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Von einer Mutter |
Als ich mit unserer Tochter schwanger war, wurde ich häufig gefragt, ob ich denn stillen möchte.
Das klang für mich befremdlich, denn natürlich wollte ich stillen. Alles andere machte doch keinen Sinn, jedenfalls nicht für mich.
Heute weiß ich, dass in dieser inneren Überzeugung, das Stillen als etwas Selbstverständliches anzusehen, eine große Gefahr schlummert: Die Gefahr des Nicht-Informiertseins.
Und so begann unsere Odyssee …
Im Sommer letzten Jahres wurde unsere Tochter geboren. An einem der heißesten Tage des Jahres, im Krankenhaus.
Und obwohl die Geburt als solche komplikationslos und – als sie endlich losging, nach lange zurückliegendem Blasensprung und der damit verbundenen Interventionsschleife – innerhalb weniger Stunden verlief und wir heute eine gesunde Tochter haben, blicke ich noch heute mit Wehmut darauf zurück.
Entmündigt habe ich mich gefühlt. Hilflos in dieser Maschinerie von Entscheidungsketten, gegen die wir in dieser Ausnahmesituation einfach nicht ankamen. So wurde hier eine Einleitungspille gegeben, da ein Antibiotikum per Infusion verabreicht und alle zwei Stunden CTGs geschrieben, die mich von meiner wohlverdienten Nachtruhe abhielten.
Schon im Kreißsaal wurden erste „Anlegeversuche“ unternommen. Heißt konkret, dass fremde Menschen vergeblich versuchten, meine Tochter „anzudocken“, wie es so schön hieß. Meine Brustwarzen seien sehr flach, da würde es häufig eine Weile dauern, bis es klappte.
Es begann jenes Stillchaos, das vielleicht einigen bekannt vorkommen wird. Eine Spirale aus gescheitertem Anlegen, Zuhilfenahme von Stillhütchen, Anregen der Milchproduktion durch Pumpen, Zufüttern und vor allem purem Verzweifeltsein.
Pünktlich alle vier Stunden ging ich mit unserer Tochter ins Stillzimmer, immer in der Hoffnung, dass es nun klappen würde. Fehlanzeige. Sie tat ihr Bestes, wollte an die Brust und schrie verzweifelt, weil es nicht funktionierte.
Ich sollte es immer wieder versuchen, wurde mir gesagt, doch wie? Ich war erschöpft.
Unsere Tochter verlor an Gewicht und ich gab dem Drängen nach, nun endlich eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung zu geben.
Ich traute mich nicht, an meinen frühen Entlassungsplänen festzuhalten und blieb drei lange Tage im Krankenhaus, aus Hilflosigkeit, noch dazu, weil meine Nachsorgehebamme für zwei Tage verreist war.
In der letzten Nacht traf ich auf eine sehr resolute Krankenschwester. Sie schaute sich das Dilemma an und meinte dann: „Sie müssen ganz dringend nach Hause und zur Ruhe kommen.“
Sie hatte Recht. Wir schmiedeten Pläne, gaben unserer Tochter morgens eine volle Flasche, damit ihr Gewicht die Ärzte überzeugte und verließen das Krankenhaus völlig erschöpft.
Nachdem ich eine Woche mit meiner Hebamme das Anlegen geübt und parallel gepumpt hatte, trank unsere Tochter endlich ohne Stillhütchen an der Brust. Ich war so erleichtert.
Doch die Freude hielt nicht lange. Innerhalb weniger Tage waren meine Brustwarzen dermaßen entzündet, dass ich nur unter großen Schmerzen stillen konnte.
Meine Hebamme schaute mich mitleidig an: „Das ist manchmal so. Du bist auch noch so ein heller Typ, noch dazu mit Sommersprossen, da kommt das häufiger vor. Halte durch!“
Nun gut, im Schmerzen aushalten bin ich nicht schlecht und hatte ich nicht gerade noch tapfer Wehen veratmet? Das klappte beim Anlegen auch ganz gut, auch wenn ich vor jedem Stillen zunehmend Angst verspürte.
So vergingen zwei Wochen. In der rechten Brustwarze war inzwischen ein tiefer Riss, ich kapitulierte.
Meine Hebamme riet mir, da das Pumpen weniger schmerzhaft war, meine Tochter nur noch an der einen Seite zu stillen und die andere abzupumpen, bis der Riss verheilt war. Nur heilte er nicht!
Wochenlang stillte ich links unter immensen Schmerzen und pumpte rechts gleichzeitig ab. Am Wochenende pumpte ich nur, damit sich meine linke Brust etwas beruhigen konnte, und mein Mann sprang ein. Was hätte ich ohne ihn gemacht?
Die Milch reichte nicht, unsere Tochter war hungrig und wurde zugefüttert. Wir sterilisierten Fläschchen und Pumpzubehör im Akkord, unsere Küche glich der Fläschchenabteilung eines Babyausstatters.
Meine Hebamme lobte uns. Wir wären bestens organisiert. Na prima.
Es wurde immer schlimmer. Jede Berührung meiner Brustwarzen war qualvoll, es ängstigte mich davor zu duschen, mich anzuziehen, mich nachts im Bett umzudrehen.
In unserem Freundes- und Familienkreis wurden kritische Stimmen laut.
Warum ich mir bzw. wir uns das antäten, wurden wir gefragt.
Man würde ja schließlich auch mit der Flasche groß.
Anderen hätte das auch nicht geschadet, trotz Stillens könnte man schließlich auch Allergien entwickeln.
Und überhaupt, bei Anderen hätte es auch nicht geklappt, beim ersten Kind sei es besonders schwierig.
Aber ich war hartnäckig, mein Mann unterstützte mich. Ich schmierte alles, was man sich so vorstellen kann, ich beträufelte, ich nahm Heilwolle, Kühlpads, Globuli, nichts half. Das konnte doch nicht wahr sein!
Meine Hebamme war bemüht, ich sei ein äußerst „seltener“ Fall.
Doch, wo zum Geier, war dieses verflixte Puzzlestück zu finden, das uns fehlte und ohne das unsere Menschheit nicht hätte fortbestehen können? Ich war wütend und verzweifelt.
Nachts um 3, mal wieder auf der Puzzlestück-Suche im Internet, stieß ich auf die Seite von Frau Gresens.
Ich las. Ich glaube, ich las alle Artikel, die es gab. Es fühlte sich an wie eine Offenbarung, so als hätte mich endlich jemand verstanden. Manches las ich nochmal.
Dann schrieb ich Frau Gresens, morgens rief sie gleich an. Ich schilderte kurz meine Situation. Da wir in Koblenz wohnen, mussten wir uns der modernen Medien bedienen, damit sie uns helfen konnte.
Wir machten Bilder und drehten ein Video, das wir Frau Gresens zukommen ließen.
Heute lachen wir darüber. Mein Mann sagt, wenn man bereit ist, einer eigentlich fremden Person Makroaufnahmen seiner Brustwarze zu schicken, muss man echt verzweifelt sein. Das waren wir wohl.
Auf meiner Brustwarze hatte sich ein Soor (Pilz) gebildet, der die Schmerzen verursachte. Frau Gresens erkannte ihn anhand des Bildes.
Zudem gab es noch Verbesserungsbedarf beim Anlegen, um meine Brustwarzen zu schonen.
Es dauerte eine Weile, bis ich das nun endlich erkannte Problem in den Griff bekam, da die erste Salbe nicht anschlug und eine zweite nur sehr langsam Besserung brachte.
Also dachte ich, dass ich mir noch eine weitere Meinung einholen könnte.
Meine Frauenärztin schickte mich zu einem Hautarzt, dieser erklärte den Kinderarzt für kompetent, letzterer hatte jedoch gar keine Ahnung.
Letztendlich verließ ich mich auf Frau Gresens und suchte ergänzend eine Heilpraktikerin auf, die noch einen ganzheitlichen Blick auf uns beide warf.
Und dann hörte es auf weh zu tun. Irgendwie. Schleichend. Nach einigen Wochen war der Spuk endlich vorbei.
Emma wurde letzten Monat 1 Jahr alt, wir genießen unsere schöne Stillbeziehung. Wenn ich sie abends ins Bett bringe und merke, wie sie sich stillend vom Tag verabschiedet, ihre Milch genüsslich trinkt und meistens binnen weniger Minuten schläft, dann weiß ich, dass es so sein sollte.
Allmählich werden natürlich wieder Stimmen laut, diesmal fragen sie, ob ich nicht ‚mal langsam abstillen möchte. „Nein, möchten wir beide nicht, also gibt es keinen Grund“, sage ich nun selbstbewusst und es fühlt sich richtig an.
Wenn ich heute den Satz „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte …“ beginne, werde ich meistens unterbrochen, oft heißt es „Hinterher ist man immer schlauer.“
Ich weiß natürlich, dass solche Reaktionen lieb gemeint sind und dennoch stimmen sie mich missmutig. Denn ja, ich würde vieles anders machen und das darf ich mir gegenüber auch eingestehen, ohne mich selbst an den Pranger zu stellen.
Was würde ich also anders machen?
- Ich würde mich im Vorfeld über das Stillen informieren, gründlich.
Ich würde eine Stillgruppe besuchen, um mir ein realistisches Bild zu machen, anstatt mir von Filmen wie „Mamas Milch“ suggerieren zu lassen, dass das Stillen einfach nur wunderbar und einfach ist.
Letzteres stimmt heute für mich, aber der Weg dorthin war es eben nicht. - Ich würde einen Rahmen suchen, der mir eine selbst bestimmte Geburt zugesteht, denn ich weiß heute, wie sensibel die erste Zeit nach der Geburt (nicht nur) für das Stillen ist.
Dazu gehört, dass MIR gezeigt wird, wie ich MEIN Kind richtig anlege. Ich würde nicht mehr zulassen, dass dies durch eine fremde Person geschieht. - Ich würde mich bei auftretenden Stillproblemen, die ich nicht binnen kürzester Zeit mit meiner Hebamme, mag sie ansonsten auch wirklich nett und kompetent sein (denn das war sie wirklich), in den Griff bekomme, sofort an eine Stillberaterin wenden.
Sie sind die Expertinnen, wenn es nicht rund läuft.
Originalbericht einer Mutter, Juli 2014
Foto: N. Balitout
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Wir hatten leider ebenfalls einen schweren Start.. Ich hatte aufgrund des starken Blutverlustes bei der Geburt zu wenig Milch. Mein Hb-Wert lag bei 5, ich benötigte Bluttransfusionen und es ging sehr langsam nach oben. Die ersten Wochen konnten wir leider nicht so wirklich genießen, da ich nur mit Stillen (das zum Glück gut klappte), Zufüttern und Abpumpen beschäftigt war – was alles zum Glück im Liegen gut machbar ist. Zudem war ich anfangs selbst noch so schwach, dass ich kaum ohne Hilfe duschen, geschweige denn mich um mein kleines Mädchen kümmern konnte. Das war das erste Mal, dass ich hinterher froh um meinen Dickkopf war, denn ich wollte unbedingt stillen, auch wenn es zu der Zeit körperlich sehr anstrengend und schwer für mich war. Mittlerweile ist meine Kleine fast 8 Monate, hat feste kleine Schenkelchen und Ärmchen und ist begeistertes Stillkind (verweigert sämtliche Fläschen, Schnuller, Löffel, Brei und was sie sonst unfreiwillig in den Mund bekommt 😉 worauf ich doch auch ein wenig stolz bin, da ich auch eine sehr kleine Brust habe und damit zusätzlich beweisen konnte, dass es nicht an der Größe liegt! Ich liebe sie über alles und bin so dankbar, dass wir natürlich auch dank der Unterstützung von meinem Mann, die schwierige erste Zeit überstanden haben. Ich bin leider erst vor kurzem auf Stillkinder.de gestoßen, finde es eine großartige Seite, die ich jetzt schon ein paar Mal weiter empfohlen habe.
Viele Grüße
Bei diesem Artikel treibt es mir Tränen in die Augen.
Erst hatten meine Brustwarzen nur einen Riss, dann war es rote Milch, da sie so stark eiterten und bluteten. Ich hatte panische Angst vorm nächsten Stillen. Meine Hebamme behauptete, es sei normal. Ich ging weinend zur Frauenärztin, die besorgte mir eine andere Hebamme. Die Folge: Abpumpen mit der Hand, Cremes, Globuli und noch wochenlange Stillpause. Danach ging es wieder und ich konnte endlich stillen.
Mir sind zwar die wunden Brustwarzen erspart geblieben, aber 11 Wochen nach der Geburt klappt Stillen nur mit den blöden Brusthütchen, die ich so gerne los wäre, und die mir auch im KH wegen Problemen verordnet wurden. Ohne Hütchen verweigert meine Tochter die Brust und schreit und schreit…
Es treibt mir immer wieder Tränen in die Augen, wenn ich lese, wie viele Frauen doch solche Schmerzen und Odysseen mitmachen mussten. Mir ging es genauso. Wochenlange Schmerzen, Depressionen, Angst, Wut und Verzweiflung. Meine Tochter ist jetzt 16 Wochen alt und verweigert mittlerweile sogar das Fläschen (mit Muttermilch, wenn Mama mal weg ist). Am Anfang des Zufütterns, weil die Milch nicht einschoss und Schmerzen durch den nicht erkannten Soor, bin ich unter anderem Frau Gresens und dieser Internetseite dankbar. Hier hatte ich den Mut gefunden meine bisher ziemlich junge und unerfahrene Hebamme „einzutauschen“ gegen eine erfahrene „Stillberaterin“. Ich bin unheimlich stolz, auf alle diese starken Frauen!!!!
Mit unserer Tochter hatte ich eine ähnliche „Odyssee“… es ist sooo wichtig, dass Stillberaterinnen in den Geburtskliniken vor Ort sind und dass die Mitarbeiterinnen der Mutter-Kind-Station von einer Stillberaterin gut geschult werden! Meine Nachsorgehebamme hatte damals auch ihr Bestes getan und mich dann an eine sehr liebe und gute Stillberaterin IBCLC verwiesen. Unser Anfang war eine 12-wöchige Qual. Aber das Durchhalten hat sich wirklich gelohnt, wir haben am Ende eine wundervolle Stillzeit gehabt. Beim zweiten Kind hat es irgendwie gleich auf Anhieb gut geklappt. Und ja: Informiertsein ist das A und O wenn es um Geburt und Stillen geht! Da ist es heutzutage wirklich toll, solche guten Webseiten zu finden!! Vielen Dank für Ihre Arbeit und Ihre Leidenschaft, Frau Gresens!
Liebe Frau Häussler,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihr Feedback. Es ist tatsächlich, wie Sie schreiben, meine Arbeit, aber auch meine Leidenschaft, Müttern zum erfolgreichen Stillen zu helfen.
Und vor allem muss dieses Ammenmärchen, dass Stillen am Anfang weh tut und Hellhäutige öfter wunde Brustwarzen kriegen, endlich mal aus der Welt geschaffen werden.
Alles Gute wünscht Ihnen,
Regine Gresens
Meine „Odyssee“ verlief ähnlich. Im Krankenhaus wurde meine Tochter auch nur von einer fremden Person angelegt, statt mich selber probieren zu lassen und nur Hilfestellung zu geben oder zu erklären. Ich wurde auch aus dem Krankenhaus mit Stillhütchen entlassen und musste sie meiner Tochter zu Hause mühsam wieder abgewöhnen, da ich durch die Hütchen ständig Brustentzündungen und diverse andere Probleme hatte. Danach hatte ich wochenlang einen sehr schlimmen Ansaugschmerz und wunde Brustwarzen, die sogar beim Duschen schmerzten, wenn nur Wasser drüberlief. Mein gesamtes Stillwissen habe ich dieser Seite hier entnommen und dafür bin ich unglaublich dankbar. Denn nach vielem Üben und Probieren stillen wir jetzt problemlos. Meine Tochter ist jetzt 10 Wochen alt und ich bin so froh, dass ich durchgehalten habe. Danke an meine Leidensgenossin für den tollen Artikel und Danke, Frau Gresens, für ihre Arbeit. A.
Liebe A.,
toll, dass Sie es geschafft haben und schön, dass ich Sie mit meiner Website dabei unterstützen konnte.
Genießen Sie es weiter,
herzliche Grüße,
Regine Gresens