Von Johanna’s Mutter |
Meine Tochter kam im Februar 2015 durch einen Notkaiserschnitt zur Welt. Die komplette Schwangerschaft über war mir klar, dass ich unbedingt stillen möchte.
Stillen war zwar für mich etwas Fremdes. Meine Mutter hat vier Kinder geboren und alle mit der Flasche ernährt. Sie fand Stillen sehr befremdlich und nur schon der Gedanke daran, ließen ihr die Nackenhaare sträuben.
Und ich kannte niemanden persönlich, der gestillt hat und schaute immer verschämt zur Seite, wenn ich stillende Mütter draußen auf einer Bank erblickte.
Trotz dieser Nicht-Stillerfahrungen stand für mich immer fest, dass ich es jedenfalls probieren werde.
Nun kam der Tag der Geburt und noch im OP wurde mir das Kolostrum mit einer Spritze (ohne Nadel) entnommen und direkt von meinem Mann an unsere Tochter gefüttert, während sie auf meiner Brust lag.
Wieder im Kreißsaal angekommen, legte ich meine Tochter direkt an die Brust an und obwohl es das allererste Mal Stillen war, meisterten wir beide es erstaunlich gut. Ur-Instinkt?
Ich dachte zu diesem Zeitpunkt, dass Stillen so einfach ist. Was sollte es auch anders sein? Immerhin klappt es gerade so gut.
In den nächsten Stunden und Tagen sollte ich eines besseren belehrt werden.
Und gäbe es nicht diese eine Hebamme oder Kinderkrankenpflegerin, die mir die 4 Tage bis zum Milcheinschuss sehr dominant zur Seite stand, hätte ich auf eine wunderbare Stillbeziehung verzichten müssen.
Nun waren wir also auf unserem Familienzimmer und hatten den ersten Besuch überstanden. Ich legte meine Tochter immer wieder fleißig an die Brust. Ohne auf die Zeit zu achten, wechselte ich von links nach rechts und von rechts nach links.
Meine Tochter schlief immer wieder beim Trinken ein und nuckelte fleißig vor sich hin. Wir sollten nun anfangen sie zu kitzeln, damit sie weiter trinkt. Ohne Erfolg.
Johanna, so heißt unsere Tochter, entwickelte noch am ersten Tag Temperatur. Nun muss sie besonders gut trinken, bekamen wir zu hören. Johanna braucht Flüssigkeit.
Das Kind hing den ganzen Tag an meiner Brust und nuckelte vergnügt. Meine Brustwarzen wurden wund und schmerzten.
Da die Temperatur nicht sinken wollte, verfügte der Kinderarzt, dass wir zufüttern müssen. Und dabei wollte ich dies doch unbedingt verhindern.
Ich erinnerte mich an die Worte meiner Schwiegermutter. Ihr Kind, meine Schwägerin, wurde vor 36 Jahren im Krankenhaus einfach zugefüttert und verweigerte aufgrund von Saugverwirrung die Brust. Erst meinen Mann konnte meine Schwiegermutter erfolgreich stillen.
Und dabei wollte ich doch unbedingt stillen. Während der Schwangerschaft hatte ich doch schon so viel Vormilch, wieso reicht es denn nun nicht, dass mein Kind genug Flüssigkeit bekommt?
Also fütterten wir zu und die Temperatur sank. Die bereits erwähnte Hebamme gab uns das Fläschchen jedoch erst, wenn ich meine Tochter 20 Minuten pro Seite angelegt hatte. Immerhin sollte der Milchfluss angeregt werden.
Jedes Anlegen trieb mir die Tränen in die Augen. In der Nacht wurde es so schlimm, dass ich vor Schmerzen weinte und meine Tochter nicht mehr anlegen wollte.
Ich konnte einfach nicht mehr. Knapp 32 Stunden war ich schon wach, hatte 15 Stunden Wehen hinter mir, einen Kaiserschnitt, neue Erlebnisse und meine verdammten Brustwarzen schmerzten.
Es half jedoch nichts, man legte mir mein Kind einfach an die Brust. Ich solle die Zähne zusammen beißen.
Ich wollte doch stillen. Also legte ich mein Kind immer und immer wieder an. 40 Minuten Schmerzen waren jedes Mal zu ertragen.
Am nächsten Tag bekam ich eine Brustwarzensalbe, diese sollte ich nach jedem Stillen auftragen. Nach der zweiten Anwendung konnte ich wieder ohne Schmerzen mein Kind anlegen. Diese Salbe war meine Rettung.
Meine geliebte Hebamme schaute sich das Anlegen an und kontrollierte die Form meiner Brustwarze nach dem Saugen des Kindes. Es sah alles gut aus. Ich lege richtig an, das Kind saugt die Warze schön an, jedoch bleibt die Milch aus.
Ich war jedes Mal kurz vorm Aufgeben und sagte dies auch der Hebamme. Ich wollte einfach nicht mehr stillen.
Die gute Frau redete mir ins Gewissen und riet mir durchzuhalten. Bald müsste der Milcheinschuß kommen. Also wartete ich auf die erlösende Milch.
Eine andere Hebamme bringt mir Stillhütchen. Ich soll diese beim Stillen verwenden. Wieso, weiß ich bis heute nicht. Ich habe sie auch nur ein- oder zweimal benutzt.
Bei der Visite wurden mir diese von der Ärztin sowieso wieder weggenommen, mit der Begründung, dass ich schöne Brustwarzen zum Stillen habe.
4 Tage vergingen. Ich legte mein Kind weiterhin pro Seite 20 Minuten an und mein Mann fütterte anschließend mit der Flasche.
Am vierten Tag zum Mittag hin war etwas beim Stillen anders. Irgendwie zog Johanna fester, gieriger und schluckte. In ihren Mundwinkeln sah ich Flüssigkeit.
Nach den obligatorischen 40 Minuten riefen wir, wie vereinbart, nach der Flasche. Johanna trank jedoch nur 5-10 ml. Sie war satt!
Ich hatte also endlich meinen Milcheinschuss. Ich war stolz wie Oskar und erzählte es natürlich freudig meiner Hebamme. Dies war also die letzte Flasche, die Johanna trank.
Nachdem ich also den Milcheinschuß hatte, entließ ich mich noch am selben Tag. Nach diesen vier Tagen lief es immer besser mit dem Stillen.
Da Johanna mehr als die erlaubten 10 % an Gewicht verloren hatte, musste ich meine Tochter alle 3 Stunden zum Trinken wecken, bis sie, laut meiner Nachsorgehebamme, ihr Geburtsgewicht wieder erreicht hat.
Dies war am 8. Tag der Fall und Johanna nahm immer fleißiger zu.
Während ihres ersten Wachstumsschubs hatten wir einmal das Problem, dass Johanna nicht satt wurde. In meiner Verzweiflung machte ich ein Fläschchen, welches Johanna jedoch nicht annahm – Gott sei Dank.
Ich stillte in der Zeit zwar fast non-Stopp, hatte immer ein Kind an der Brust, aber auch diese Zeit ging vorbei.
Seitdem kam ich nie wieder auf den Gedanken eine Flasche zuzubereiten. Ich vertraute darauf, dass ich dazu geschaffen bin, mein Kind zu ernähren. So wie es die Natur vorgesehen hat.
Wenn ich merke, dass die Milch weniger wird, trinke ich Malzbier. In kälteren Tagen ist Anis-Kümmel-Fenchel-Tee mein Freund.
Habe ich zu viel Milch und die Brust ist kurz vorm Platzen, pumpe ich mit meiner Handpumpe die Milch ab und friere diese ein.
Oft muss ich den ersten Strahl an Milch mit einem Mulltuch auffangen, weil wieder mal zu viel Milch da ist und diese nur so aus mir rausgeschossen kommt.
Ich stille nun seit 12 Wochen und tue dies gerne und genieße jede Minute unserer Stillbeziehung.
Ich empfinde auch kaum Scham in der Öffentlichkeit zu stillen. Ich stille immer und überall.
Und ich bin stolz auf meine Tochter und mich, dass wir nicht aufgegeben haben.
Originalbericht einer Mutter, Mai 2015
Foto: Hamish Darby via photopin (license)
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