wach vor Sehnsucht.
Um ein Uhr brachte man mir mein Kind nochmal zum Anlegen und nahm es danach wieder mit. Dann blieb es verschwunden.
Ab dem Wecken (6:30) bat ich jede Schwester, die ins Zimmer kam (ich konnte/sollte noch nicht aufstehen), mir mein Kind zu bringen – nichts!
Kurz vor zehn war es dann genug. Ich quälte mich zuerst auf die Bettkante und wollte dann aufstehen, um mein Kind zu holen, als meine Zimmernachbarin die Schwestern alarmierte, die mir endlich meinen Sohn brachten. Er wäre gerade erst aufgewacht und hätte Hunger.
Ich konnte nicht glauben, dass er bis eben geschlafen haben sollte (9 Stunden) und fragte, ob man ihm ein Fläschchen gegeben hätte. „Natürlich nicht, Sie wollen ja stillen! Ach ja, wundern Sie sich nicht, er spuckt, das machen Sectio-Kinder ab und an, das ist nur das restliche Fruchtwasser!“ (Das sollte wohl die Erklärung für einige weiße Flecken in seinem Bett und auf seinem Strampler sein! Einige Wochen später erfuhr ich, dass er wohl doch ein Fläschchen gehabt hatte! Ach ja und bis heute hat er eigentlich nahezu nie gespuckt!)
Hatte er die ersten beiden Male noch ganz genau gewusst, was an meiner Brust zu tun war, war mein Sohn nun wie ausgewechselt: Er legte sich unter die Brust, sperrte den Mund auf und wartete, schimpfte und schrie, bis er nach einigem hin und her und viel Hilfe doch trank (erst viel später wurde mir klar, was er da gehabt hatte: Saugverwirrung!).
Das ganze wiederholte sich bei jeder Mahlzeit – zwei Wochen lang! Die Schwestern schoben es ab und an auf meine „viel zu großen Brüste, da hat er wohl Angst zu ersticken!“, meist jedoch auf die Brustwarzen „Wenn überhaupt, dann geht das nur mit Stillhütchen!“.
Gott sei Dank, war jedoch viel los auf der Station, so dass man immer wieder vergaß, mir welche zu bringen.
Eine Schwester meinte sogar, das Kind sei zu ungeduldig. Ich sollte einfach zu jeder Mahlzeit erst ein paar Schlucke Dextrose geben und dann das leicht gesättigte Kind erneut anlegen. Pah! Die Flasche stand bei meiner Entlassung noch unberührt auf meinem Nachttisch!
Die Mahlzeiten dauerten ewig und meine Brustwarzen wurden wund und wunder. Lediglich mein Mann und meine Hebamme standen mir bei – und natürlich meine Sturheit.
Jeden Abend musste der Kleine zum Wiegen und Messen. Jedes Mal bot man mir an, ihn doch über Nacht im Säuglingszimmer zu lassen („Wir bringen ihn, wenn er Hunger hat!“). Doch ich lehnte ab, nach der Erfahrung der einsamen ersten Nacht.
Das Babybett war die größte Hürde, aber bevor er wieder eine Nacht alleine bleiben und ich um ihn betteln müsste, ließ ich ihn einfach in meinem Bett schlafen, gesichert mit dem Stillkissen.
Überhaupt kümmerte ich mich ab sofort um alles selber, auch wenn der Kaiserschnitt schmerzte – aber es war MEIN Kind und ich kann das.
Mehrfach fragte man vor dem Wiegen, ob er einen Schnuller haben dürfte. Jedes Mal lehnte ich ab (um eine Saugverwirrung zu vermeiden – dabei hatte er sie ja schon!) und jedes Mal lag hinterher doch einer im Bettchen – ich habe sie aufgehoben und daheim in den Schrank geworfen, mein Sohn wollte sie nie!
Trotz des ewigen Zirkus beim Anlegen und der schmerzenden, wunden Brustwaren gab ich nicht auf.
Bei der vorgeschriebenen Stillprobe an Tag Fünf schaffte er 75g und begeisterte damit die Kinderschwester, die mich fortan auch ermutigte, weiter durchzuhalten (Zuhause habe ich nie mehr eine Stillprobe gemacht – er hatte immer genug nasse Windeln und machte einen guten Eindruck).
Leider hatte ich mir bei der OP eine Bauchdeckeninfektion zugezogen, so dass ich länger bleiben und Antibiotika bekommen musste. Doch ich bestand darauf, dass ich mich nur behandeln lassen würde, wenn ich weiter stillen könne.
Der Kleine hatte bereits nach einer Woche sein Geburtsgewicht wieder – pünktlich zur verspäteten Entlassung!
Nun wurde einiges besser. Meine Hebamme war zwar keine Sillberaterin(, leider gibt es eine solche in unserer Nähe auch nicht), hatte jedoch ihre eigenen drei Kinder gestillt und machte mir viel Mut durchzuhalten.
Ich versuchte jede Stillposition, die sie kannte, und alle Tricks, die ihr – oder dem Internet einfielen – nach einer weiteren Woche hatte sich das Stillen endlich eingespielt und mein Sohn konnte endlich ohne Gezeter andocken und trinken.
Ich forschte weiter viel im Netz (vor allem auch hier bei Stillkinder.de – Vielen Dank an dieser Stelle!) und bald wurden auch meine Brustwarzen, dank besserer Anlegetechnik, wieder gut – endlich tat Stillen nicht mehr weh!
Die Stillabstände waren von Anfang an sehr unregelmäßig, zwischen einer und zweieinhalb Stunden – himmelweit von den vier Stunden entfernt, die man mir im Krankenhaus nahelegte, aber mittlerweile traute ich mir und meinem Sohn da mehr Urteilsfähigkeit zu, als den Schwestern in der Klinik.
Wir behielten es auch bei, dass er nachts in meinem Bett schlief (entgegen manchem Unkenruf), so machten diese kurzen Abstände mir auch Nachts nicht so viel aus.
Tagsüber schlief er auf meinem Arm oder im Tragetuch – seine liebevoll hergerichtete Wiege wurde wieder weggeräumt.
Mein Bub gedieh prächtig. Selbst die schwere Erkältung, die ich mir im Wartezimmer des Kinderarztes geholt hatte, verschonte ihn (Nestschutz durch Stillen sei Dank!).
Mit knapp drei Monaten hatten wir dann eine vermeintliche Brustschimpfphase – nach einigem Rumprobieren fiel mir auf, das er einfach seine Ruhe will beim Essen – keine elektronischen Geräte, keine Bücher, keine Unterhaltungen im Hintergrund, möglichst nur ganz ruhige Musik (wenn überhaupt) und Augenkontakt und uneingeschränkte Aufmerksamkeit von Mama – von wem er wohl seine Sturheit hat?
Es klingt vielleicht seltsam, aber ich genieße diese Ruhepausen im Alltag, wenn ich mich ganz bewusst mit dem Kleinen zurückziehe.
Pünktlich mit drei Monaten beim Impfen sprach der Kinderarzt davon, dass wir nun bald mit Brei beginnen sollten, damit er weiterhin so schön zunimmt (ein Widerspruch in sich: weil alles bestens ist, soll man es ändern?) – pah, mittlerweile hatte ich mich genug belesen und wusste: Jetzt bestimmt noch nicht!
Bei einem weiteren Besuch (vier Monate, wieder zum Impfen) wiederholte sich die Ermahnung, rechtzeitig mit Beikost zu beginnen – der Nährstoffe wegen! Dabei liegt er seit seiner Geburt immer konstant auf der 75%-Perzentile nach WHO – also alles bestens!
Jetzt ist er grade fünf Monate alt geworden und interessiert sich langsam dafür, was sich Mama und Papa da so immer selbst in ihren Mund schieben und versucht, es sich mit seinem Patschhändchen zu schnappen.
Ich denke, ich werde ihn vielleicht in einem Monat anfangen lassen am Tisch mitzuessen, wenn er bis dahin sitzen kann.
Wahrscheinlich werde ich auch gleich Baby Led Weaning machen und dazu solange Muttermilch, wie er das möchte.
Mein Sohn bekommt von mir mein Bestes, meine Brust, mit jeder Menge Nähe, Liebe, Wärme und süßer, warmer Milch – solange ER und ICH das wollen, da sind wir stur und Sturheit siegt!
Originalbericht einer Mutter, Mai 2015
Foto: Celeste Burke via photopin (license)
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so schön. toll dass Sie durchgehalten haben!! ich hab meinen kleinen die erste nacht schweren herzens auch abgegeben… gegen 21.30… er wurde mir erst (!!!) gegen 4.00 morgens gebracht!! ab da an hatte ich ihn auch immer bei mir. leider hab ich in der klinik etwas zugefüttert, da mein milcheinschuss etwas dauerte. bin trotzdem am 3ten tag nach hause (mit stillhütchen die dann bald weg waren nachdem meine warzen ans stillen gewöhnt waren. und stillen klappte mal besser mal schlechter..
wir sind jetzt mit fast 4 monaten noch in keinem richtigen rhythmus… anlegen immer noch 1-2stündlich. aber ich mach es für ihn… ab der 12. woche hat er 4 wochen am stück durchgeschlafen xD