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Ich habe seit meiner Kindheit Diabetes. Als ich nach einigen Schwierigkeiten mit Hilfe von Hormonen endlich schwanger wurde, hatte ich wegen der Blutzuckerschwankungen quasi 9 Monate lang jeden Tag Angst und musste pausenlos für optimale Werte kämpfen.
Außerdem war schon klar, dass unser Kind von Anfang an Zufütterung erhalten müsste, um seinen Blutzucker so schnell wie möglich zu stabilisieren. Erfreulicherweise konnte ich schon während der Schwangerschaft Kolostrum ausstreichen, sodass ich von ungefähr der 30. Woche an genug Kolostrum für die ersten 24 Stunden in kleinen Spritzen zusammensparen konnte.
Und da meine Mutter alle ihre 4 Kinder problemlos gestillt hatte und ich die “Basics” vorher auch gelesen hatte, ging ich nicht davon aus, dass unser Stillstart allzu schwierig sein würde.
Die Geburt wurde wegen des Diabetes bei 38 Wochen im Krankenhaus eingeleitet. Sie verlief wohl wie eine durchschnittliche Erstgeburt, nicht besonders schnell, aber ich brauchte keine Schmerzmittel oder Hilfsmittel wie Zange oder Saugglocke. Wir hatten direkt nach der Geburt den empfohlenen Hautkontakt und einen ersten Anlegeversuch, und mein Mann kuschelte mit dem Kind während ich duschen war.
Dann bekam unser Sohn seine erste Zufütterung. Im Nachhinein hätte ich vielleicht darauf bestehen müssen, dass unser Sohn nicht mit Fingerfeeding, sondern die Extra Fütterungen per Löffel oder Brusternährungsset bekommen sollte.
Das Anlegen gestaltete sich jedenfalls als schwierig, nie so schmerzlos, wie ich immer wieder gelesen hatte, dass es möglich sein müsste. Mein Sohn war auch viel zu hektisch, um gut anzudocken, vielleicht ja, weil er von den ersten Stunden an schon reichlich Milchfluss vom Zufüttern gewöhnt war, und an den folgenden Tagen nicht aushielt, dass die Produktion bei mir erst noch richtig in Gang kommen musste.
Hatte ich noch mit dem ersten Schrei unseres Sohnes für kurze Zeit das Gefühl gehabt, endlich aufatmen zu können, weil seine Gesundheit nun nicht mehr so unmittelbar von meinen Anstrengungen und Unzulänglichkeiten abhinge, verschwand dieses Gefühl nur allzu bald wieder.
Er nahm in der ersten Woche ein wenig mehr ab als gewünscht (jedenfalls erreichte er gerade so die 7% Gewichtsverlust-Grenze), und auch wegen der Corona-Situation wollte die Hebamme kein Risiko nehmen. Sie drängte uns, unser Kind nötigenfalls regelmäßig zu wecken (wir haben ein bittersüßes Video, wo wir mit einem tiefenentspannt schlafenden Kind herumalbern, und ihn einfach nicht wach bekommen…) und bei jeder Stillmahlzeit ziemlich viel zuzufüttern.
So mieteten wir sehr schnell nach der Geburt eine Pumpe und meine Auszehrung ging weiter, kein Aufatmen also. Es hing „alles“ weiterhin von meinem Handeln ab; der Druck, sich keine Fehler erlauben zu können, hielt an.
Wegen des Lockdowns konnte uns nach der ersten Woche auch niemand mehr wirklich unterstützen, und so ging es stets weiter abwärts mit uns. Wir waren einfach ratlos, und mein Mann gab unserem Sohn (hauptsächlich Nachts) immer mal wieder mit Fingerfeeding extra Milch, um mich vermeintlich zu entlasten. Pumpen musste ich dann aber auch wieder, und die ersten Wochen sind in meiner Erinnerung ein einziges verschwommenes Gefühl der Angst, Schmerz, Hilflosigkeit und Überlastung.
Ich begriff einfach nicht, warum es uns nicht gelang, meinen Sohn so trinken zu lassen, dass ich nicht vor Schmerz wimmerte. Mahnungen, unser Kind nicht viel länger als 10 Minuten pro Seite anzulegen, weil er mich sonst „als Nuckel missbrauchen“ würde, konnte ich trotz meiner Verunsicherung gerade noch so abwehren. Erstens wollte ich keinen Nuckel als Ersatz geben, aus Angst vor noch mehr Andockproblemen, und zweitens hörte ich meinen Sohn auch nach zehn Minuten noch schlucken.
Eine echte Fachfrau war also gefragt. Die erste Stillberaterin, die wir kontaktierten, war ihr Geld nicht wert. Sie meinte, mit einem WhatsApp-Videogespräch hätte sie das Problem schon direkt erkannt, angeblich verstopfte Milchgänge, weshalb unser Kind zu früh beim Trinken einschliefe. Dafür zeigte sie mir Massagetechniken, die ich entwürdigend vor der Handykamera absolvierte. Außerdem war ihr klar, dass ich Stillhütchen benutzen müsste, und dann täglich einmal extra pumpen, damit die Produktion nicht zurückgehen würde.
Wir kämpften weiter, an der einen Seite hatte ich inzwischen eine so rissige Brustwarze, dass ich es überhaupt nicht mehr über mich brachte, unser Kind dort trinken zu lassen. Die Stillberaterin war geradezu empört, als ich es mit der anderen Seite ohne Stillhütchen probierte, obwohl es dort manchmal auch ohne irgendwie ging… Den Kontakt mit dieser Frau, die auch unsere Namen und Details laufend falsch auf dem Schirm zu haben schien, haben wir jedenfalls nicht weiter verfolgt.
Nun aber hing ich an den Stillhütchen und dem extra Pumpen “fest”, weil unser Sohn durch das Fingerfeeding vom Anfang und die Hütchen danach meine Brustwarzen immer schlechter packen (und halten) konnte. Und weil ich ihn nur noch auf der einen Seite anlegte, und wir die andere Seite per Fingerfeeding probierten zu ersetzen, ging das Gewurschtel weiter, und ich war immer noch unglücklich. Nie zu wissen, ob unser Kind noch Hunger hatte, weil er nur “eine Hälfte” getrunken hatte, oder “nur” Saugbedürfnis, und dann von Anfang an überernährt wurde, so viele Zweifel und Unzulänglichkeitsgefühle…
Ich suchte auch online immer weiter nach Hilfe, andere Stillkissen, andere Haltungen. Im Liegen funktionierte nicht, weder mein Sohn noch ich konnten wirklich bequem und stabil auf der Seite liegen, und auch wenn ich mich sitzend zurücklehnte, war unser Kind zu hektisch und unkoordiniert, um gut anzudocken. Verschiedenste Stillkissen waren zu hart, zu groß, oder zu weich…
Mein Mann fuhr eines Nachts wütend auf, als er mich wieder vor Frust und Erschöpfung weinen hörte, dass ich es doch endlich aufgeben sollte. Dazu konnte ich mich aber immer noch nicht durchringen.
Eine zweite Stillberaterin erklärte sich trotz des Lockdowns bereit zu einem Hausbesuch, mit Mundschutz und Handschuhen. Ein Glück, denn wir waren einfach nur verzweifelt. Ich weinte so oft wegen der Schmerzen und der Unsicherheit, und mein Mann ertrug es auch nicht mehr, mich so zu sehen.
Tatsächlich hatte die zweite Stillberaterin wenig an meiner “Anlegetechnik” anzumerken. Trotzdem hatte ich weiterhin Schmerzen, die zwar etwas weniger schlimm wurden, aber mich trotzdem belasteten. Alle Informationen, die ich zum Thema fand, wiederholten immer nur, dass es nicht weh tun sollte. Auch hieran verzweifelte ich, denn wenn ich nun schon bestätigt bekommen hatte, dass ich nichts total falsch machte, wieso war es denn nun immer noch so unangenehm, obwohl alle sagten, es sollte schön sein?! War ich einfach zu blöd?
Wenigstens konnte ich inzwischen wieder an beiden Seiten anlegen, wenn auch mit Stillhütchen, auch weil mir die Stillberaterin wieder etwas Mut zugesprochen hatte, und mir sehr wohltuende Gelkompressen* empfohlen hatte.
Wir schleppten uns weiter. Ich verstand einfach nicht, wie die anderen Frauen aus dem Geburtsvorbereitungskurs so viel glücklicher sein konnten als wir. Ich konnte unseren Familienzuwachs jedenfalls nicht genießen, weil unser Kind nur -nicht- schrie, wenn er schlief oder trank, und beides tat er auch nicht besonders „gut“, lange beziehungsweise entspannt.
Mitglieder aus der La Leche Liga-Facebook Gruppe nannten mehrmals ein womöglich zu kurzes Zungenbändchen als Problemauslöser, oder Candidose… Eine Kinderärztin schloss letzteres jedoch aus, und empfahl mir, zu meiner Entlastung doch Familienmitglieder oder Freunde mal ein Stündchen auf unser Kind aufpassen zu lassen… sehr witzig, eineinhalb Meter Abstand bewahren, zu einem Säugling, der versorgt werden muss.
Weiterhin also keine echte Hilfe in Sicht. Ich schlief beim Stillen im Sitzen ein, mit unserem Kind auf dem Arm, mein Nacken – ein einziger Spannungsknoten.
Die wiederholte Frage, warum ich denn immer noch nicht aufgegeben hatte, beantwortete ich auch mit dem eher egoistischen Grund, dass mir das ganze Gewurschtel mit Fläschchen viel zu viel Aufwand (und Unsicherheit/Verantwortung in Bezug auf die Mengen) schien, wo ich doch schon mit der relativen Einfachheit vom Stillen und dem Rest der Kindsfürsorge überfordert war.
Ein Milchstau gab mir beinahe den Rest, aber die Erleichterung am übernächsten Tag, als er sich doch legte, rettete mich wieder ein paar Tage weiter.
Eines Tages hatte ich genug von dem Krampf mit den Stillhütchen, und dem extra Abpumpen derentwegen, und probierte es immer mal wieder ohne. Unser Kind dockte mehr oder weniger klaglos an. Meistens trotzdem nicht schmerzlos, er wurde auch viel unruhiger beim Trinken, und nun begann er auch noch, mich zu beißen!
Die Familienberaterin vom Jugendgesundheitsamt meinte, ich müsste ihn nach wenigen Minuten beim Trinken unterbrechen, um ihn aufstoßen zu lassen. Ich probierte das nur wenige Male. Der Hilfsreichtum vom standard-mäßigen Aufstoßen lassen ist offenbar eh umstritten, und das Gewimmer durch die Unterbrechung (und sonst kein anderer Effekt) ließ auch nicht darauf schließen, dass dies den Bedürfnissen meines Kindes entsprach. Ein Bäuerchen ließ er jedenfalls nur unregelmäßig, wenn es offenbar tatsächlich nötig war, ob ich es durch bestimmte Haltungen oder Handlungen provozierte oder nicht.
Doch das Lippenbändchen? Immerhin stülpte unser Sohn seine Oberlippe kaum so ordentlich nach Außen, wie überall angegeben wurde, dass es sein müsste. Unsere Hebamme empfahl mir eine dritte Stillberaterin zur Beurteilung des Verdachts.
Zum Glück konnte die mir am gleichen Nachmittag noch einen Termin geben. Sie räumte den Verdacht auf problematische Mundanatomie aus. Lediglich einen relativ hohen Gaumen stellte sie bei unserem Sohn fest, wodurch das Ansaugen etwas schwieriger sein könnte. Als es dann wieder Zeit fürs Stillen war, konnte ich endlich wieder „live“ eine professionelle Einschätzung des möglichen Problems erwarten.
Ich bekam den unschätzbar wertvollen Tipp, meinen Sohn so anzulegen, wie wir es gewohnt waren, und mich dann erst zurückzulehnen. So war sein hektisches Gesuche nicht so ein Problem, weil er den Nippel immerhin schon im Mund hatte. Anschließend konnte er mithilfe der Schwerkraft einen womöglich zu flachen Mundvoll korrigieren, und ich konnte ihn entspannt auf mir liegen lassen, anstatt ihn verkrampft auf der richtigen Höhe halten zu müssen.
Das offenbar größte Problem würde auch gemildert: das Beißen kam höchstwahrscheinlich, weil mein Milchspendereflex und meine Milchproduktion hyperaktiv war, vermutlich auch wegen des letztlich doch überflüssigen Extrapumpens „für“ die Stillhütchen. Wenn ich zurückgelehnt war, wurde unser Sohn nicht mehr so sehr überwältigt von der Milchfontäne, und musste mich nicht mehr beißen, um den Strom zu stoppen.
Blockstillen sollte helfen, die Milchproduktion auf ein normales Maß zurückzubringen. Und zuletzt meinte die Stillberaterin, dass es doch auch so aussah, als hätte ich sehr flache Nippel mit kurzen Milchgängen, und die Dehnung derselben könnte zumindest zum Teil Ursache der immer noch anhaltenden Schmerzen sein. Leider konnte sie mir dabei nicht wirklich helfen, außer etwas Zuversicht geben, dass es mit der Zeit immer besser werden würde, weil der Mund vom Kind wachsen würde, sein hoher Gaumen weniger Probleme bereiten würde, und meine Brustwarzen sich an die Beanspruchung anpassen würden.
Immerhin, der Tipp zum zurückgelehnten Stillen, NACH „normalem“ Andocken in der Wiegehaltung, brachte mir schon so viel Erleichterung, auch beim Nachts Stillen.
Die Schmerzen und das Beißen jedenfalls gehörten nach zweieinhalb Monaten endlich großteils der Vergangenheit an. Die Stillmomente und die Interaktion direkt danach wurden zu meinen wohltuenden Inseln der Entspannung zwischen all dem Heulen und der Unsicherheit, was meinem Kind denn fehlen würde.
Leider war auch das nicht genug, und letztlich landeten mein Sohn und ich auf einer sogenannten Mutter-Baby-Unit auf der psychiatrischen Station im Krankenhaus, endlich mit der offiziellen Diagnose der postpartalen Depression.
Die monatelange Angst und der Perfektionszwang während der Schwangerschaft, die Ratlosigkeit und Unsicherheit danach, die Startschwierigkeiten mit dem Stillen, ohne Unterstützung vom normalerweise verfügbaren sozialen Netzwerk, die Hormonumstellung nach der Geburt, die Schlaflosigkeit und meine psychologische Vorbelastung waren einfach zu viel für meine mentale Gesundheit.
Nachdem wir wiederholt nach Hilfe und Rat gesucht hatten und von der ersten Anlaufstelle (das sogenannte Jugendgesundheitsbüro mit hauptsächlich Kinderkrankenschwestern als Ratgebern) wenig mehr als Allgemeinplätze zurück bekamen (und unter anderem auch wohlmeinend gedrängt wurden, dem Kind nicht anzugewöhnen, dass er auf uns schläft…), hatten wir uns an den Hausarzt gewandt. Der hatte schon den Verdacht auf Depression bei mir, aber wollte auch mögliche Probleme bei unserem Sohn ausschließen und verwies uns an die Kinderklinik.
Dort schlugen sie uns eine 48-stündige Aufnahme zur Observation des Kindes vor, sodass wir ein bisschen verschnaufen könnten und sie besser beurteilen könnten, ob ihm vielleicht doch etwas fehlte. Für diese Zeit kam uns der „für die Stillhütchen“ aufgebaute Milchvorrat sehr zugute…
Wenig überraschend kamen sie im Krankenhaus jedenfalls zu dem Schluss, dass vor allem wir als Eltern mehr Unterstützung bräuchten, und das Problem nicht so sehr bei unserem Kind läge. Wir wurden an eine Familienpsychologin verwiesen, die uns mit ambulanten Sprechstunden besser begleiten sollte, als das Jugendgesundheitsbüro es konnte.
Mit meiner „halben“ Diagnose war das jedoch auch nicht genug, und nachdem ich wieder einen Nervenzusammenbruch hatte, wurden wir von der Psychologin endlich erhört und sie fand für uns heraus, wo und wann wir einen Platz in so einer Mutter-Baby-Unit bekommen könnten, und hatte dann innerhalb einer Woche (die wir auf der Kinderstation verbrachten, als sogenannte „soziale Aufnahme zur Entlastung der Heimsituation“) die Verweisung für uns geregelt.
Auf dieser Mutter-Kind-Station wurde darauf geachtet, dass ich mir Zeit zum Ausruhen erlaubte, und ich wurde nach Bedarf bei allen Versorgungsmomenten von geschulten Krankenpflegerinnen begleitet. Deren Expertise, sowohl im Umgang mit psychisch labilen Personen, als auch mit Kleinkindern, war äußerst wertvoll, und mir wurde vor allem dadurch geholfen, dass ich unter ihrer Begleitung Vertrauen in meine Fähigkeiten als Mutter gewinnen konnte, und viele Zweifel und negative Erfahrungen gemildert wurden.
Und sie bestärkten mich eben auch wieder zu mir selbst zurückzufinden, nach den Monaten unter unbedingtem Leistungsdruck und Versagensangst und Selbstaufgabe während der Schwangerschaft und danach, indem sie mir die Versorgung meines Sohnes abnahmen, wenn es mir zu viel wurde oder ich eine halbe Stunde mal wieder etwas nur für mich machen wollte.
In solchen „kindlosen“ Momenten sind dann auch die Tonfiguren auf dem Foto entstanden. Die eine stellvertretend für all die Male, die unser Sohn nach dem Stillen an meine Oberschenkel gelehnt mit mir geschäkert hat und ich für den Moment lang keine Sorgen hatte. Die zweite, die Dankbarkeit für all die Helfer während unseres Krankenhausaufenthaltes ausdrückt und wie viel wir in den Wochen dort gewachsen sind.
Außerdem hatte ich Gesprächstherapiezeiten mit einer Psychologin, sowie ein paar Mal Video-Interaktions-Begleitung. Dabei wird ein Versorgungsmoment (baden, wickeln, stillen,…) gefilmt und im Nachhinein gemeinsam besprochen, welche Gefühle beim Kind und bei der Mutter zu erkennen sind, und der Mutter wird durch dieses positive Feedback auch wieder mehr Vertrauen gegeben.
Im Krankenhaus bekam ich endlich die umfangreichere Hilfe, die ich brauchte. Das Stillen war der Moment der Ruhe und Sicherheit geworden, von dem aus ich die Zeit dazwischen stets besser ertragen lernen konnte. Vielleicht hat es auch geholfen, dass ich keine Medikamente gegen die Depression brauchte.
Inzwischen gelingt auch das Stillen im Liegen und mein Sohn und ich können es einfach genießen. Immerhin war das Stillen etwas geworden, wo ich keine Zweifel (mehr) haben musste, dass ich etwas falsch machen könnte. Anlegen „darf“ man immer, und wenn ich mein Kind so lange trinken ließ wie er wollte, konnte ich mich auf ihn verlassen, dass es schon gut gehen würde. So bin ich froh, dass ich nicht aufgegeben habe, obwohl es mir in den schlimmsten Zeiten nicht gerade gut tat. Es war auf dem Weg zur Besserung aber sehr wertvoll.
Das Wichtigste, was ich dort gelernt habe, ist wohl, dass ich Hilfe brauchen und in Anspruch nehmen darf, und doch nicht alles perfekt können muss. Ich glaube aber, dass Mütter in ähnlicher Situation sich so ein Fazit nur selbst (mit nötigenfalls professioneller Unterstützung) erarbeiten können, bevor sie es wirklich glauben können. So ging es mir jedenfalls.
Vielleicht auch ein wichtiger Tipp, den ich weitergeben würde: nicht zu viel lesen… Obwohl das für Menschen mit pathologischer Unsicherheit, wie bei mir eben, auch nur leere Worte sind, und diesen Menschen dann mit „Vertrau auf dich selbst“ eben doch nicht ausreichend geholfen ist.
Ich habe selbst ein Muttermilch-Schmuckstück anfertigen lassen. Früher dachte ich immer, dass sowas doch sehr esoterisch wäre, und ich sicher mit 6 Monaten fraglos abstillen würde. Heute aber denke ich ganz anders. „we made it“, „wir haben es geschafft“ ist in den Ring graviert, und ich werde ihn wertschätzen als Erinnerung daran, dass ich so überwältigend große Schwierigkeiten überstanden habe, und als Erinnerung an all die schönen Momente, die über kurz oder lang doch ein Ende haben werden.
Jetzt mit etwas über 5 Monaten jedenfalls noch nicht. Als nächsten Meilenstein visiere ich die WHO-Empfehlung an von 6 Monaten exklusiv und bis 1 Jahr hauptsächlich stillen.
Paula
Originalbericht einer Mutter, September 2020
Foto: Paula
Liebe Paula,
ich danke Dir sehr für diesen ausführlichen Erfahrungsbericht. Schmerzen beim Stillen können tatsächlich auch Depressionen auslösen. Wobei bei Dir, wie Du auch selbst beschreibst, noch eine ganze Menge anderer Belastungsfaktoren hinzugekommen sind, die in der Summe wohl für jede Mutter zu viel gewesen wären. Umso mehr freut es mich für Dich, dass Du das Stillen letztendlich doch genießen und sogar als Ruheinsel erleben kannst. Ich wünsche Dir, dass Eure Stillbeziehung jetzt entspannt weitergeht, so lange, wie es sich für Euch beide gut und richtig anfühlt.
Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße,
Regine Gresens
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So schön, das zu lesen!
So Vieles kam mir dabei bekannt vor. Ich habe 11 Monate mit pumpen durchgehalten, nachts habe ich meine Tochter noch gestillt. Ihren Zwillingsbruder nicht mehr – durch die Zähne war das Beißen nicht mehr tragbar, sie hat aber erst mit 11 Monaten ihren ersten bekommen.
Wir waren auch im Lockdown, wir haben überall nach Hilfe geschrieen, zumal beide mehrere Monate lang Schreikinder waren, obwohl wir IMMER beim Schreien versucht haben hinzuhören: Was brauchen sie? Und das so schnell wie möglich umgesetzt haben.
Nun sind sie gerade ein Jahr alt geworden und stehen vor dem nächsten Entwicklungsschub.
Aber auch wenn ich sie liebe und sie, meiner Meinung nach, die tollsten Kinder der Welt sind, ich fühle mich nicht als wäre ich eine Mutter. Und schon gar nicht die Mutter dieser perfekten Schreihälse.
Ich danke dir jedenfalls für den Beitrag und finde es beruhigend zu lesen, dass es anderen auch so geht. Es freut mich sehr für dich, dass du die Hilfe bekommen hast, die du brauchtest.