„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten
„Gut Anlegen“ – Der Video-Online-Kurs für stillende Mütter und für Schwangere, die sich auf das Stillen vorbereiten möchten
Eigentlich ist der Begriff „Langzeitstillen“ unpassend, weil er impliziert, dass die normale Stillzeit natürlicherweise kürzer ist.
Dabei ist eine lange Stillzeit in vielen Ländern noch immer üblich und auch hier in Deutschland wurde noch vor 100 Jahren wesentlich länger gestillt als heute.
Nur weil langes Stillen in den westlichen Industrieländern nicht mehr verbreitet ist, wird es jetzt hier als unnormal bzw. unnatürlich angesehen.
Fragt man die stillenden Mütter, so fühlen sie sich meist dann selbst als „Langzeitstillende“, wenn sie regelmäßig auf die Frage „Stillst du immer noch?“ antworten müssen bzw. wenn sie in ihrem Umfeld keine anderen Mütter mit gleichaltrigen Kindern kennen, die ebenfalls noch stillen.
Was „langes“ Stillen ist, ist also relativ, und sagt eigentlich nur etwas darüber aus, wie lang (bzw. besser gesagt: kurz) die übliche Stilldauer in der Kultur bzw. der jeweiligen sozialen Gruppe ist.
In unserer Gesellschaft ist es leider so, dass Mütter, die ein 9 – 12 Monate altes Kind noch stillen, schon die große Ausnahme sind und die entsprechenden Erfahrungen mit ihrem Umfeld machen.
1) Es ist ganz natürlich und fühlt sich richtig an, da es dem Mutterinstinkt der meisten Mütter und ebenso dem Bedürfnis der meisten Kinder entspricht.
2) Es gefällt Mutter und Kind, ist schön und vertraut. Warum sollten sie es dann vorzeitig beenden?
3) Auch nach der Einführung von Beikost sind gestillte Kinder besser mit Nährstoffen und Kalorien versorgt.
4) Muttermilch schützt das gestillte Kind weiterhin vor Krankheitserregern.
Die Muttermilch enthält im zweiten Jahr des Stillens ein höheres Maß an bestimmten Antikörpern, so erreicht sie teilweise eine ähnlich hohe Konzentration der Abwehrstoffe wie das Kolostrum unmittelbar nach der Geburt.
Das Lysozym, zum Beispiel, ein Enzym, das die Zellwand der Bakterien zerstört, ist in der Milch der Mutter eines 18 Monate alten Kleinkindes in größerer Menge zu finden, als in der Milch der Mutter eines Sechsmonatigen.
Die Mutter produziert auch weiterhin Antikörper gegen die Krankheitserreger, mit denen sie konfrontiert wird, und schützt dadurch ihr Kind indirekt über die Milch, solange sie stillt.
Kinder, die jahrelang gestillt werden, sind bedeutend seltener krank und die Mütter berichten meist, dass ihre Kinder noch nie eine Antibiotikabehandlung brauchten.
Noch ein Vorteil des langen Stillens: bei akuten Erkrankungen, wie z.B. Brechdurchfall, verweigern Kleinkinder meist jegliche Nahrung außer der Muttermilch, nehmen dadurch dann deutlich weniger an Gewicht ab und müssen kaum einmal wegen Austrocknung ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bei nicht mehr gestillten Kleinkindern ist dies leider anders.
5) Kurz (oder gar nicht) gestillte Kinder haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für viele Krankheiten.
6) Gesunde Kinder haben bis zum Alter von 4 – 6 Jahren ihren Sauginstinkt. Daher findet es auch hier bei uns kaum jemand unnormal, wenn ein Kleinkind, das älter als 6 Monate ist, oder sogar ein drei- oder vierjähriges Kind noch regelmäßig einen Schnuller bekommt.
Wenn also für uns Menschen eine Stilldauer von 4 – 6 Monaten natürlich wäre, dann hätte die Natur es auch so eingerichtet, dass nach dieser Zeit die Milch versiegt und der Sauginstinkt verschwindet.
Im Grunde spricht nichts wirklich gegen eine lange Stillzeit. Die meisten Argumente dagegen, sind in Wahrheit Vorurteile, die auf Unwissen beruhen.
Gleichwohl beklagen manche lang stillenden Mütter, dass sie für ihr Kind unersetzbarer sind, z.B. abends schlecht weggehen können oder nicht übers Wochenende wegfahren können.
Viele Mütter haben aber dagegen auch die Erfahrung gemacht, dass ihr älteres Stillkind auch problemlos damit klar kommt, wenn Mama mal länger nicht da ist.
Dann wird eben, solange Mama weg ist, nicht gestillt und beim Wiedersehen ist durch das Stillen gleich wieder ganz viel Nähe möglich und die vorübergehende Trennung ist schnell wieder vergessen.
Viele der Mütter haben auch selber gar kein Bedürfnis danach, mehr Zeit ohne ihr Kind zu verbringen und vermissen nichts, wenn sie einige Zeit nicht ausgehen können.
Oft wird behauptet, dass das Stillen die Mutter zu sehr auszehre. Dem ist aber nicht so, denn erstens legt die Natur in der Schwangerschaft extra Fettreserven für die lange Stillzeit an, und zweitens kann eine stillende Mutter auch über eine gute Ernährung (d.h. ausreichend, gesund und abwechslungsreich) alle Nährstoffe und Kalorien zu sich nehmen, die sie benötigt.
Leider kommen manche Mütter mit kleinen Kindern nicht dazu genug zu essen, weil sie heutzutage in unserer Kultur recht früh mit Haushalt und Kinderversorgung alleine gelassen werden, dies betrifft aber die nicht mehr Stillenden genauso. Dann könnten zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate für die Mutter sinnvoll sein, wenn es nicht möglich ist, mehr Unterstützung und Hilfe im Haushalt zu organisieren.
Keinen (oder nur sehr wenig und nur zu bestimmten Zeitpunkten) Alkohol zu trinken, macht den meisten lange stillenden Müttern ebenfalls in der Regel nichts aus.
Ansonsten sind während der Stillzeit keine Einschränkungen in Bezug auf die Ernährung der Mutter notwendig, sondern beruhen größtenteils auf Fehlinformationen und Ammenmärchen. Auch dieses Gegenargument ist also nicht haltbar.
Auch die Einnahme von Medikamenten oder kleinere Operationen während der Stillzeit werden manchmal problematisch gesehen, müssen dies aber gar nicht sein.
Tatsächlich kann in den meisten Fällen von mütterlichen Erkrankungen in der Stillzeit bei sorgfältiger Planung und Auswahl von stillverträglichen Medikamenten durchaus weitergestillt werden.
Leider sind hier oftmals die verordnenden Ärzte nicht bereit sich zu erkundigen, welche Medikamente auch für das gestillte Kind unbedenklich sind, sondern beharren darauf, eine wirksame Behandlung sei erst nach dem Abstillen möglich.
Hier finden Sie weitere Informationen zu Medikamenten in der Stillzeit.
Manche Väter reagieren etwas neidisch oder eifersüchtig auf die innige Nähe durch das Stillen zwischen Mutter und Kind und fühlen sich ausgeschlossen.
Da lang stillende Kinder meist auch mit ihren Eltern im Familienbett schlafen, gibt es auch einige Männer, die ihre Partnerin gerne nachts wieder für sich hätten.
Auch dies sind keine wirklichen Gründe gegen das lange Stillen oder das gemeinsame Schlafen. Denn es gibt sowohl viele Möglichkeiten, die Beziehung zwischen Vater und Kind innig und intensiv zu gestalten; und Zärtlichkeiten und Sexualität zwischen Mann und Frau kann es, statt nachts im Bett, auch zu anderen Zeiten und an anderen Orten geben.
Selbst die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit der Mutter und die damit verbundene Fremdbetreuung des Kindes ist kein Grund gegen eine lange Stillzeit, sondern lässt sich bestens mit dem langen Stillen vereinbaren, wie viele Mütter immer wieder festgestellt haben.
Das Stillen kann solange fortgeführt werden, wie es Mutter und Kind gefällt. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage sorgt dafür, dass die Muttermilch in der Brustdrüse immer wieder neu gebildet wird, solange sie regelmäßig abgefordert wird.
Die meisten Kinder stillen sich von alleine zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr ab, aber es gibt auch Kinder, die auch nach dem 4. Geburtstag noch regelmäßig stillen wollen.
Das biologische Abstillalter liegt, laut verschiedenen Berechnungen der amerikanischen Anthropologin Katherine Dettwyler, bei mindestens 2,3 Jahren bis maximal 6 – 7 Jahren.
Lies in Teil 2 des Artikels: die Gründe von Müttern, länger zu stillen, sowie die Vorurteile und Schwierigkeiten, denen sie dabei begegnen.
Regine Gresens, IBCLC, Dezember 2008
Foto: HoboMama via photopin cc
Findest Du diesen Beitrag hilfreich? Dann pinne ihn in die Welt hinaus!
Fürs Liken, Teilen und Pinnen sage ich herzlich Danke!
Hallo, ich bin Regine – Hebamme, Berufspädagogin, Still- & Laktationsberaterin IBCLC und Mutter. Ich helfe Dir dabei, Deinem Baby und Dir selbst zu vertrauen, entspannt und erfolgreich zu stillen und Euren eigenen Weg zu gehen. Schön, dass Du da bist!