Muttermilch enthält eine Substanz, die Zellen von bis zu 40 verschiedenen Krebsarten abtöten kann. Das berichten schwedische Forscher im Fachjournal PLoS ONE.
Der als „HAMLET“ (Human Alpha-lactalbumin Made LEthal to Tumor cells) bezeichnete Komplex enthält unter anderem ein Protein und eine Fettsäure, die in den Milchdrüsen der menschlichen Mutterbrust natürlich vorkommen. Während man die Substanz schon vor Jahren zufällig entdeckt hatte, konnte erst jetzt gezeigt werden, dass sie auch am Menschen getestet werden kann.
Tod der Blasentumorzelle
„Patienten mit Blasenkrebs erhielten den Wirkstoff injiziert. Kurz darauf schieden sie abgestorbene Krebszellen im Harn aus“, berichtet Roger Karlsson, Chemiker an der Universität Göteborg, im pressetext-Interview. Ob Krebs dadurch geheilt wird, untersuchte man vorerst noch nicht, denn alle Probanden stammten aus einer Patientengruppe, die ohnehin für eine chirurgische Tumorentfernung kurz nach dem Eingriff terminisiert gewesen war. Die Hoffnung, ähnliche Untersuchungen etwa an Hirntumor und Hautkrebs machen zu können, besteht jedoch.
Unter den zahlreichen Rätseln, die die Forscher momentan rund um HAMLET beschäftigt, ist die Tatsache, dass der Komplex allein Tumorzellen angreift, gesunde Zellen jedoch unberührt lässt. „Es scheint, als ob spezielle Lipide dafür sorgen, dass der Komplex nur mit den erkrankten Zellen interagiert. Er macht die Zellmembran durchlässig und dringt in deren Zellkern vor. Dort bindet er sich an Histone und gestaltet die DNA so um, dass ihre weitere Ausfaltung verhindert wird. Das kommt dem Zelltod gleich“, beschreibt Karlsson.
Möglicher Schutz des Babybauches
Die Göteborger Chemiker untersuchen derzeit, auf welchem Weg und unter welchen Bedingungen der großmolekulare HAMLET-Komplex von der Krebszelle aufgenommen wird. Es geht dabei nicht zuletzt darum, wie ein Medikament, das vielleicht eines Tages mit dieser Muttermilch-Substanz erzeugt wird, in den Tumorherd eingebracht wird. „Zuvor müssen jedoch alle Prozesse vollständig verstanden und ausreichende klinische Versuche durchgeführt werden“, bremst Karlsson die Erwartungen. Eine künftige lokale Verabreichung per Injektion scheint dem schwedischen Forscher wahrscheinlicher als eine orale.
Ob die Muttermilch den Komplex selbst enthält oder nur dessen Bestandteile, weiß man bisher nicht. „Bisher wurde HAMLET nur in künstlich geschaffener, saurer Umgebung nachgewiesen. Es ist durchaus möglich, dass er sich im Babybauch dank dessen niedrigen pH-Werts bildet“, so Karlsson. Das könnte den Sinn haben, das Mutationsrisiko des rapid wachsenden Säuglingsbauches zu senken und somit Krebsbildungen im Frühstadium zu unterbrechen. „Tatsächlich ist auch bei gestillten Babys das Krebsrisiko niedriger“, bemerkt der Experte.
Quelle: pte20100421014 Medizin/Wellness, Forschung/Technologie
Original: HAMLET Interacts with Lipid Membranes and Perturbs Their Structure and Integrity
Foto: pennstatenews via photopin cc
Es gibt einen Roman, der als Metapher für unseren Umgang mit Krebs funktioniert, z. B. indem Rechtschreibfehler im Text als Mutationen absichtlich eingestreut wurden, darauf anspielend, dass es kein normales Genom geben kann und Mutationen immer ein Schritt auf einem Lösungsweg sind. Nachzulesen unter:
https://ichliebemeinentumor.wordpress.com/2015/06/27/ein-armutszeugnis-voller-metaphern/