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Von Katharina |
Ich hätte wohl nie gedacht, dass ich einmal über das Stillen schreiben werde. Aber nun tue ich es, auch um anderen Müttern in verzweifelten Situationen Mut zu machen.
„Stillst du dann?“ die, neben „Und, was wird’s?“ – mitunter am häufigsten gehörte Frage während der Schwangerschaft. Die Antwort meinerseits lautete dann, wie aus der Pistole geschossen: „Ja, klar.“ Ist doch selbstverständlich, von der Natur so gewollt.
Vorbereitet hatte ich mich nicht wirklich. Ab und an hatte ich in ein paar geliehenen Büchern geblättert. Was soll auch groß schiefgehen? Ja, bei manchen klappt’s mit der Milch nicht so, anfangs ist es vielleicht nicht ganz angenehm… aber ansonsten?
Und dann war er da, der Tag der Geburt. Man hat das Gefühl, mit Abstand das Schlimmste überstanden zu haben. Vergleichbar ist es natürlich mit nichts auf der Welt, aber was die darauf folgenden Wochen in Sachen Stillen geschah, ließ mich dann doch am Glauben an die Natur zweifeln.
An das erste Anlegen meiner Tochter unmittelbar nach der Geburt kann ich mich nur schemenhaft erinnern. Auch nicht, ob es weh tat. Es tat ja sowieso alles weh und die allgemeine Überwältigung ließ alles in den Hintergrund treten.
Mir wurde von den Schwestern gesagt, falls ich Hilfe beim Anlegen bräuchte, sollte ich mich melden.
Nun gut, dass mir auf einer relativ großen Wochenstation in einer Klink keine persönliche Stillberaterin den Kopf streichelt, war mir klar, aber ich fühlte mich doch etwas alleine gelassen.
Ich nahm ein paar mal Hilfe in Anspruch, wollte aber die Krankenschwestern, vor allem in der Nacht, auch nicht lange aufhalten.
Man bekam von den unterschiedlichen Schwestern auch unterschiedliche Ratschläge.
Was im Nachhinein für mich persönlich nicht gut war, war der Ratschlag, mindestens 20 Minuten pro Seite zu stillen. Man schaute eher auf die Uhr, anstatt sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen. Zumal meine Tochter in den drei Tagen Krankenhausaufenthalt auch völlig im Rahmen abnahm.
Schon bald waren die Brustwarzen blutig und schmerzten enorm. „Das geht vorbei. Das haben die meisten Frauen. In ein paar Tagen ist das gut.“
Also: Eingecremt, Schläuche aus Kompressen und Stilleinlagen gebastelt, Luftgetrocknet, auf die Zähne gebissen.
Auch die Hebamme hatte schon schlimmere Brustwarzen gesehen und war sich sicher, dass es bald verheilt sein würde.
Aber es wurde trotz aller Bemühungen nicht wirklich besser. Das Kind spuckte Blut, ich weinte, Kind weinte, Nerven lagen blank.
Nach etwa drei Wochen wollte ich aufgeben. „Andere Kinder werden auch mit der Flasche groß.“ Das war mein Gedanke.
Stillen war eine Qual, es raubte mir mittlerweile jegliche Freude und vor jedem Anlegen war mir bange. „Welche Stelle wird wohl dann wieder schlimmer aussehen?“ Die Gedanken kreisten nur um die Brustwarzen.
Unser Wohnzimmer glich mittlerweile einer kleinen Krankenstation und ich hätte locker Testerin für Stillprodukte werden können: Globuli, Kompressen, Salben, Lasertherapie zwischendurch, Auffangbehälter für die Milch (die lief auf der anderen Seite immer mit) etc.
Nachts wachte ich (nicht einmal das Baby!) immer wieder auf, weil die Gedanken mal wieder ums Stillen bzw. Abstillen kreisten. Mittlerweile kannte ich – gefühlt – jedes Forum, das sich um diese Problematik drehte.
Las alle Artikel, manche doppelt und dreifach. Es muss doch an irgendetwas liegen. Bin ich einfach so empfindlich oder stelle ich mich gar einfach nur an? Und immer wieder diese Hinweise, dass Stillen nicht schmerzhaft sein muss…
Als kleineres Übel war an auf dem Bauch Schlafen nicht zu denken – zu schmerzhaft. Na super, da ist der Bauch weg und dann das. Duschen und mit dem Handtuch abtrocknen ging nur mit größter Vorsicht.
Nach etwa 3 Wochen empfahl meine Hebamme, die feuchte Wundheilung zu probieren. Es wurde tatsächlich etwas besser. Ein Lichtblick.
Obwohl ich noch täglich ans Aufhören dachte, entwickelte sich gleichzeitig auch ein gewisser Ehrgeiz. In mir drin sträubte sich irgendwas gegen das Abstillen. Und so verging Tag für Tag.
Dann ein Rückschlag: Unsere Kleine nahm laut Hebamme zu wenig zu. Sie sei zwar an sich ein zartes Baby, aber die tägliche Zunahme sei zu gering. Die ersten 4 Wochen waren noch okay (800 g), dann aber waren es über eine Zeit von knapp 3 Wochen nur durchschnittlich 130 g pro Woche.
Wenn das Nervenkostüm schon sehr dünn ist, man jeden Tag stolz ist noch zu stillen und sich sehr über kleinste Besserungen freut, ist das wie ein Schlag ins Gesicht.
Aber sie trinkt doch? Habe ich etwa doch zu wenig Milch? Lege ich sie zu selten an?
Ja, sie ließ sich manchmal schwer anlegen, schrie auch an der Brust, aber sie trank. War es vielleicht sogar das Zungenbändchen?
Also, abklären lassen, ob’s das Zungenbändchen ist. Nein, das war in Ordnung.
Jetzt stand in unserem Wohnzimmer auch noch eine Waage und eine Milchpumpe, über die ich ganz und gar nicht begeistert war. Ich hatte auch nicht die geringste Lust zusätzlich abzupumpen. Noch mehr Aufwand.
Circa eine Woche lang machten wir jeden Tag zu jeder Mahlzeit eine Stillprobe. Die Stillproben stressten mich aber dermaßen und alles schien wieder bergab zu gehen.
Und die Waage war auch nicht korrekt. Als ich einmal nach dem Stillen wog, zeigte sie ein geringeres Gewicht als vor dem Stillen an. Ich habe sie danach wieder in der Apotheke abgegeben…
Das Pumpen klappte aber erstaunlich gut. Etwa 2 Wochen lang habe ich die schlimmere Brust nur mit der Medela Symphony abgepumpt und der Kleinen die Milch mit dem Calma-Sauger gefüttert und konnte so die Brustwarze schonen. Das hat sehr gut geklappt, war aber natürlich aufwendig. Zusätzlich habe ich ganz oft nach dem Stillen mit der anderen Brust, diese auch noch abgepumpt.
So vergingen etwa zwei Wochen und siehe da, die Backen wurden so dick, dass Wiegen unnötig wurde. Ich traute mich allmählich auch, wieder an beide Brüste anzulegen.
Nächste Herausforderung war aber, dass sie sich wohl sehr ans Fläschchen gewöhnt hatte – es ging eben doch einfacher. Sie schrie regelmäßig vor dem Anlegen und während dem Trinken, sobald es schwerer wurde. Schmerzen hatte ich immer noch, aber wenigstens blutete nichts mehr.
Es wurde alles von Tag zu Tag besser. Ich pumpte ab und an noch ab, aber die Pumpe war eben doch nicht so effizient wie ein Baby. Zumal sich nun auch die Dauermilch eingestellt hatte.
So trainierten wir quasi mit viel Geduld… wieder das Vollstillen. Ich habe immer wieder in kurzen Abständen angelegt, bin ruhig geblieben, auch wenn sie geschrien hat und habe immer weniger abgepumpt bzw. Flasche gegeben.
Das Trinken fiel ihr auch nach und nach leichter. Die Schmerzen ließen nach…
Nach 9 Wochen konnte ich fast von Genießen sprechen. Ein winziges Loch war auf beiden Seiten noch übrig geblieben, was ich mittlerweile auf eine anatomische Besonderheit schob.
Sei’s drum – ich konnte annähernd schmerzfrei stillen. Die Kleine mochte wieder lieber die Brust als die Flasche. Es hatte sich also doch gelohnt. Daran hatte ich wirklich die meiste Zeit nicht mehr geglaubt.
Die ersten 9-10 Wochen legte ich sie alle 2 Stunden in Rückenhaltung an. Ich hatte den Eindruck, dass das bezüglich der Schmerzen noch die beste Position war.
Jetzt im Nachhinein frage ich mich, ob es vielleicht auch eine Kopfsache war?! Ich habe es auch liegend probiert, aber bin dann immer wieder zur Rückenhaltung zurück gekehrt. Die Stillzeiten dauerten in dieser Zeit im Durchschnitt 10-15 Minuten. Ich habe bis heute pro Mahlzeit immer nur eine Seite gestillt.
Das Ganze zog sich phasenweise aber in die Länge, da sie immer mal wieder die Brust anschrie. Ich weiß bis heute nicht den genauen Grund. Oft war es so, wenn es mit dem Milchspendereflex etwas dauerte und es war am intensivsten in der Zeit, in der ich zusätzlich abgepumpte Milch per Flasche fütterte. Dann war sie wohl enttäuscht oder verwirrt?
Ich würde niemals einer Mutter einen Vorwurf machen, wenn sie in solch einer Situation zur Flasche wechselt. Ohne die familiäre Unterstützung, die Geduld meiner Hebamme und gutes Zureden hätte ich niemals so lange durchgehalten.
Mittlerweile haben wir die 6 Monate, die ich immer mindestens stillen wollte, überschritten und ich freue mich auf die noch folgenden Monate. Es hat sich in jeglicher Hinsicht voll und ganz gelohnt. Inzwischen habe ich sie nur noch in der Wiegehaltung und sie trinkt sofort ohne Probleme 5-10 Minuten lang, ca. im 2-3 Stunden Rhythmus.
Meine Message: Wenn es irgendwie möglich ist, durchhalten und sich professionellen Rat bei Problemen holen. Stillen ist wirklich so viel mehr, als nur Hunger zu stillen. Auch wenn vieles nach der Geburt intuitiv abläuft, ist es trotzdem gut, sich vorher zu informieren. Auch um Enttäuschungen zu vermeiden.
Nachdem ich mit dem Abpumpen begonnen hatte, ging es mit dem Gewicht steil nach oben (über +300 g) pro Woche. Auch, als ich nach 4 Wochen wieder voll stillte. Die enorme Zunahme hielt dann auch wochenlang an, sodass sie mit 3 Monaten knapp über 6 kg hatte. Ich vermute, dass sie zu wenig von der fetthaltigen Milch bekam…
Viele Grüße
Katharina
Originalbericht einer Mutter, Juni 2019
Foto: Katharina
Danke für Deinen Bericht, liebe Katharina.
Deine Message: sich auch auf das Stillen vorzubereiten und bei Problemen frühzeitig professionellen Rat einzuholen, statt lange auszuhalten und alles mögliche auszuprobieren, kann ich nur unterschreiben.
Schmerzende und wunde Brustwarzen gehen sehr oft auch mit einem ineffektiven Milchtransfer einher, so dass das Baby trotz häufigem und/oder langem Anlegen nicht viel Milch bekommt.
Ich wünsche Dir/Euch nach diesem schweren Start noch eine entspannte weitere Stillzeit.
~ R. Gresens
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