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Von Lisas Mutter |
Mein Bericht richtet sich vor allem an Frauen, die wegen „zu wenig“ Milch verzweifelt sind und deswegen überlegen abzustillen.
Ich komme aus einer Familie, in der meine vier älteren Geschwister und ich von meiner Mutter bis ins Kleinkindalter gestillt wurden.
Stillen war für mich also immer das Natürlichste der Welt gewesen und als der Geburtstermin meines Kindes immer näher rückte, machte ich mir keine Gedanken darüber, dass es vielleicht nicht klappen könnte. Ich vertraute darauf, dass alles gut funktionieren würde.
Ich stellte mir alles sehr einfach vor, kaufte Behälter zum Einfrieren von Muttermilch, da ich zusätzlich abpumpen wollte, um mir einen kleinen Vorrat für besondere Gelegenheiten anzuschaffen und besorgte für alle Fälle genügend Fläschchen.
Im Vorfeld hatte ich mich schon mit Lektüren übers Stillen auseinandergesetzt, aber ich konnte viele Dinge noch nicht nachvollziehen oder verstehen (obwohl ich dachte, dass ich das tue), da ich noch keinen Bezug zur Realität hatte und die Praxis fehlte.
Meine Tochter Lisa kam schließlich durch eine unkomplizierte und wunderschöne Geburt zur Welt. Gleich im Kreißsaal konnte ich sie anlegen und es funktionierte alles wunderbar!
Doch schon nach ein paar Stunden merkte ich, wie meine Brustwarzen beim Stillen anfingen zu schmerzen.
Ich erinnerte mich an die Worte meiner Hebamme, die uns im Geburtsvorbereitungskurs immer ermahnte, in den ersten Stunden das Kind nicht länger als 10 Minuten anzulegen, wegen der Gefahr wunde Brustwarzen zu bekommen.
Also fragte ich bei den Schwestern nach, die mich aber alle beruhigten und mir sagten, ich könne Lisa auf alle Fälle 20 Minuten anlegen.
Doch es wurde immer schlimmer. Die Schmerzen fühlten sich so an, als würde mir jemand mit einer spitzen Nadel tief in die Brustwarze stechen. Doch ich wollte nicht aufgeben und so stillte ich ganz normal weiter.
Auch meine Anlegetechnik war in Ordnung, laut Hebammen und Schwestern.
Schließlich gaben mir die Schwestern Stillhütchen, mit denen es zwar etwas weniger schmerzhaft war, jedoch nicht verheilte oder besser wurde. Auch andere Mittel, wie Wollwachs oder viel Luft an den Brustwarzen, halfen nicht.
Am Morgen meiner Entlassung hatte ich blutige Brustwarzen und musste abpumpen. Da ich in der vorherigen Nacht den Milcheinschuss gehabt hatte, konnte ich an einer Brust 120 ml abpumpen.
Es war also alles in Ordnung, ich hatte genügend Milch, mein Kind saugte kräftig genug, nur meine Brustwarzen waren nicht in Ordnung.
Zuhause riet mir meine Hebamme, solange abzupumpen, bis wieder alles verheilt war. Also besorgten wir uns eine elektrische Pumpe und ich pumpte jede Mahlzeit ab. Für mich war das furchtbar, da mir das alles so unnatürlich vorkam!
Nach ein paar Tagen merkte ich, wie aus meiner linken Brust immer weniger kam und sie immer mehr schmerzte. Meine Hebamme und ich probierten alles aus, um einen Milchstau zu verhindern, doch das Einzige, was half, war anzulegen.
Also probierte ich es wieder aus, doch die Schmerzen waren so furchtbar, dass ich es nicht lange aushielt.
Schließlich bekam ich beim Pumpen nicht mehr genügend aus meiner Brust (manchmal nur 20 ml) und meine Hebamme riet, den Rest mit Pre-Nahrung zu füttern.
Im Nachhinein erkenne ich, dass genau hier der Fehler lag. Der Grund, weshalb ich nicht genügend aus meiner Brust bekam, war, dass ich einfach nicht verstanden hatte, wie man die Milch wirklich zum Fließen brachte.
Ich benutzte eine Milchpumpe mit Stimulationsphase und wechselte immer sofort zur Abpumpphase, wenn Milch kam (die ja immer kommt, da in den Milchseen immer Milch vorhanden ist) und nicht, wenn der MILCHSPENDEREFLEX das Fließen der Milch auslöste.
Anmerkung: Die früher vermuteten „Milchseen“ in den Brüsten gibt es nicht. Das stellten australische Forscher um Prof. Dr. Peter Hartmann im Jahr 2005 fest.
~ R. Gresens
Nach 4 Wochen waren meine Brustwarzen wieder einigermaßen verheilt, doch ich hatte immer noch „zu wenig“ Milch.
Tagsüber schaffte ich es, Lisa ausschließlich zu stillen, wobei die Häufigkeit der Mahlzeiten (alle 1-2 Stunden) mir dennoch das Gefühl gab, dass es Lisa nicht reicht. Doch gegen Abend kam sie manchmal nach 10 Minuten wieder und ich dachte immer, ich hätte zu wenig Milch, sodass ich immer noch Pre-Nahrung zugab.
Auch der Versuch, durch zusätzliches Entleeren und Abpumpen nach den Mahlzeiten sowie durch Malzbier etc. die Milchmenge zu steigern, scheiterte vorerst.
Meine Hebamme meinte, dass ich durch ständiges Anlegen wahrscheinlich noch mehr Stress hätte und die Milchmenge dadurch wahrscheinlich nicht steigern könnte und es besser wäre, ab und zu ein Fläschchen zu geben, um dadurch den Stress zu senken und entspannter zu sein.
Das klang mir irgendwie plausibel, doch meine Milchmenge wurde einfach nicht mehr.
Also holte ich mir zusätzlich die Meinung von zwei Stillberaterinnen der La Leche Liga ein, die mir beide rieten, ständig anzulegen, auch wenn es mühsam sei.
Auch durch Gespräche mit einer Freundin und meiner Mutter, die selbst 20 Jahre lang eine Stillgruppe geleitet hatte, wurde mir klar, dass es einfach irgendwie funktionieren müsse! Ich dachte mir: was machen denn die Frauen, die irgendwo im afrikanischen Busch leben und keine Pumpe etc. haben?
Das Ende vom Lied war, dass ich es einfach probierte und Geduld mit mir selber hatte. Ich ließ ab sofort die Pre-Nahrung weg, hörte auch mit dem zusätzlichen Abpumpen auf und stillte immer, wenn Lisa es verlangte.
Und ja, es war anstrengend und manchmal war es wirklich nervig, jeden Abend drei Stunden lang fast ununterbrochen zu stillen, aber es funktionierte.
Es dauerte auch nicht, wie in vielen Büchern geschrieben steht, zwei bis drei Tage, sondern fast zwei Wochen, bis sich meine Milchmenge angepasst hatte.
Wie schnell sich die Milchmenge anpasst, hängt natürlich auch immer davon ab, wie viel Milch fehlt. Wenn von Anfang an zu wenig Milch gebildet wurde, spielen oft auch hormonelle oder körperliche Faktoren eine wichtige Rolle.
Aber auch bei sekundären Problemen mit der Milchmenge – so wie bei Dir – dauert es oft eher Wochen als Tage, bis wieder ausreichend Milch gebildet wird.
~ R. Gresens
Schließlich, Lisa war inzwischen 6 Wochen alt, begann ich zuerst morgens, dann auch abends, zwischen bzw. nach den Mahlzeiten abzupumpen, um mir einen kleinen Vorrat anzulegen. Dabei merkte ich, dass der Schlüssel des Abpumpens wirklich das Abwarten des Milchspendereflexes ist, und so funktionierte es wieder.
Was ich auch noch erwähnen möchte: Ich habe immer wieder gelesen, dass es zu bestimmten Zeiten Wachstumsschübe gibt, bei denen Säuglinge vermehrt kommen. Auch das hat mich verwirrt, da Lisa sehr selten länger als 2 oder 3 Stunden ausgehalten hat.
Doch wenn ich sie heute betrachte, wundert mich das nicht: heute ist sie 15 Wochen, fast 70 cm lang und hat knapp 8 Kilo – sie hatte quasi einen Dauer-Wachstumsschub.
Ich stille inzwischen immer noch voll und genieße diese innigen Momente jedes Mal aufs Neue!
Und ich habe aufgehört, mir darüber Gedanken zu machen, ob alles so richtig ist, wie es ist.
Wenn Lisa nach einer Stunde wieder Hunger hat, stille ich sie nach einer Stunde wieder.
Wenn sie mal fünf Stunden keinen Hunger hat, dann stille ich sie fünf Stunden nicht.
Ich nehme alles so, wie es kommt und verlasse mich auf die Natur und meine Intuition.
Ich möchte durch meinen Erfahrungsbericht alle Mütter, die denken, sie hätten zu wenig Milch, darin bestärken, durchzuhalten und weiterzumachen!
Jedes Kind ist anders und jede Frau ist anders! Und Stillen ist einfach ein Vorgang, an den sich der Körper erst gewöhnen muss – bei den einen klappt es sofort, bei den anderen erst später. Jede Frau kann ihr Kind ernähren, das ist von der Natur so vorgesehen!
Wir sind durch die heutige Zeit einfach daran gewöhnt, dass es für jedes Problem eine Lösung geben muss, die sofortigen Erfolg verspricht. Doch der Körper einer Frau ist keine Maschine, bei der man einfach mal eine Schraube austauschen kann.
Mit viel Geduld und Liebe (vor allem für sich selbst) kann man es wirklich schaffen!
Originalbericht einer Mutter, Dezember 2018
Foto: elviskennedy Mother’s Day via photopin (license)
Vielen Dank für diesen Bericht.
Wunde Brustwarzen sind ja sehr oft die Folge einer suboptimalen Anlegetechnik und da Schmerzen zudem den Milchspendereflex hemmen, werden die Brüste dann oft auch nicht mehr gut geleert und die Milchmenge geht zurück. Eine Teufelsspirale kommt in Gang und führt leider allzu oft zum vorzeitigen Abstillen.
Damit es nicht dazu kommt, empfehle ich frühzeitig eine professionelle Stillberatung zur Lösung der Ursache(n) aufzusuchen. Denn je früher die Ursachen erkannt und gezielt behandelt werden, desto schneller lassen sie sich meist auflösen.
Toll, dass Du es geschafft hast und das Stillen jetzt genießen kannst!!
~ R. Gresens
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