„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten

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Pumpstillen kann auch ein Weg sein

Doppelpumpen

Von Beatrice |
Hi, ich heiße Beatrice, bin 24 Jahre alt, komme aus dem Sauerland und bin verheiratet. Mein erster Sohn wurde 2018 geboren, Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit waren komplikationslos. 

Mein zweiter Sohn kam Neujahr 2022 zur Welt. Da in der Schwangerschaft und auch bei den Ultraschalluntersuchungen immer alles bestens schien, bin ich zur Geburt in ein Geburtshaus gegangen und es war eine Traumgeburt.

Wenige Stunden danach waren wir wieder Zuhause und ich habe den Kleinen ganz normal gestillt. Dabei habe ich zwar gemerkt, dass es ihm etwas schwerer viel als meinem ersten Sohn, aber an sich hat es geklappt.

Meinen großen Sohn habe ich knapp drei Jahre gestillt, bis er sich in der neuen Schwangerschaft selbst abgestillt hat. Etwas anderes als Stillen war für mich nie eine Option, vor allem weil ich es einfach für die bestmögliche Ernährung halte.

Leider wurde uns am dritten Lebenstag des Kleinen der Boden unter den Füßen weggerissen, er wurde blau und atmete schlecht. Wir riefen morgens den Krankenwagen und wenige Stunden später kam er per Hubschrauber ins Herzzentrum.

Dort erhielten wir spätabends die Diagnose Hypoplastisches Linksherzsyndrom. Das bedeutet: er hat nur ein halbes Herz, der schwerste angeborene Herzfehler und nur palliativ behandelbar.
(Der Herzfehler an sich ist nur palliativ behandelbar. Hinzu gekommen ist noch die Diagnose Spina Bifida Occulta (von außen verdeckter, offener Rücken). Außerdem hat er Vierfingerfurchen an den Händen, einen verengten Gehörgang, nur einen Hoden und weitere Auffälligkeiten wie Gesichtsdysmorphie. Insgesamt deutet alles zusammen auf einen Gendefekt hin, die humangenetische Untersuchung ist aber noch nicht abgeschlossen.).

Eine Schwester der Intensivstation drückte mir Pumpsets in die Hand und zeigte mir, wo die Milchpumpe steht. Ich hatte mit so etwas noch nie zu tun, aber habe irgendwie Milch abpumpen können.

Während der Zeit auf der Intensivstation konnte ich nicht mitaufgenommen werden. Ich habe mit meinem Mann und unseren anderen Sohn im wenige Minuten entfernten Ronald McDonald Haus gewohnt. Es gab Besuchszeiten von 9-12 Uhr und von 14-20 Uhr.

Zehn Tage lag unser Kleiner im künstlichen Koma und hat keine Nahrung bekommen. Nachdem er Zuhause dekompensiert ist, waren alle Organe kurz vor dem Versagen, alle Werte gingen durch die Decke. Dass er überlebt hat – überhaupt den Hubschrauberflug geschafft hat – war ein großes Wunder. Deshalb musste er im künstlichen Koma erstmal stabilisiert werden, um operiert werden zu können. Die Dekompensation ist passiert, als sich der Ductus arteriosus Botalli verschlossen hat, dieser wurde bis zur OP dann medikamentös offen gahalten.

Ich habe in dieser Zeit nur dreimal am Tag abgepumpt und kam damit auf ca. 900ml, als Kühlschränke und Eisfächer im Krankenhaus und im Elternhaus voll waren, habe ich die restliche Milch verworfen.

Wow, das ist eine sehr große Pumpmenge. Wie schade, dass es in der Klinik (noch) keine Muttermilchbank gibt.
~ R. Gresens

Dann stand die erste Herz-OP an, 9 Stunden wurde am offenen Herzen operiert. Danach folgten noch knapp drei Wochen Intensivstation und er bekam irgendwann milliliterweise Muttermilch sondiert.

Dann sollte er üben aus der Flasche zu trinken. Ich war von allem noch sehr neben der Spur und nicht gut vorbereitet, wie ich ans Stillen hätte rangehen müssen.

Auf der Normalstation war theoretisch eine Mitaufnahme möglich, nach der ersten OP hatte die Station jedoch keine Kapazitäten, sodass ich nur die letzten zwei Nächte vor der Entlassung mit bei ihm geschlafen habe. Bei den weiteren Krankenhausaufenthalten (zur Impfung musste er stationär, zum Herzkatheter, und zur zweiten OP) wurde ich auf der Normalstation immer mitaufgenommen.

Als er auf die Normalstation verlegt wurde, gab es keine festen Besuchszeiten mehr, an die wir uns halten mussten, und eine Schwester hat mich unterstützt ihn anzulegen. Er hat auch ein wenig gesaugt und geschluckt, allerdings keine nennenswerten Mengen und ihm wurde auch weiter die Flasche gegeben, aus der er maximal 15ml schaffte.

Mit 7 Wochen wurde er dann mit Magensonde entlassen und Zuhause habe ich mich sofort an eine IBCLC-Stillberaterin gewandt. Diese riet mir zum Brusternährungsset.

Eine ganze Weile habe ich es damit probiert und auch verschiedene Stillhütchen ausprobiert, leider fing er immer mehr an die Brust nur anzuschreien. Er durfte allerdings nicht schreien, da sein Lungenkreislauf nach der OP über den Kunststoff-Shunt mit Blut versorgt wurde, was sehr fragil war. Diese Phase bis zur zweiten OP hat eine hohe Mortalität (Sterblichkeit) und es sollte jegliche Aufregung vermieden werden.

Er bekommt ein Einkammerherz, was in drei Schritten nach Fontan operiert wird. Bei der ersten OP (Norwood genannt) wurde die unterentwickelte Hauptschlagader mit einem Flicken erweitert, die Lungenschlagader wird getrennt und mit der Körperschlagader verbunden. Es wird ein Kunststoffröhrchen (Shunt) eingesetzt, um die Lunge zu versorgen. Die rechte Herzkammer versorgt so Körper- und Lungenkreislauf, es besteht Mischblut.

Bei der zweiten OP (Glenn) wird die obere Hohlvene abgetrennt und mit der Lungenschlagader verbunden, der Shunt wird entfernt. Es besteht weiterhin Mischblut.

Die dritte Operation wird mit ca. 2-5 Jahren stattfinden, bei dieser werden die Kreisläufe getrennt. Zur Zeit hat er eine Sauerstoffsättigung im 70er bis 80er Prozent-Bereich, wir müssen ihn per Monitor überwachen, im Schlaf und manchmal auch im Wachzustand benötigt er Sauerstoff.

Die Stillversuche mit dem Brusternährungsset waren, neben der Pflege des Kleinen, dem Abpumpen, vielen Terminen und einem Kleinkind Zuhause, außerdem sehr nervenzehrend für mich. Der große Bruder durfte während der Interstage bis zur zweiten OP wegen der Infektgefahr für den Kleinen nicht in den Kindergarten.

Auch die Stillberaterin sagte, dass sie keinen Weg zum Stillen mehr für uns sieht und so entschied ich mich sehr schweren Herzens für das Pumpstillen. Ich pumpte zu dem Zeitpunkt sechsmal am Tag, tagsüber alle drei Stunden und einmal in der Mitte der Nacht.

Ich hatte aber immer Probleme, dass sich die Brustwarzen festsaugten, keine Milch kam, trotz voller Brust, oder ich Schmerzen hatte. Durch Recherche kam ich darauf, dass ich elastische Brustwarzen habe und außerdem viel zu große Hauben benutzt habe.

Im Krankenhaus gab es nur eine Größe der Pumpsets, nämlich Gr. M von Medela*, welche 24mm haben. Meine Brustwarzen sind aber 15mm groß, dafür ist die kleinste Haubengröße 21mm von Medela zu groß, außerdem ist der Tunnel der Medela-Hauben für elastische Brustwarzen zu kurz, dort stoße ich vorne an. Ich nutze als normale Brusthauben 17mm große von Maymom*.

Auch habe ich gesehen, dass es im Ausland viel mehr Pumpzubehör als hier bei uns gibt. Ich habe die speziellen LacTeck Brusthauben* aus den Niederlanden bestellt und PumpinPals* aus Amerika, Flanscheinsätze* und Cushions, mittlerweile habe ich alles durch und komme auch halbwegs zurecht.

Am besten komme ich mit den blauen XS Pumpin Pals* zurecht. Unerlässlich ist bei mir auch den Tunnel mit Kokosfett* einzuschmieren. Trotzdem ist das Abpumpen manchmal unangenehm und die Brustwarzen saugen sich ab und zu fest. Mein Problem sind die sehr elastischen Brustwarzen, selbst bei dem langen Tunnel stoße ich fast vorne an und es wird – bei egal welcher Größe – immer auch etwas Vorhof mit eingezogen.

Allerdings kämpfe ich seit dem Krankenhausaufenthalt der zweiten OP (diese war mit 4 Monaten) mit der Milchmenge und ich ärgere mich sehr, dass ich am Anfang nicht besser beraten wurde. Heute weiß ich, das dreimal pumpen am Anfang deutlich zu wenig ist und es später schwierig wird, die Menge nochmal zu steigern, auch von der richtigen Haubengröße hätte ich gern früher gewusst.

Häufiges Anlegen oder Pumpen ist in den ersten 4-6 Wochen wichtig, um die Milchbildung ausreichend anzuregen. Wie oft die Brüste geleert werden müssen, hängt von der individuellen Speicherkapazität ab. Bei einer anfänglichen Milchmenge von 900 ml am Tag ist dies aber gegeben und sollte jetzt eigentlich keine Rolle mehr spielen. Nach der Anfangszeit wird die Milchbildung nämlich lokal in den Brüsten, d.h. von der Häufigkeit und der Gründlichkeit der Brustentleerungen reguliert.
~ R. Gresens

Ich habe den Eindruck, dass man mit dem Thema Pumpstillen sehr allein gelassen ist und sich auch die meisten Stillberaterinnen nicht wirklich gut damit auskennen.

Ich habe mich nach 8 Monaten dazu entschieden, dass nächtliche Pumpen zu lassen, einfach weil ich es kräftemäßig nicht mehr geschafft habe. Seitdem pumpe ich fünfmal am Tag, tagsüber wie gehabt ca. alle 3 Stunden, davon mindestens einmal eine Stunde Powerpumping und das letzte Mal abends um 00:00 Uhr.

Ich habe verschiedene, auch mobile Pumpen und damit gelernt, das Pumpen gut in den Alltag zu integrieren. Ich pumpe immer beidseitig beim Essen am Tisch, dort nutze ich die Medela Symphony. Unerlässlich ist der Pump-BH*, damit sitzen die Hauben fest und man hat die Hände frei.

Unterwegs nutze ich die Medela Freestyle Flex*. Ich trage Stilltops*, um beim Abpumpen keinen nackten Bauch zu haben und lege, wenn ich vor fremden Menschen pumpe, einen Stillschal* drüber. Außerdem habe ich eine Momcozy M1 BH Pumpe*, da diese bei mir aber nicht so gut entleert, habe ich die nur im „Notfall“ benutzt.

Seit kurzem habe ich jetzt noch die Medela Freestyle Flex Hands Free*, von der bin ich begeistert und sie kann den Alltag enorm erleichtern. Ich nutze sie mit 17mm Flanscheinsätzen*. Die Schalen lassen sich schnell und einfach in das Stilltop setzen, sie sind superleicht und angenehm zu tragen. Damit ist Pumpen in der Öffentlichkeit sehr viel diskreter als mit Pumpen mit Flaschen. Beim An- und Ablegen muss man nichts entblößen und auch beim Autofahren kann man damit problemlos pumpen. Die Pumpleistung finde ich auch sehr gut.

Ich bin froh, meinem Sohn auf diese Weise trotzdem Muttermilch ermöglichen zu können. Jetzt wird er in wenigen Tagen ein Jahr alt und hat bis vor kurzem an Milchnahrung ausschließlich Muttermilch bekommen (selbsttrinkend aus der Flasche, die Magensonde sind wir losgeworden).

Seit kurzem bekommt er ab und zu auch ein Fläschchen Pre, weil meine Milchmenge nicht mehr ausreicht. Er isst sehr schlecht bis gar nicht und bekommt hochkalorische Trinknahrung, die er aber auch sehr schlecht trinkt, deshalb ist Muttermilch nach wie vor seine Hauptnahrung. In kleinen Portionen, von maximal 60ml, trinkt er diese über den ganzen Tag und Nacht verteilt.

Ich pumpstille unterwegs bei Ausflügen, Arztterminen, Therapien des Kleinen, Familientreffen o.ä. Überall dort, wo ich sonst auch stillen würde, lege ich einfach die Pumpe an und lege los (gerade mit der Medela Freestyle Handsfree* ist das wirklich unkompliziert). Am Anfang war das ein komisches Gefühl und für die meisten Außenstehenden auch etwas völlig Unbekanntes, aber mittlerweile kann ich damit selbstbewusst umgehen. Ich füttere meistens die frisch abgepumpte Milch bei Zimmertemperatur. Da er in sehr kleinen Portionen über den ganzen Tag verteilt trinkt, muss eigentlich permanent ein Fläschchen bereit sein.

Pumpstillen kann auf jeden Fall auch längerfristig eine Möglichkeit sein, um sein Kind mit Muttermilch zu versorgen. Wichtig ist, sich gut zu informieren. Am hilfreichsten war für mich da eine Facebookgruppe mit Pumpstillenden und vor allem die Amerikanische Facebookgruppe „Exclusively Pumping Mama‘s- Education and support Group“. In Amerika ist das ausschließliche Pumpstillen verbreiteter als bei uns, die Gruppe hat über 120 Tausend Mitglieder und einen großen Erfahrungschatz. Dort gibt es sehr gute Infos zu allem rund um das Thema.

Ich kann nur ermutigen, dass Pumpstillen auch ein Weg ist, deutlich aufwendiger als das Stillen an der Brust, aber wenn man die Möglichkeiten und das Pumpzubehör kennt, sowie das Wissen zur richtigen Haubengröße, Häufigkeit, Powerpumping etc. hat, ist es sehr gut machbar.

Liebe Grüße,
Beatrice

Originalbericht einer Mutter, Dezember 2022
Foto: @have-a-nice-day-photo via Canva Pro

Hier gibt es eine Liste der englisch-sprachigen Facebook-Gruppen zum Pumpstillen: Every Exclusive Pumping Facebook Support Group

Liebe Beatrice,
ganz herzlichen Dank für diesen ausführlichen Bericht und für die vielen hilfreichen Tipps für pumpstillende Mütter.
Ich finde es ganz großartig und bewundernswert, dass Du schon so lange Deine Muttermilch für Deinen Sohn abpumpst und wie gut Du das Pumpstillen in Dein Leben integriert hast.
Ich wünsche Euch alles Gute für die weitere Operation des Kleinen.
Herzliche Grüße, Regine Gresens


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Regine Gresens

Hebamme, Berufspädagogin, Still- & Laktationsberaterin IBCLC, Heilpraktikerin für Psychotherapie (HeilprG), Autorin und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen und Euren eigenen Weg zu gehen.
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Regine Gresens

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