Von Jenny |
Sie liegen beide neben mir und schlafen. Rechts sein Vater, links er. Ich liege wach in der Mitte und wage mich kaum zu bewegen und einen der Beiden zu wecken.
Warum ich wach bin, weiß ich nicht.
Plötzlich höre ich es neben mir bedrohlich rascheln. Noch bevor ich mich in Sicherheit bringen kann, spüre ich, wie er sich lechzend über mich beugt.
Im spärlichen Licht des Morgengrauen sehe ich seine Speichelfäden bedrohlich über meinem Gesicht schwanken. Seine Pranken wiegen schwer auf meiner Haut. Seine Krallen bohren sich in mein Fleisch.
Plötzlich durchreißt ein lautes Geräusch die Stille der Nacht.
„Abababa mamam“ hallt es fordernd durch den Raum und mit Erschrecken wird mir klar:
Das Baby ist wach!
Nachts!
Um vier!
Warum um vier?
Ich weiß, nur das flüssige Gold kann ihn wieder zur Vernunft bringen.
Panisch reiße ich mir die vom Angstschweiß durchtränkten Kleider vom Leib, um ihm zu geben, was er begehrt, doch es ist zu spät!
ER IST WACH!
ER WILL SPIELEN!
NACHTS UM VIER!
WARUM UM VIER?
J. R.
————–
Ich bin mit ganzem Herzen Mutter und wenn ich könnte, würde ich die Zeit anhalten, weil ich mir kaum vorstellen kann, wie es noch schöner werden sollte (gerade schlafen sie aber auch, morgen Früh würde ich vermutlich alles dementieren).
Die Mutterschaft ist das reinste Paradoxon. Sei es, dass das Kind endlich schläft und nicht andauernd an einem klammert und man im selben Moment beginnt, es zu vermissen und es eigentlich gerne genau jetzt fest an sich drücken möchte oder, dass man nach einem anstrengenden Tag, mit Augenringen bis zu den Kniekehlen und fettigen Haaren, die schon von allein stehen könnten, seinem Partner mit leuchtenden Augen erzählt, dass man sich ja doch ein weiteres Kind wünscht (sein Blick war unbezahlbar!).
Wir haben unseren ersten Sohn bedürfnisorientiert schlafen und essen lassen, er wurde gestillt, bis er 2,5 Jahre alt war, er wurde jede Nacht in den Schlaf begleitet und musste auch nie alleine schlafen, wenn er es nicht wollte.
Nun ist er 3,5 Jahre alt und es war mindestens so schön, wie es auch anstrengend war. Es war so schön, dass wir es bei seinem Bruder ebenso handhaben.
Vor allem sind wir aber dankbar, dass unsere Lebensumstände so sind, dass wir es so handhaben können, dass wir die Möglichkeit haben, uns so viel Zeit für eine bedürfnisorientierte Erziehung nehmen zu können.
Die erste „Runde“ nach dem Einschlafen schläft der Kleinste nun in seinem Bettchen. Danach kommt er dann rüber ins Familienbett.
Ich fluche wie ein Rohrspatz, wenn ich ihn durch das Babyphone höre und verdrehe entnervt die Augen.
Im Bett angekommen, streichle ich ihm verträumt über die Haare, küsse ihn und mein Brustkorb tut fast weh vor Liebe und Gefühl.
Wenn er dann Nachts um vier anfängt, so zuckersüß vor sich hinzusabbeln, weiß ich immer nicht recht, ob ich lachen, oder weinen soll.
Halt ein absolutes Paradoxon.
Liebe Grüße
Jenny
Originalbericht einer Mutter, März 2019
Foto: Sachin Inamdar via photopin (license)
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