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Von Marina |
Auch ich möchte gerne meine Geschichte mit Ihnen und anderen Müttern teilen, in der Hoffnung, dass sie jemanden helfen wird.
Mein Name ist Marina, ich bin 29 Jahre, verheiratet und wir haben am 02.11.2021 unser ungeplantes Wunder bekommen. Es ist ein Mädchen. Es war ein wirkliche Überraschung, mit der wir nicht gerechnet hatten, aber nach kurzer Zeit freuten wir uns schon sehr auf unsere Kleine. Wir wohnen zusammen in einer kleinen Stadt, die sehr ländlich liegt. Dort kann man auch sehr schön spazieren gehen.
Als ich erfuhr, dass ich schwanger war, stand für mich sehr schnell fest, dass ich nicht stillen wollte.
Ich wollte diese Abhängigkeit einfach nicht. Ich MUSS immer da sein, wenn das Kind Hunger hat. Nachts MUSS immer ich aufstehen, um das Kind zu füttern. Das war etwas, was ich einfach nicht wollte. Ich wollte, dass mein Mann mir helfen kann und ich vielleicht auch mal eine Nacht durchschlafen kann.
Also entschied ich mich dafür abzupumpen. Mein Kind bekommt die Muttermilch und ich entgehe dieser Abhängigkeit, die ich gedanklich einfach hasste.
So verblieb es auch die ganze Schwangerschaft über und ich erzählte es allen, die danach fragten. Damit fühlte ich mich gut, auch wenn ich einige schiefe Blicke erntete.
2017 bekam ich die Diagnose einer idiopathischen intrakraniellen Hypertension (Pseudotumor cerebri oder erhöhter Hirndruck genannt). Daher wollte meine Gyn lieber einen Kaiserschnitt, da bei Stress und starken Schmerzen der Hirndruck noch zusätzlich stark ansteigt. Da er auch im Normalzustand bei mir manchmal kaum messbar ist (> 50cm H2O-Säule), wollte sie kein Risiko eingehen. Damit war ich auch einverstanden. Das Wichtigste war mir, dass es sowohl mir als auch unserem Kind gut gehen würde. Egal, wie es auf die Welt kommen würde.
Drei Tage vor dem geplanten Kaiserschnitt mussten wir ins Krankenhaus, um uns anzumelden. Da bekam ich einen Fragenbogen, auf dem ein Feld zum Ankreuzen für den Stillwunsch war. Eigentlich wollte ich nicht, aber ich entschied mich dann doch ganz spontan um. „Ich kann es ja mal probieren“, dachte ich mir.
Drei Tage später – die SS-Woche war 38+5 – gingen mein Mann und ich also mit ganz viel Vorfreude auf unser Kind ins Krankenhaus. Ich sollte eine Spinalanästhesie bekommen. Allerdings hat der Arzt es leider nicht geschafft, bei mir den Spinalkanal zu treffen. Er sagte, er stoße immer wieder nur auf Knochen, sodass die Nadeln wohl nach einer Weile jedes Mal verbogen bzw. stumpf waren. Darum erhielt ich eine Vollnarkose. Man sagte mir, dass mein Mann geholt werden würde, wenn ich schon schlafe und das war okay für mich.
Ich war sehr traurig darüber. Immerhin würde ich nicht mitbekommen, wie mein kleines Baby zur Welt kommt. Ich tröstete mich aber mit dem Gedanken, dass wenigstens mein Mann dabei sein wird. So wurde es mir auch mitgeteilt.
Leider habe ich im Nachhinein erfahren, dass er nicht geholt wurde, sondern meine Tochter und ich direkt zu ihm ins Zimmer gebracht wurden. Er saß die ganze Zeit im Kreißsaal und wartete mit Sorge auf uns, da es länger dauerte, als nur eine Betäubung zu setzen, wie vorher mit ihm abgesprochen war.
Als ich nach der Vollnarkose aufwachte, bekam ich direkt unser Baby auf den Arm und wir wurden ins Zimmer gebracht. Dort verbrachten wir den ganzen Tag und genossen die gemeinsame Zeit. Den ganzen Tag über hatte sie keinen Hunger, sondern schlief. Ich dachte mir nichts dabei. Leider hatte ich auch vorher nichts zum Thema Stillen gelesen.
Das erste Mal wurde sie um 00:30 Uhr angelegt, etwa 14 Stunden nach der Geburt. Es funktionierte alles sehr gut (ich bekam nur leider direkt ein Stillhütchen, weil meine Tochter nach ein paar Sekunden die Brustwarze nicht fand) und ich war glücklich, mich dafür entschieden zu haben.
Am Abend des nächsten Tages stellte ich fest, dass mein Kind noch immer hungrig schien, obwohl ich es gestillt hatte. Als ich bei der Schwester fragte, was ich da am besten machen sollte, drückte sie mir eine Flasche mit Primergen in die Hand und sagte, ich solle zufüttern. Da ich mein Kind natürlich nicht hungern lassen wollte, tat ich dies.
So bekam meine Kleine 1-2 x am Tag eine Flasche Primergen dazu. Auf mein Drängen wurde ich am 3. Tag entlassen. Ich wollte nicht so lange mit unserer Tochter alleine im Krankenhaus sein. Mein Mann hatte Elternzeit, aber wir konnten wegen Überfüllung der Geburtsstation leider kein Familienzimmer nehmen.
Als wir zu Hause ankamen, zog sich das Zufüttern so weiter. Nur dass wir dort Aptamil Pre HA – also „richtige“ Milch – hatten, da ich allergiebehaftet bin, und kein Primergen. Anfangs waren es knappe 30-60 ml zusätzlich, nachher erhöhte sich das, da das Kind wuchs und meine Milch auch immer weniger wurde.
Somit schlief die Kleine 5-8 Stunden am Stück, meine Milch wurde immer weniger und die Kleine brauchte immer öfter eine Flasche nach dem Stillen.
Ich hab es mit dem Stillen weiter so gemacht wie im Krankenhaus. Immer das Stillhütchen dabei und dann beide Seiten jeweils knapp 10 min. (so wurde es mir im Krankenhaus gesagt). Zwischen dem Seitenwechsel wurde sie gewickelt, da sie beim Stillen immer einschlief. Die Zeiten erhöhte ich aber selbstständig auf 15 min., da sie nicht satt wurde. Nach den 15 Minuten war es besser, dachte ich jedenfalls. Scheinbar war sie einfach nur müder. Mehr habe ich nicht gemacht, um die Milchmenge zu steigern.
Nach ca. 4 Wochen pumpte ich eine volle Stillmahlzeit ab, weil ich wissen wollte, wie viel Milch ich tatsächlich habe. Da kamen läppische 30ml raus – für ein 4 Wochen altes Kind. Kein Wunder also, dass sie immer Hunger hatte. Ab da fing ich dann an regelmäßig zu pumpen und behalte es auch immer noch bei, um auf 8-12x zu kommen. Mein Kind trinkt in der Regel nur 5x am Tag an der Brust.
Da ich mit dem Stillen wirklich keine Erfahrung hatte, fragte ich meine Hebamme um Rat, sie ist auch Stillberaterin. Sie sagte, ich soll die Flasche weglassen und sie 1-2 Tage lang häufiger anlegen.
Ich probierte es direkt am nächsten Tag aus und gab nach einem halben Tag auf. Ich war nervlich total am Ende und mein Kind schrie wie am Spieß, weil sie Hunger hatte und keine Milch kam. Also pumpte ich ab. Erstmal im Rhythmus von 3 Stunden, was aber dann so auskam, dass meine Tochter nach dem Abpumpen Hunger hatte und ich ihr eine Flasche machen musste. Meine Hebamme war mir danach leider keine Hilfe mehr.
So kam es dazu, dass meine Tochter eine Saugverwirrung entwickelte und weder an der Brust mit Stillhütchen noch an der Flasche richtig trank. Wiederholte Male saß ich heulend auf der Couch oder im Bett und wollte abstillen, weil es einfach nicht klappte. Mein Mann unterstützte mich dabei, wo er konnte, es half nur leider nichts.
Ich änderte immer wieder den Rhythmus des Abpumpens, damit meine Tochter an der Brust trinken konnte. Nach ca. 3 Monaten war ich da angekommen, dass ich alle 1 1/2 Stunden abpumpte. Das war ziemlich anstrengend, vor allem, da ich ja ein Kind hatte, welches umsorgt werden wollte. Aber so hatte ich doch relativ viel Milch bekommen. Letztendlich habe ich mich von 30 ml auf 80ml hochgepumpt.
Irgendwann las ich in einer Facebook-Gruppe von einer Frau, die erzählte, dass sie nach 3 Monaten endlich ihr Stillhütchen los sei. Ich fragte ganz eifrig nach, denn das blöde Ding nervte wirklich. Sie sagte, sie hatte eine Stillberaterin gefunden, die ihr half. Sie empfahl nach IBCLC zu schauen und mir eine Stillberaterin mit diesem Titel zu suchen. (IBCLC ist der internationale geschützte Titel für examinierte Still- und Laktationsberaterinnen).
IBCLC ist das Akronym für “International Board of Certified Lactation Consultants” ~ R. Gresens
Ich schaute direkt nach, ob es eine Stillberaterin IBCLC in meiner Nähe gibt. Natürlich nicht, aber ich fand eine, relativ nah von uns. Ich schrieb sie an, was mich sehr viel Mut kostete. Letztendlich hatte ich immer gehofft, dass ich es doch alleine schaffe. Dass diese EINE Änderung doch etwas bringt. Aber so war es leider nicht.
Die Stillberaterin war sehr nett und so vereinbarte ich einen Termin, um mich telefonisch beraten zu lassen (Sie war zu der Zeit länger unterwegs und konnte deshalb nicht vor Ort beraten). Vor dem Termin war ich sehr nervös und fühlte mich als Versagerin. Immerhin hab ich doch alles versucht, was mir einfiel, und dennoch wollte es einfach nicht mit dem Stillen klappen.
Die Stillberaterin rief an und wir redeten über die gesamten 4 Monate, die ich bereits „stillte“. Am Ende des Gesprächs sagte sie mir, dass die Schuld ganz klar beim Krankenhaus lag. Sie hätten gucken müssen, dass das Kind innerhalb der ersten 2 Stunden angelegt wird. Ich hätte nicht direkt eine Flasche bekommen, sondern das Kind öfter anlegen sollen. Das Stillhütchen hätte man sich wahrscheinlich auch schenken können, wenn man dem Kind mehr Zeit gegeben hätte.
Zu hören, dass es nicht meine Schuld war, tat unglaublich gut. So gut, dass ich nach dem Auflegen erst mal weinte… mich traf keine Schuld. Das tat wirklich gut, denn ich dachte immer, dass es meine Schuld wäre. Hätte ich mich doch vorher über das Stillen informiert, dann wäre alles besser gewesen, aber dem war nicht so.
Letztendlich sagte die Stillberaterin, dass es reicht, wenn ich das Kind 8-12 x anlege bzw. den Rest pumpe. (Normalerweise trank die Kleine 5x am Tag an der Brust, also sollte ich noch mindestens 3x abpumpen). Sie empfahl mir ebenso ein Brusternährungsset* (Eine Flasche, die man sich um den Hals hängt, an der zwei Schläuche befestigt sind, die man an die Brust klebt. Beim Stillen wird der Schlauch mit in den Mund gelegt und das Kind trinkt an der Brust und bekommt zusätzlich noch die Milch aus der Flasche).
Ich habe es mir direkt bestellt und war begeistert. Auch wenn es aufwendig war und ist, so trinkt mein Kind seit 4 Monaten (!) wieder freudig, ruhig und länger an der Brust. Trank sie vorher nur 1-2 Minuten pro Seite, kommt sie jetzt locker auf 5-10 Minuten, wenn sie Hunger hat.
Es ist so schön zu wissen, dass mein Kind endlich satt wird und Spaß am Trinken an der Brust hat! Mittlerweile lächelt sie sogar wieder, wenn sie meine Brust sieht. Das ist so ein tolles Gefühl!
Mittlerweile finde ich das Stillen unglaublich schön. Vom ersten Moment, als meine Tochter das erste Mal an meiner Brust trank, fühlte ich eine Wärme und ein Glücksgefühl, das sich kaum beschreiben lässt. Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich letztendlich so viel dafür getan habe. Ich hatte die Schönheit des Stillens erlebt und wollte es um jeden Preis aufrecht erhalten.
Da wir zusätzlich die Flasche geben (mit Muttermilch, wenn vorhanden vom Abpumpen), übernimmt auch mein Mann gerne mal eine Nacht, damit ich schlafen kann. Damit sind wir auch dieser Abhängigkeit entkommen, die ich nicht wollte.
Unterwegs nehmen wir eigentlich immer die Flasche mit, da ich nicht überall stillen möchte. Die bekommt sie aber meistens nur selten, da wir meistens so planen, dass wir pünktlich zurück sind oder ich an einem Ort bin, wo ich stillen kann (z.B. bei meinen Eltern).
Ich denke, dass meine Tochter und ich durch das Stillen eine innige Verbindung aufgebaut haben, auch wenn es so lange viele Probleme gab. Wenn sie meine Brust sieht, lächelt sie und “stürzt” sich quasi darauf, was mich wirklich mit Freude erfüllt und zeigt, dass es ihr genauso gut gefällt wie mir. Das war die Arbeit und die Tränen wirklich wert!
Als Fazit finde ich es ganz wichtig zu sagen, dass man sich Hilfe holen sollte, wenn es nicht zufriedenstellend funktioniert, und dass man nie die Hoffnung aufgeben sollte. Auch wenn die Hebamme oder auch andere Menschen in der Umgebung nicht helfen können oder wollen, gibt es eben immer noch qualifizierte Leute (wie eben die IBCLC-Qualifikation), die vielleicht noch eine Idee oder einen Tipp haben. Letztendlich hat man nichts zu verlieren.
Auch Schuldzuweisungen oder Schuldgefühle sind fehl am Platz. Das Wichtigste ist, finde ich, dass man glücklich und zufrieden stillen kann. So ist es sowohl für Mutter als auch Kind am besten. Und das wollen wir schließlich alle, oder?
Also bitte: Habt keine Scheu, sondern sucht euch Hilfe! Es lohnt sich wirklich!
Marina
Originalbericht einer Mutter, März 2022
Foto: Yaroslav Shuraev via Canva Pro
Liebe Marina,
vielen Dank für das Teilen Deiner Erfahrungen. Ich finde es super, dass Du Dich noch so spontan entschieden hast, das Stillen zu probieren. 🧡
Leider war die Unterstützung in der Geburtsklinik wirklich alles andere als optimal. Nach wenigen Sekunden beim ersten Anlegen gleich ein Stillhütchen einzusetzen und bei einem hungrigen Kind später nur eine Flasche zum Zufüttern zu reichen, ohne z.B. das korrekte Anlegen und Saugen des Kindes zu prüfen oder zusätzliches Entleeren der Brüste zur Stimulation der Milchbildung zu empfehlen, führt mittel- bis langfristig fast immer zu massiven Stillproblemen. Dass Du Dir dafür dann auch noch selbst die Schuld gegeben hast und Dich als Versagerin gefühlt hast, ist wirklich sehr traurig. 😥
Toll, dass Du trotz Deiner ursprünglichen Vorstellung nicht aufgegeben hast, sondern Dir kompetente Hilfe gesucht hast und nun solch eine positive Stillerfahrung mit Deiner Tochter genießen kannst. 🥰
Herzliche Grüße, Regine Gresens
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Hi Marina, mich würde es interessieren wie du mit der Diagnose eines pseudotumor cerebri schwanger geworden bist. warst du vorher mit Medikamenten eingestellt die du abgesetzt hast? ich habe selbst die Diagnose pseudotumor cerebri und bekomme aktuell eine leichte Medikation. würde allerdings auch gerne schwanger werden. mit Medikamenten ist das eher schwierig, deswegen wollte ich deine Erfahrungen dazu hören.