Von Eva |
Hallo, ich möchte gerne meine Erfahrungen aufschreiben, weil ich, genau wie viele Andere, damals fand, zu lesen, wie es anderen ging, war sehr hilfreich,
Trotz vieler Diskussionen im Vorwege, die mich übrigens eher genervt haben, weil ich fand, man muss nicht vorher schon überlegen, was alles schief gehen kann beim Stillen, ging ich an die ganze Sache relativ naiv heran.
Ich war sicher, das wird schon klappen und es würde alles kein Problem werden.
Außerdem hatte ich immer die Haltung, sollte das Stillen ein K(r)ampf werden, dann wird es auch mit der Flasche gehen und war grundsätzlich zu dem Thema sehr entspannt.
Dann kam es aber leider ganz anders.
Mein Milcheinschuss kam erst an Tag 5. Noch im Krankenhaus fiel der Blutzuckerspiegel unseres Kleinen an Tag 2 so sehr ab, dass wir direkt zufüttern sollten, was mich mehr unter Stress zu setzen schien, als mir selbst klar war.
Das Zufüttern hatte zur Folge, dass der Kleine danach 5 Stunden am Stück schlief und wir in den Teufelskreis kamen, nicht oft genug anlegen zu können, weil er nicht wach zu kriegen war, wir deshalb Nachts wecken mussten usw.
Zuhause angekommen stand dann die Hebamme jeden 2. Tag zum Wiegen auf der Matte, das Zufüttern mit einem Schnapsglas dauerte Ewigkeiten und nach jedem Shot war der Kleine so müde, dass er wieder stundenlang schlief.
Damit war es mir unmöglich, ihn möglichst oft anzulegen, um die Milch richtig in Gang zu bekommen.
Obendrauf kam dann leider eine offene linke Brustwarze und regelrechte Stresszustände, wenn ich wusste, demnächst muss ich stillen. Ich bekam dann roten Ausschlag an Hals und Dekolleté weil mir so vor den Schmerzen graute – das werde ich nie vergessen. Die Geburt war dagegen wirklich ein Spaziergang, da wusste man, es ist nach x Stunden auf jeden Fall überstanden.
Die Info, dass eine gute Stillbeziehung Wochen dauern kann, konnte ich nicht ertragen.
Ich hatte mir die ersten Wochen mit Baby, weiß Gott, anders vorgestellt und saß oft weinend auf dem Sofa.
Zum Glück habe ich einen Mann, der immer mithilft für die aktuelle Situation eine Lösung zu finden und für die ich ihm immer dankbar sein werde. Beispielsweise hat er mir, als ich kurz vor einem Milchstau stand und Angst vor einer Brustentzündung hatte, ein YouTube-Video herausgesucht, damit ich mit der Hand ausmelken kann, da es mir mit der Handpumpe fast noch mehr weh tat, als wenn der Kleine trank.
Mit seinen Tricks retteten wir uns über jede Woche hinweg und ich wäre oft nicht einmal drauf gekommen, so blind war ich mittlerweile.
Als ich in dieser Zeit immer wieder von anderen Stillmüttern hörte: „Ja, eine gute Stillbeziehung kann sogar 6 Wochen dauern“ und „Wenn es dann erst einmal klappt, ist es sooooo toll.“, dachte ich jedes Mal, das schaffe ich nie.
Aber irgend etwas in mir wollte nicht aufgeben.
Weg waren die Gedanken, dass ich daraus eben keinen Kampf machen würde, ich stand schon mittendrin und wollte, um alles in der Welt, voll stillen.
In der Zeit nahm ich auch Kontakt zur La Leche Liga über das Internet auf und eine Beraterin half mir mit ihren E-Mails über ein paar schwere Tage.
Wir haben in den ersten 3 Wochen zweimal Stillpause von einer Woche auf der linken Seite machen müssen, um die Brustwarze zu schonen. Wir pumpten mühsam ab (manchmal kamen nur 10 ml in 20 Minuten) und benutzen die Medela Flaschen mit Spezialsauger um zuzufüttern, da er nie satt zu werden schien.
Aber mein größtes Vorhaben in diesen Wochen war, das Zufüttern auslaufen lassen zu können.
Das stetige Gefühl, das Kind könnte nicht satt sein und Hunger haben – ein Gefühl, das man sich erst vorstellen kann, wenn man es einmal empfunden hat. Herzensbrecherisch fühlt es sich an, einfach unerträglich.
Wir führten genaues Tagebuch, wann er wie viel Milliliter extra bekommen hatte und wie viel er insgesamt in 24 Std. getrunken hatte.
Nach 5 Wochen konnten wir sehen, dass sich meine Milchmenge offensichtlich stetig erhöhte und wir eigentlich über 24 Stunden hinweg immer die selbe (kleine) Menge von ca. 3x 60ml zufüttern.
Als er ca. 7 Wochen alt war, sagte die Hebamme, wenn ich es versuchen will, das Zufüttern zu reduzieren, dann wäre jetzt der Zeitpunkt.
Ich beschloss, mich 2 Tage Haut an Haut mit meinem Kleinen im Bett zu verkriechen und ihn dauerzustillen, wenn er es denn wollen würde – und ich beschloss, es durchzuziehen um nach den 2 Tagen final zu entscheiden, ob er Flaschenkind wird oder nicht.
Es war wirklich oft knapp, die Entscheidung und Lösung, ihm einfach die Flasche zu geben, schien mir so unendlich viele Male so verlockend einfach…
Nun war er damals und auch später nie so ein Gemütlichkeitsnuckler – eine richtig symbiotische Stillbeziehung hat sich nie entwickelt (er war dann auch immer mal ein Stillstreik-Kandidat, oft unruhig etc.) und es war schwer diese beiden Tage, aber es hat am Ende funktioniert.
Vielleicht, auch deshalb nie so symbiotisch, weil der Start einfach zu schwer war?
Ich weiß es nicht. Es ist mir heute aber auch egal. Ich habe ihn voll gestillt, solange er wollte. Das habe ich geschafft.
Er hat sich dann langsam, aber sicher, in der Zeit des Zufütterns von Beikost ab dem 5. Lebensmonat selbst abgestillt, Mahlzeit für Mahlzeit fiel weg und zuletzt wollte er die letzte Abendstillmahlzeit nicht mehr, als er 8 Monate war. Das war für mich absolut in Ordnung.
Ich war mehrfach glücklich. Er musste nicht irgendwann gegen seinen Willen entwöhnt werden. Ich hatte meinen Körper endlich wieder ganz für mich und konnte stolz sagen, ich habe alles getan, was ich konnte und am Ende hat es sich ausgezahlt zu kämpfen.
Ende Juni erwarten wir nun unseren 2. Sohn und ich bilde mir ein, jetzt weiß ich, wie alles geht und es wird schon.
Im Grunde ist es wieder die selbe Situation auf einer anderen Basis. Und wieder sage ich mir, wenn es nicht klappen will, dann wird es auch anders gehen.
Ich wünsche mir natürlich innigst, dass es klappen wird und ich trotz Nr. 1, der dann erst 18 Monate alt sein wird, die nötige Ruhe finden werde, auch mit unserem Zweiten eine Stillbeziehung auf die Beine zu stellen.
Tja, und wenn es wieder nicht klappen wird, dann werde ich wahrscheinlich wieder alles tun, damit es am Ende doch klappen wird.
Gelernt habe ich eines:
Hinterher ist man immer schlauer. Und nichts ist planbar mit diesen kleinen Wesen.
Aber jeder Kampf, den man für deren Wohlbefinden kämpft, der lohnt sich am Ende.
Liebe Grüße
Eva
Originalbericht einer Mutter, April 2015
Foto: Bridget Coila via photopin (license)
Hast Du selbst eine schwierige Situation mit Deinem Baby erfolgreich bewältigt?
Und möchtest Du Deine Erfahrungen gerne hier mit Anderen teilen?
Dann schreib mir doch Deinen eigenen Bericht!
Hallo,
Vielen Dank für diesen Bericht. Ich habe ähnliches erlebt. Zuerst fand ich es unglaublich schmerzhaft. Das wurde jedoch weder von den Krankenschwestern auf der Station, noch später von der Hebamme so akzeptiert. Gleichzeitig wurde die Milchmenge bemängelt. Kurzum, Milchpumpe, Zufüttern, Schluss nach 6 Wochen.
Ich war völlig fertig. Die Enttäuschung, so elementar biologisch versagt zu haben, hat mich erschüttert. Auch mein Vertrauen in das beteiligte medizinische Personal hat stark gelitten.
Bei Kind Nummer zwei war ich mental vorbereitet und hatte zudem das unglaubliche Glück zum exakt richtigen Zeitpunkt die Unterstützung der richtigen Person zu bekommen, wofür ich sehr dankbar bin. Sie hat mich unterstützt, mir Mut und Hoffnung gemacht. Meine Kleine hat leider eine wochenlange Clusterfeedingphase, aber wir haben es geschafft. Acht lange Wochen und plötzlich war Stillen eine ganz entspannte Angelegenheit, einfach so.
Hallo Eva, bravo – sei stolz. Ich bin damals auch ganz unvorbereitet an das Stillen meiner Tochter gegangen und musste lernen wie mir meine Hebamme vorhergesagt hatte, es kommt anders als man denkt. Du bist aber nun eine erfahrene Mama und weisst jetzt wo man – Mama hilfe im Internet findet. Herzliche Grüße und alles Gute nun beim zweiten Kind
Danke für die lieben Worte. Bei Nr 2 hat tatsächlich alles gut geklappt und ich habe mich vor allem nicht verrückt machen lassen! Da kam die Milch dann an Tag 2! Und ich stille heute noch morgens und abends. ?? LG Eva