Von B.M.|
Schon während meiner Schwangerschaft durfte ich mir allenthalben gut gemeinte Tipps und Erfahrungen zum Thema Stillen anhören.
Allen voran prophezeite mir meine Mutter, dass ich ohnehin nicht würde stillen können, da sie es bei beiden Kindern nicht konnte. Während ihrer Schwangerschaft sei ihr die Milch „weggelaufen“ und nach der Geburt hätte sie keine Milch mehr gehabt.
Da mein Bruder und ich trotz großem Altersunterschied im gleichen Krankenhaus vom gleichen Personal zur Welt gebracht wurden, vermute ich, dass meiner Mutter damals das Stillen dort schlicht „ausgeredet“ wurde.
Als ich trotzdem darauf beharrte, mein Kind stillen zu wollen, folgte die Diskussion über die Stilldauer.
Ein halbes Jahr ausschließlich Stillen? Na, das wäre aber lang! Meine Cousine habe nach 3 Monaten abgestillt, weil es ihr zu umständlich gewesen wäre. Ich würde das sicher auch nicht durchhalten, orakelte sie wieder.
Ich rechne es meiner Mutter hoch an, dass sie mir dennoch zu Weihnachten die Milchpumpe schenkte, die ich mir gewünscht hatte.
Schließlich kam die kleine Frau – leider nicht wie gewünscht im Geburtshaus, sondern nach Verlegung ins Krankenhaus und einer Interventionskaskade, wie aus dem Bilderbuch, per Kaiserschnitt (Aber das ist eine andere Geschichte…) – zur Welt.
Uns beiden ging es körperlich den Umständen entsprechend gut und ich war im ersten Moment einfach nur erleichtert.
Aufgrund einer Fehlfunktion des OP-Tisches dauerte es dann allerdings eine halbe Ewigkeit, bis ich aus dem OP befördert werden konnte und mein Baby in die Arme schließen durfte.
Während dieser 45 Minuten durfte sie immerhin nackt bis auf eine Windel auf Papas haariger Brust kuscheln.
Dann endlich lag das kleine Wesen auf meiner nackten Brust und die ersten Anlegeversuche liefen gar nicht so schlecht. Angenehm war es aber auch nicht wirklich.
Schon bald wurde eine Neugeborenengelbsucht diagnostiziert, die Kleine musste 24 Stunden ins Wärmebettchen zur Phototherapie.
Die Trennung von meinem Baby machte mich wahnsinnig, zumal ich, aufgrund meiner Vorgeschichte, eine heiße Kandidatin für eine postpartale Depression war.
So oft es ging, saß ich neben ihrem Wärmebettchen im Stationszimmer. Aber ich war durch die OP noch geschwächt und musste mich zwischendurch dann doch in meinem Bett ausruhen.
Nachts wurde ich zum Stillen geweckt – allerdings erst, als das arme kleine Wesen schon vor Hunger weinte.
Die Nachtschwester kam dann noch auf die glorreiche Idee, eine Wiegeprobe zu machen und stelle fest, dass der Winzling kaum etwas trank. Sie meinte, es wäre ja auch klar, dass ich zwei Tage nach Sectio viel zu wenig Milch hätte.
Ich beharrte auf ausschließlichem Stillen, holte am nächsten Morgen mein immer noch gelbes Kind aus dem Wärmebett und legte an, was das Zeug hielt.
Ihr Mund war so winzig, meine Brustwarzen wurden wund.
Die Schwestern versuchten mir beim Anlegen zu helfen, doch es wollte nicht recht funktionieren.
Abends kam schließlich der erlösende Milcheinschuss – Ha! Von wegen keine Milch nach Sectio! Ein erster kleiner Triumph für mich.
Doch die Freude verging schnell. Meine Brüste wurden innerhalb kürzester Zeit hart und knotig und das Anlegen funktionierte gar nicht mehr.
Die Nachtschwester ließ mich Milch abpumpen, um die Spannung zu mindern, gab mir anschließend Stillhütchen und mein Baby trank wieder – sowohl an meiner Brust als auch anschließend die abgepumpte Milch aus der Flasche. Allerdings nahm sie weiterhin ab…
Am nächsten Morgen suchte uns der Stationsdrachen in unserem Zimmer auf – eine kleine und überaus resolute Ordensschwester, von der ich schon Übles gehört hatte. Trotzdem war sie mir auf Anhieb sympathisch.
Sie sah mich mit Stillhütchen und trat mit einem skeptischen Blick ans Bett heran. Das müsse doch auch ohne gehen, erklärte sie mir mit fränkischem Akzent. Sie wurde mir noch ein bisschen sympathischer.
Wir stillten also ohne Hütchen weiter. Das Anlegen blieb schmerzhaft, aber ich wollte um jeden Preis durchhalten.
Eine erneute Wiegeprobe ergab, dass sie jetzt immerhin eine „Mindestmenge“ trank.
Auf mein Drängen wurden wir am fünften Tag nach Sectio entlassen. Ihr Bilirubinwert war immer noch erhöht, aber nicht mehr bedenklich. Sie hatte ihr Gewicht stabilisiert und ich hatte mich erstaunlich schnell von der OP erholt.
Endlich zuhause angekommen, fiel eine unglaubliche Last von mir ab. Unsere Hebamme, die uns auch im Geburtshaus während der ersten Stunden der Geburt begleitet hatte, kam noch am selben Tag vorbei.
Wir stillten fortan nach Bedarf (führten aber sicherheitshalber eine Woche lang Protokoll) und brachten die kleine Frau, so oft es ging, in die Frühlingssonne. Die Gelbsucht besserte sich zusehends und langsam aber stetig nahm sie zu.
Unsere Hebamme sah das Wiegen sehr entspannt und verließ sich ansonsten ganz darauf, dass unser Baby einen wachen und zufriedenen Eindruck machte.
Die wunden Brustwarzen begleiteten mich noch eine Weile, aber nach und nach wurde unsere Anlegetechnik besser. Bald war das Stillen ein Spaziergang.
Die kleine Frau entwickelte sich prächtig und irgendwann konnte ich sogar meine Mutter davon überzeugen, dass man ein Baby tatsächlich so ernähren kann.
Abgepumpte Milch hat die kleine Frau nach dieser einen Nacht im Krankenhaus übrigens nie wieder wirklich akzeptiert.
Heute ist sie 14 Monate alt und wir stillen immer noch – ganz selbstverständlich, entspannt und schmerzfrei. Immer noch müssen wir uns dafür rechtfertigen, wie auch für unseren Beikoststart ohne Brei im 6. Monat.
Ein zufriedenes, gesundes Kind bestätigt mir aber, dass ich alles richtig gemacht habe.
DAS ist UNSER Weg.
Originalbericht einer Mutter, Mai 2015
Foto: B.M.
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