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Von Katharina |
Hallo Regine,
ich bin 34 Jahre, verheiratet, komme aus München und bin von Beruf Bauingenieurin. Ich liebe es zu organisieren und zu planen, was mit Kindern oft nicht so klappt.
Ich habe zwei Kinder gestillt und leider erst beim 2. Kind intensiv Hilfe in Anspruch genommen.
Meine Tochter ist 2019 geboren. Beide Geburten waren Spontan-Geburten. Meine Tochter war bis zur 36. Woche in Beckenendlage, so dass ich mich für die äußere Wendung entschieden habe.
Bei der Geburt selbst war sie Sternguckerin und musste das letzte Stück mit der Saugglocke geholt werden.
Vor der Geburt meiner Tochter wusste ich nicht viel über das Stillen. Ich hatte nur gehört, dass es am besten klappt, wenn man sich nicht zu sehr darauf versteift stillen zu wollen. Für mich war daher klar, ich möchte möglichst stillen, wenn es aber nicht klappt, dann gibt es Flasche.
Da möchte ich unbedingt widersprechen. Denn dass das Stillen besser klappt, wenn man sich nicht fest vornimmt zu stillen, ist leider auch so ein Mythos, der den Stillstart erst schwierig machen kann. Der Schlüssel zum erfolgreichen Stillen ist neben einer ausreichenden Vorbereitung auf das Stillen vor allem zuversichtliches Engagement. Das besteht aus drei Komponenten: 1) Vertrauen in den Prozess des Stillens an sich, 2) Vertrauen in die eigene Stillfähigkeit und 3) Einsatz dafür, das Stillen trotz Hindernissen zu schaffen. ~ R. Gresens
Ich hatte mich auch nur insofern auf das Stillen vorbereitet, dass ich gelesen habe, man soll die Brustwarzen etwas vorbereiten (z.B. mit einem groben Handtuch darüber streichen).
Dieses Abrubbeln mit einem Frotteehandtuch und anderen Wege die Brustwarzen „abzuhärten“ werden heute nicht mehr empfohlen, da sie überflüssig sind und sogar Brustentzündungen oder vorzeitige Wehen auslösen können. Gutes Anlegen ist das A und O des Stillens und verhindert auch schmerzende und wunde Brustwarzen. ~ R. Gresens
Als meine Tochter geboren war, war ich überglücklich, dass sie gleich noch im Kreißsaal die Brust gesucht hat und gleich angefangen hat zu trinken.
Ich dachte, jetzt kann es eigentlich nur funktionieren.
Aber schon im Krankenhaus kamen die Probleme.
Meine Tochter war eine Nucklerin. Sie hing an der Brust und lies die Brustwarzen nicht los. Ich wusste nicht, wie ich sie von der Brust los bekam und wann der richtige Zeitpunkt war sie abzudocken.
Immer kam die innere Stimme auf, die mich ermahnte und fragte: „Was, wenn sie noch nicht satt ist?“ Außerdem habe ich mich trotz allen Unterstützungen, die ich, sowohl im Krankenhaus, als auch von der Hebamme bekommen habe, schwer getan, sie richtig anzulegen.
Die Warzen wurden wund und ich muss mir bereits im Krankenhaus Bakterien eingefangen haben.
Schon wenige Tage nachdem ich zu Hause war, kam der Milchstau und die Brustentzündung. Ich habe mit Quark und Retterspitz gekühlt und u.a. mit Rotlicht vor dem Stillen gewärmt, die Hebamme hat versucht den Knoten vorsichtig raus zu massieren.
Bei einem Milchstau/Brustentzündung sollte nicht versucht werden einen Knoten aus der Brust zu massieren, da dies a) unmöglich ist und b) dabei das entzündete Gewebe erst zusätzlich verletzt werden kann.
~ R. Gresens
Aber es war bereits ein Abszess entstanden, der im Krankenhaus operativ entfernt werden musste.
Zusammen mit Hebamme und Krankenhaus kämpfte ich mich zurück zum Stillen. In dieser Zeit habe ich angelegt, gepumpt und zugefüttert, bis mir gesagt wurde, komm leg einfach an, das klappt schon.
Ich habe es getan. Aber es war 9 Monate lang ein Kampf und immer mit der Angst, dass der Stau wiederkommt. Ich habe immer vor und nach dem Stillen mit Wärme, Kühlen, Massage etc. viel Zeit investiert, die mir an anderer Stelle im Haushalt schmerzlich fehlte, um ja keine Knoten zu spüren.
Die ganze Stillzeit über hatte ich das Gefühl, dass ich zu dumm bin richtig anzudocken. Ich hatte immer das Gefühl, die Milch kommt schwer raus, sodass meine Tochter nicht richtig trinken kann und sie deswegen nicht loslässt. Das Anlegen fühlte sich nie 100% passend an.
Leider wird das Anlegen viel zu oft nicht gut erklärt und begleitet.
Manchmal sind es auch anatomische Besonderheiten beim Baby und/oder den Brüsten, die das Anlegen erschweren. Häufiges Loslassen der Brustwarze, lang dauernde Stillsitzungen, unzureichende Gewichtszunahme werden aber sehr oft durch ein suboptimal angelegtes Kind verursacht. ~ R. Gresens
Ich habe mit meiner Tochter immer vermieden, außerhalb von zu Hause zu stillen. Damit habe ich den großen Vorteil der Mobilität verloren und noch mehr Stress gehabt, damit ich auch rechtzeitig zu Hause war.
Es gab immer die Stimme, die fragte, ob ich sicher abdocken will, denn was, wenn sie noch nicht satt ist.
Ab der Brustentzündung kam auch noch die Angst hinzu, dass die Brust noch nicht richtig leer ist und der Stau wiederkommt. Dies führte zu einem Endlos-Stillen pro Mahlzeit.
Das Aufhören kam für mich trotz dieser großen Probleme nicht mehr in Frage. Denn ich habe mir immer wieder gesagt, es kann doch nicht sein, dass ich das nicht schaffe, wo doch Stillen angeblich das schönste, einfachste und angenehmste ist.
Die ganze Stillzeit habe ich das Problem bei mir gesucht, ohne daran zu denken, dass vielleicht meine Tochter auf Grund physischer Gegebenheiten gar nicht richtig trinken kann.
Nach ca. 9 Monaten habe ich aufgehört zu stillen, weil sie nicht mehr an die Brust wollte.
Beim zweiten Kind habe ich mir vorgenommen, trotz der Erfahrungen vom ersten Kind möglichst unvoreingenommen zu starten, jedoch sofort eine Stillberaterin zu Rate zu ziehen, wenn ich merke, dass es wieder schwierig wird.
2021 wurde mein Sohn geboren. Auch mein Sohn hat bereits im Kreißsaal gesaugt. Nach einer kleinen Auffrischung, wie ich am besten anlege, von den Hebammen im Krankenhaus, von der Hebamme zu Hause, hat es wunderbar geklappt. Ich habe mich sehr gut gefühlt und dachte, diesmal wird es besser.
Aber leider wieder nicht. Wieder ein Kind, dass nicht von selbst aufgehört hat, wieder bin ich an mir verzweifelt, weil das mit dem Andocken nicht geklappt hat und die Milch kam gefühlt wieder nur zäh heraus. Die Angst vor dem Stau war schnell wieder stark.
Beide Kinder hatten eine Phase, in der sie nicht mehr zugenommen haben, mit viel Anlegen hin und her (li, re, li, re etc.) haben wir das jeweils wieder im Griff gehabt.
Ich habe 10 Wochen gebraucht, bis ich endlich eine Stillberaterin angerufen habe. Denn mir wurde allen voran von meiner Hebamme und einer Stillberaterin bei einer Beratungsstelle gesagt: „Entspann dich, du musst die Angst vor dem Stau loswerden, es gibt keinen Grund dafür.“
Die Stillberaterin hat sofort, als sie uns gesehen hat gesagt, am Anlegen liegt es nicht unbedingt, ihr macht das wunderbar.
Sie hat das Zungenbändchen als Ursache identifiziert und dass, obwohl es nicht leicht erkennbar war. Er hat ja zugenommen und dem Anschein nach gut getrunken. Da war nur mein Gefühl, dass mir sagte, da stimmt was mit der Brustentleerung wieder nicht und das Anlegen dauerte viel zu lange.
Wir haben also das verkürzte Zungenbändchen entfernen lassen.
Die nächsten Wochen verliefen, wie die Stillberaterin gesagt hat. Gleich nach dem Eingriff schien es, als ob alle Probleme gelöst worden sind. Dann kamen harte Wochen auf uns zu. Er musste den Umgang mit seiner neuen Zungenbeweglichkeit erst lernen.
Über die Stillberaterin bin ich letztlich auf deine Seite und deine Tipps zum richtigen Anlegen gestoßen.
Nach ca. 4-6 Wochen, war das Stillen insgesamt wesentlich einfacher geworden. Das Anlegen klappte in kürzester Zeit und er ließ die Brust los, wenn er satt war.
Doch da war immer noch das Gefühl, er kriegt die Milch nicht richtig raus, weil sie so zäh ist, und es bleiben nach wie vor nach dem Stillen Knötchen zurück. Die Brust fühlte sich meistens nach dem Stillen nicht so entspannt an, wie ich glaubte, dass es sein müsste.
Ich habe also weiterhin gewärmt, massiert, gekühlt und mit gestrichen, sowie Lecithin und Phytolacca genommen. Meistens habe ich ihn solange angelegt, bis ich das Gefühl hatte, jetzt ist die Entspannung in meiner Brust da.
Ich habe jedes Mal viel zu lange gebraucht und dadurch viel zu wenig Zeit für den Haushalt und das erste Kind gehabt. Zum Schluss habe ich mich so unter Druck gesetzt, dass ich erstmal lernen musste, wieder Vertrauen in mich und mein Können zu haben und meinen Stress in den Griff zu bekommen.
Oh je, das hört sich wirklich nach ziemlich viel Stress an. Wenn sich das Stillen noch nicht richtig eingespielt hat, sondern sehr viel Mehraufwand bedeutet, ist zusätzliche Unterstützung für Haushalt, Geschwister, etc., dringend erforderlich. ~ R. Gresens
Stillen war schön, wenn wir angedockt waren und die Kinder voll gesaugt haben und wir richtig miteinander verschmolzen sind und die Zeit vergessen haben. Erst in der Endphase des Trinkens wurde es für mich stressig, wenn ich entweder gedacht habe, jetzt trinken sie immer noch oder wenn ich gemerkt habe, sie sind satt, aber meine Brust fühlt sich nicht entspannt an und ich spüre Knoten.
An den Tagen, an denen ich mich ganz auf das Stillen konzentrieren konnte und einfach ewig sitzen geblieben bin und vor allem das Stillen auf den Spielplätzen, als es einigermaßen klappte (bei meinem Sohn), zum Schluss dann in der Trage, war eine Erleichterung gegenüber der Flasche (glaube ich wenigstens).
Ich habe auch bei meinem Sohn nach einem guten 3/4-Jahr aufgehört. Gerne wäre ich dahinter gekommen, warum das Stillen für uns so schwierig war und die Milch so schwer rausging. Aber die Zeit, die ich fürs Stillen gebraucht habe, konnte ich nicht mehr aufwenden, so dass ich leider keine endgültige Lösung gefunden habe.
Einen Tipp möchte ich noch anbringen. Ich war nach dem Abstillen bei einer Kinesiologin, die viele Denkmuster aufbrechen kann. Vielleicht wäre das noch eine Möglichkeit während der Stillzeit gewesen, die mir geholfen hätte, dass das Stillen entspannt für beide abläuft.
Ich möchte die Stillerfahrung trotz allem nicht missen. Meine beiden Kinder sind fröhliche, dem Grunde nach zufriedene Kinder, weil wir den Bindungszauber, der vom Stillen ausgeht, erfahren durften.
Ich bin dankbar vom Krankenhaus, der Hebamme, den Stillberaterinnen und meiner Familie, allen voran meinem Ehemann, Unterstützung bekommen zu haben, so dass wir diese Zeit geschafft haben.
Für mich ist Stillen das Schönste, aber auch das Schwierigste, was es gibt. Für dieses unbeschreibliche Gefühl beim Stillen ist es wert, viel Kraft und Zeit zu investieren.
Also: Hör auf dein eigenes Gefühl, wenn du glaubst, da stimmt was nicht. Denk auch daran, ob es vielleicht auch am Kind liegt und vor allem hol dir Hilfe, auch wenn es vielleicht zunächst teuer erscheint, und lass dabei auch manuelle Therapien nicht außer Acht.
Katharina
Originalbericht einer Mutter, April 2022
Foto: kanchanachitkhamma
Liebe Katharina,
danke für Deinen Bericht, der sehr schön zeigt, dass es möglich ist, die Stillbeziehung als etwas sehr Einmaliges und Positives zu erfahren, auch wenn es nicht möglich ist schwierige Situationen komplett zu verhindern oder aufzulösen.
Ich wünsche Dir/Euch weiterhin alles Gute!
Herzliche Grüße, Regine Gresens
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