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Von A.D. |
Im November 2017 saß ich bei meiner Gynäkologin auf dem Untersuchungsstuhl, meine damals einjährige Tochter an der Brust, als es hieß: „und da ist noch eine zweite Fruchthöhle mit einem zweiten Herzschlag!“.
Damals war ich in der siebten Woche schwanger und zur großen Überraschung kündigten sich Zwillinge an.
Der Plan war gewesen, das „große“ Kind weiter zu stillen und nach Geburt des Geschwisterchens Tandem zu stillen. Aber was sollte ich nun tun, wo doch gleich zwei Babys unterwegs waren?
Das Feedback aus meinem Umfeld war klar: Drei Kinder gleichzeitig stillen geht doch nicht. Ich solle doch am besten schnell abstillen – allerspätestens kurz vor Geburt der Zwillinge.
Selbst Personen, die Langzeitstillen und auch Tandemstillen nicht für völlig exotisch hielten, waren skeptisch.
Nun war aber meine große Tochter alles andere als bereit, sich von der Brust zu verabschieden, selbst als die Milch im Laufe der Schwangerschaft ausblieb und durch Kolostrum ersetzt wurde. Sie wollte einfach weiterhin stillen, auch aus nicht-nutritiven Gründen (sprich, es ging mehr um die Nähe und Geborgenheit und weniger um die Kalorienaufnahme).
Irgendwann war mir klar, dass ich das Abstillen nur gegen sehr große Gegenwehr hätte durchsetzen können – und das wollte ich nicht.
Bei einer Recherche im Internet wurde ich darauf aufmerksam, dass es eine englischsprachige Facebookgruppe namens „Triandem Breastfeeding“ gibt – dort tauschen sich Frauen aus, die drei Kinder stillen. Dort habe ich einige andere Mütter mit einer ähnlichen Konstellation wie bei mir kennengelernt und bekam von ihnen Mut zugesprochen. Zum ersten Mal hatte ich den Eindruck, es schaffen zu können und mit meinem Anliegen nicht völlig alleine zu sein.
Juli 2018 – die Zwillinge (ein Junge und ein Mädchen) kamen in der 40. SSW nach Einleitung per Kaiserschnitt zur Welt. Ich konnte sie direkt nach der Sectio anlegen und da die Kinder reif geboren waren, wurden wir nicht voneinander getrennt.
Der Stillstart war aufgrund eines späten Milcheinschusses dennoch etwas holprig und die Babys wurden in der Klinik einmalig stillfreundlich zugefüttert; bald ging es aber bergauf und zur U3 hatten beide Kinder gut zugenommen.
Unsere große Tochter, nun knapp zwei Jahre alt, stillte einfach weiter und freute sich darüber, nun wieder reife Muttermilch zu bekommen. Allerdings beschränkte ich die Anzahl der Stillmahlzeiten auf ein- bis zweimal am Tag, damit ich noch genug Milch für die Zwillinge hatte.
Wenn man sich nun fragt, wie man das Stillen von drei Kindern technisch umsetzt: In meinem Fall habe ich nacheinander gestillt bzw. stille bis heute am liebsten nur ein Kind. Das parallele Anlegen der Zwillinge hat nicht gut geklappt, da die Kinder einen sehr unterschiedlichen Trinkstil hatten, darüber hinaus habe ich mich damit nicht wohl gefühlt.
Ab und zu habe ich eines der Babys und die Große tandemgestillt, aber auch das blieb eine Ausnahme. Glücklicherweise trinken die Zwillinge zügig, so dass keines der Kinder lange warten muss.
Wenn man sich jetzt fragt, wie sich das Stillen dreier Kinder körperlich für mich ausgewirkt hat:
- Ich esse und trinke deutlich mehr als sonst, zum Beispiel bereite ich immer wieder so genannte Stillkugeln zu und esse sie als Finger Food. Alkoholfreies Bier und Schokolade sind in unserem Haushalt auch ständig verfügbar.
- Ich habe mein Vorschwangerschaftsgewicht sehr schnell wieder erreicht und kann dieses gut halten.
- Ich supplementiere Eisen und Vitamin D aufgrund nachgewiesener Mängel, darüber hinaus Jod, B-Vitamine und Magnesium.
- Im Gegensatz zur ersten Stillzeit hat sich mein Zyklus nach knapp sieben Monaten noch nicht wieder eingestellt (sprich, es besteht noch eine so genannte Laktationsamenorrhoe)
Drei Kinder zu stillen erfordert, gut auf die eigenen Ressourcen zu achten, ausreichend zu essen und zu trinken und natürlich auch die richtigen Prioritäten setzen (sprich: im Zweifelsfall andere Dinge liegen lassen).
Ohne meinen Mann, der drei Monate komplett in Elternzeit war und nun in Teilzeit arbeitet, hätte ich es wohl nicht geschafft. Er stand die ganze Zeit hinter mir und hat mir den Rücken frei gehalten, wo es nur ging (Haushalt, Unternehmungen mit dem großen Kind).
Der schwierigste Moment: Trotz aller Unterstützung und allem Know-How hatten wir nach fünf Monaten die Situation, dass die Gewichtszunahme der Zwillinge nur sehr schleppend voranging. In Absprache mit einer zertifizierten Stillberaterin (IBCLC), die mich im Online-Forum Stillen-und-Tragen beraten hat, haben wir hochkalorische Beikost eingeführt (beide Kinder zeigten schon Beikostreife); unser Kinderarzt hat diese Vorgehensweise ebenfalls als sinnvoll betrachtet.
Nach kurzer Zeit hat sich die Zunahme wieder normalisiert, die Zwillinge bekommen nun ein bis zwei Breimahlzeiten am Tag, ansonsten hin und wieder Finger Food. Nach wie vor wird tagsüber aber spätestens alle zwei bis drei Stunden gestillt, die Muttermilch wird auch weiterhin das Hauptnahrungsmittel bleiben.
Die Zwillinge sind nun (Februar 2019) sieben Monate alt, die große Schwester 29 Monate und an der Konstellation, drei Kinder zu stillen, scheint sich in absehbarer Zeit nichts zu ändern.
Meine Tipps an alle Mütter, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und sich fragen, wie sie die Aufgabe stemmen können:
- Informiert euch über das Tandem- bzw. Tridemstillen, sucht euch eine zertifizierte Stillberaterin, die euch unterstützen kann, sucht euch Gleichgesinnte, die euch Mut machen.
- Überlegt, wie viel ihr das ältere Kind noch stillen lassen wollt. Ggf ist es eine gute Idee, nachts abzustillen und nur das Baby/die Babys in der Nacht zu stillen und auch tagsüber die Mahlzeiten für das ältere Kind zu begrenzen.
- Euer Partner sollte nach Möglichkeit viel mit dem älteren Kind unternehmen, euch im Haushalt den Rücken frei halten, euch in der Anfangszeit mit ausreichend Essen und Trinken versorgen.
- Haltet das Wochenbett ein, kuschelt viel mit den Kindern und versucht, Stress zu vermeiden.
Wenn erst einmal die ersten fünf, sechs Wochen vorbei sind und sich das Stillen gut eingespielt hat, seid ihr auf einem guten Weg.
A.D.
Originalbericht einer Mutter, Februar 2019
Foto: Donnie Jay Jones
Liebe A.D.,
vielen Dank für diesen motivierenden Stillbericht und die vielen Tipps, die nicht nur für Mütter, die Tandem oder Zwillinge stillen hilfreich sind, sondern sicher auch für Mütter, die sich Sorgen um ihre Milchmenge machen. ~ R. Gresens
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Bei mir ist die Konstellation andersherum: ich habe ein Zwillingspärchen von Januar 2017 und in zwei Wochen kommt ihr kleiner Bruder auf die Welt. Die Zwillinge stillen nach wie vor, meist abends, manchmal docken sie mal kurz morgens oder beim Mittagsschlaf an und manchmal auch nochmal in der Nacht. Seit dem 2.-3. Schwangerschaftsmonat habe ich kaum mehr Milch, wie es sich mit dem Kolostrum verhält, weiß ich nicht so genau. Ich möchte auch Tridemstillen. Aber stimmt es, dass die Zwillinge dem Mini gerade nichts wegtrinken können? Irgendwie schießt mir die Frage immer wieder in den Kopf, ob die Großen das Kolostrum wegtrinken und ob das Depot für den kleinsten Krümel dann ausreichend ist zur Geburt. Danach weiß ich: das Neugeborene immer zuerst und bis es satt ist, dann können die älteren Geschwister ran.
Übrigens habe ich die Zwillinge immer gleichzeitig gestillt und fand es nachher wunderbar, dass unser Rhythmus sich auf natürliche Weise synchronisiert hat. Nur in den Wachstumsschüben merkte man Unterschiede, oder der Junge kam z.B. anfangs häufiger. Wie schön, dass es so vielfältige Stillbeziehungen gibt.
Liebe Julia,
Deine Sorge, dass die Großen dem Kleinen das Kolostrum wegtrinken, ist tatsächlich unbegründet, wenn die Brüste nicht gerade ganz kurz vor der Geburt geleert wurden.
Heute wird z.B. auch Diabetikerinnen empfohlen, ab der 37. oder 38. Schwangerschaftswoche Kolostrum auszustreichen und einzufrieren, um es dem Neugeborenen zur Vermeidung einer Unterzuckerung zu geben, falls das Anlegen und ggf. auch ein Ausstreichen nach der Geburt nicht möglich ist.
Mehr dazu hier: Präpartale Kolostrum-Gewinnung bei Schwangeren mit Diabetes mellitus
Herzliche Grüße,
Regine Gresens