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Von Julia |
Bevor ich meine Erfahrungen aufschreibe, noch kurz was zu mir: Ich heiße Julia, bin alleinerziehende Mutter eines 10 Monate alten Sohnes, mittlerweile 31 Jahre alt und wohne in Düsseldorf.
Ich bin momentan in meiner 2-jährigen Elternzeit, habe aber vorher in einer Bibliothek gearbeitet und hoffe meine Leidenschaft für Bücher auch meinem Sohn zu vererben.
Als ich schwanger wurde, machte ich mir keine Gedanken darüber, ich wollte stillen und ich wusste nicht, was dagegen sprechen sollte, es ist doch was völlig Natürliches.
Die Schwangerschaftsbücher, die ich las, sagten auch nichts Negatives und in meinem Umfeld hörte ich zwar öfters „Ich hatte später keine Milch mehr“ „Brustentzündung“ etc. Aber zum Glück hatte ich eine kompetente Hebamme, die mir sagte: „Entzündungen kommen nur durchs falsche Anlegen, wir kriegen das schon hin.“
Alles klar! Der Tag der Geburt rückte näher. Ich hatte extra ein Stillfreundliches Krankenhaus ausgesucht und machte mir weiter keine Gedanken.
Die Geburt verlief dann leider nicht nach Plan. Am Schluss kam der kleine Mann per Kaiserschnitt und leider erst nach 3 Stunden zu mir. Ich selber war fix und fertig und hatte, wie sollte es anders auch sein, keinen Milcheinschuss, dafür das kleine Würmchen unter einem Bonding-Top* auf meinem Bauch.
Alle waren noch ganz entspannt. Der Kleine wurde immer wieder bei mir angelegt, aber es kam und kam keine Milch.
Am 3. Tag ohne Milch beschlossen wir erst mal zuzufüttern und parallel weiterhin auf den Milcheinschuss hinzuarbeiten. Zum Glück war dies ein Stillfreundliches Krankenhaus, sodass ich keine Flasche bekam, sondern der kleine Mann per Brusternährungsset* gefüttert wurde, damit er das Gefühl hat, Milch kommt aus Mamas Brust und keine Saugverwirrung bekommt.
Ich sollte Brustmassagen machen, warme Tücher auf die Brüste legen, damit sich alles entspannt und vielleicht die Milch besser fließt, den kleinen Mann ganz oft anlegen und mit einer Milchpumpe versuchen, die Milchproduktion in Gang zu bringen.
Während das Kind selig im Milchkoma lag, dämmerte mir langsam: „So natürlich scheint das Stillen nicht zu sein.“ Und durch das Hormonchaos sprangen natürlich auch viele negative Gedanken im Kopf herum: „Du bist eine schlechte Mutter. Kannst dein Kind nicht ernähren. Es hat doch Hunger. Willst du wirklich aus Egoismus aufs Stillen bestehen?“ … Ich kannte sie alle.
Am Abend des 4. Tages kam dann endlich der heißersehnte Milcheinschuss, ich merkte plötzlich, dass sich meine Brüste deutlich schwerer und geschwollener anfühlten und als ich versuchsweise die Brüste massierte, kam tatsächlich Milch heraus. Ich war überglücklich, endlich funktioniert es, wie es funktionieren soll. Dann kann es jetzt ja nur aufwärts gehen.
Pustekuchen! Der kleine Mann nahm nicht richtig zu, wir blieben also beim Stillen und gleichzeitigem Zufüttern, immer mit der Hoffnung, das wird schon werden. Weitere Maßnahmen wurden nicht ergriffen.
Am 6. Tag nach der Entbindung wurde ich dann entlassen. Die Schwestern im Krankenhaus machten Mut und für den nächsten Tag war auch schon die eigene Hebamme bestellt. Bis dahin lautete die Devise: Zufüttern und Stillen.
Die Hebamme kam, war voller Zuversicht und Verständnis und sagte, durch den Kaiserschnitt dauert das halt ein bisschen bis sich alles einpendelt, aber Vollzeitstillen wäre auch für mich zu schaffen.
Das Problem war einfach, er müsste jetzt erst mal zunehmen und nicht weiter abnehmen und das ginge halt momentan nur übers Zufüttern.
Ich gab alles, damit er viel trank und zunahm. Ließ ihn nicht einschlafen, machte ihn wieder wach, wenn er während des Trinkens einschlief. Gleichzeitig machte ich weiterhin die Brustmassagen und warme Tücher auf die Brüste, damit die Milch gut läuft.
Aber die Milchmengen, die er mit der Spritze in den Mund bekommen sollte, waren teilweise soviel für ihn, dass er nicht mehr an die Brust wollte, woran er aber sollte, damit der Milchfluss im Gang blieb.
Am Anfang sollte ich bei jeder Mahlzeit 20 ml per Spritze geben und danach die Brust anbieten. Da das halt nicht gut funktionierte, sollte ich dann bei jeder 2. Mahlzeit zwischen 30 und 40 ml per Spritze geben und danach die Brust. Es wechselte immer mal wieder, mal fütterte ich bei jeder Mahlzeit zu, mal alle 2 Mahlzeiten, immer so zwischen 20 und 40 ml.
Ein Teufelskreis entstand…
Reduzierte ich das Zufüttern, nahm er nicht vernünftig zu. Fütterte ich mehr zu, wollte er nicht mehr so oft an die Brust.
Die Tage waren schwierig, die Hormone wirbelten, die Tränen kamen oft und immer wieder der Gedanke: Warum tue ich mir das an? Wäre es nicht besser für ihn, wenn ich ihn komplett mit der Flasche füttere und nicht mehr so einen Stress veranstalte? …
Genauso kamen die ungebetenen Ratschläge von Familie, Verwandten, älteren Nachbarn, die schon eigene Kinder haben: „Er hat Hunger. Gib doch komplett die Flasche! Er muss doch endlich zunehmen. Warum machst du ihm so einen Stress?“. Noch nicht mal immer böse gemeint, sondern auch besorgt. Aber in meiner Situation nicht besonders hilfreich, eher im Gegenteil.
Bei der Geburt wog er 4140 gramm, als er dann entlassen wurde, waren es nur noch 3800 gramm, das war auch sein niedrigstes Gewicht. Die Gewichtszunahme pendelt danach, mal nahm er an einem Tag 10 gramm ab, dann innerhalb von 2 Tagen 40 gramm zu. 14 Tage nach der Geburt wurde dann zum ersten Mal versucht das Zufüttern zu reduzieren, da nahm er dann innerhalb von 4 Tagen nur 50 gramm zu, also viel zu wenig.
Ich bekam von meiner Hebamme den Tipp, es mit Piulatte* zu probieren. Das ist ein Nahrungsergänzungsmittel, um die Milchproduktion anzuregen und die Milch fettreicher zu machen. Und immer wieder der Versuch, das Zufüttern reduzieren, nimmt er trotzdem genug zu oder wieder nicht…
Zum Glück hatte ich eine Freundin, die das komplette Gegenteil zu allen war. Sie bestärkte mich immer wieder und sagte mir: „Du bist eine gute Mutter und nur du weißt, was das Beste für dein Kind ist. Du wirst es schon intuitiv richtig machen.“
Sie ist ein sehr positiver Mensch, hinterfragt vieles, ruht aber gleichzeitig so in sich, dass das was sie sagt, immer Hand und Fuß hat. Sie kann sich sehr gut in Menschen hineinversetzen und vermittelt einem das Vertrauen an seine eigene Fähigkeiten zu glauben. Und auch wenn sie noch keine Kinder hat, weiß ich, sie würde irgendwann eine gute Mutter abgeben. Eine super Patentante vom kleinen Mann ist sie jetzt schon.
Und auch die Hebamme stand felsenfest hinter mir: „Der kleine Mann nimmt ja zu, nur halt nicht so schnell. Es wird schon werden.“
Und es wurde tatsächlich! Ich reduzierte mal wieder die Milch zum Zufüttern und am nächsten Tag auf der Waage hatte er trotzdem zugenommen, der Knoten war endlich geplatzt. Er hatte ein bisschen mehr als sein Geburtsgewicht erreicht, 4230 gramm – also insgesamt nach knapp 1 Monat 430 gramm zugenommen.
Seit dem Tag bekam er immer weniger Milch über die Spritze, aber er nahm trotzdem stetig zu.
Die Erlösung kam nach fast 2 Monaten, da hatte er 5490 gramm erreicht, also insgesamt 1690 gramm zugenommen: Wir können das Zufüttern einstellen, das braucht er nicht mehr. Ich glaube, ich war noch nie so glücklich gewesen.
Jetzt ist der kleine Mann schon 10 Monate alt und wir sind ein eingespieltes Team. Ich stille natürlich nicht mehr ausschließlich. Er isst auch Brei.
Aber, ja, auch jetzt kommen wieder Stimmen von anderen Müttern, Verwandten, Familie, Nachbarn auf. Jeder, der irgendwie Kinder hat und meint, es besser zu wissen und ein Patentrezept zu haben: „Wie du stillst immer noch? Hast du denn noch genug Milch?“.
Aber ich habe gelernt, darüber zu stehen. Wir hatten so einen schweren Start; ich stille garantiert nicht freiwillig ab, das wird der kleine Mann schon selber entscheiden, wann er soweit ist. Bis dahin genießen wir einfach unser Glück.
Was ich mit dem Beitrag erreichen möchte: Vielleicht gibt es ja welche da draußen, die gerade in so einer Situation sind oder ähnliche Erfahrungen haben?
Ich möchte euch einfach sagen: Habt Mut an euch und euer Kind zu glauben! Habt Mut eurer Intuition zu vertrauen und euren eigenen Weg zu gehen!
Ja, es wird Zweifler und Skeptiker geben, aber solange es sich für euch richtig anfühlt, kann es nicht falsch sein.
Und sucht euch Hilfe! Es ist keine Schande Hilfe anzunehmen, im Gegenteil hätte ich keine so kompetente Hebamme gehabt, würde ich heute garantiert komplett mit der Flasche füttern. Falls ihr keine Hebamme habt, es gibt Stillgruppen und Foren genauso wie Stillberaterinnen, sie alle wollen und können euch helfen.
Auch ich musste das erst mühsam lernen und weiß jetzt, ja Stillen kann einfach sein, ist es aber meistens nicht, eher im Gegenteil. Es ist mit viel Arbeit verbunden und gibt dir und deinem Kind trotzdem soviel, dass sich für mich alles gelohnt hat und ich alles richtig gemacht habe, als ich entschieden habe, ich vertraue meiner Hebamme und meiner Freundin, dass wir den Kampf ums Vollstillen gewinnen.
Liebe Grüße von einer „mittlerweile“ glücklich stillenden Mutter,
Julia mit Sohn A.
Originalbericht einer Mutter, Juni 2022
Foto: Julia
Liebe Julia,
vielen Dank für Deinen tollen Stillbericht.
Gratulation, toll, dass Du es geschafft hast!! Es freut mich, dass meine Seite Dir geholfen und Dich bestärkt hat.
Ganz liebe Grüße, Regine Gresens
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