Von Jessica |
Liebe Frau Gresens, liebe Stillmamas,
ich bin Mama von zwei Frühchen mit zwei unterschiedlichen Stillerfahrungen, von denen ich berichten und andere Mamas mit (und ohne) Frühchen motivieren möchte.
2012 kam unser erster Sohn in der 29. SSW mit zarten 750 g zur Welt.
Ich habe ab Tag 2 nach Kaiserschnitt motiviert in der Klinik Muttermilch abgepumpt und die Milch floss dankbarerweise ohne Probleme.
Nach 2 Monaten ausschließlicher Magensondenernährung wurde unser Sohn behutsam an die Flasche gewöhnt.
Das war nicht einfach, da er beim Trinken oft das Atmen vergaß. Die Mahlzeiten liefen entsprechend angespannt ab – mein Blick immer halb auf meinem Sohn, halb auf seinen Sauerstoffsättigungswert am Monitor.
Wie hätte ich da ans Stillen denken können, was dem Baby anfangs noch mehr Koordination und Kraft abverlangt?
Die Schwestern und Ärzte der Frühgeborenenstation interessierte das Thema Stillen ohnehin nicht. Es ging einzig darum, dass der kleine Patient lernt mit stabiler Atmung eine Flasche zu leeren, damit er die Magensonde los wird.
In den insgesamt 3 Monaten in der Klinik unternahm ich ziemlich spät ein paar halbherzige Stillversuche in Eigenregie, aber mehr als ein zartes Nuckeln schafften wir nicht.
Zuhause dann hatte ich nach dem ganzen Trauma der Frühgeburt und Klinikzeit nicht mehr die Kraft und das Durchhaltevermögen um unseren Sohn ernsthaft von der Flasche abzubringen.
Er kuschelte gern an der Brust, trinken wollte er aber nicht. So habe ich akzeptiert, dass es nicht geht und schlussendlich 9 Monate lang Muttermilch abgepumpt.
Hut ab!! Das ist wirklich eine tolle Leistung, auf die du seeehr stolz sein kannst!!
~ R. Gresens
Das Abpumpen konnte ich mithilfe der mobilen elektrischen Medela Freestyle-Pumpe mit Doppelpumpset* und dem Hände-frei-Bustier* soweit optimieren, dass es sich ganz gut in den Alltag mit Baby einbinden ließ.
Dennoch empfand ich das Pumpen oft als lästige Tätigkeit. Ich war sehr froh, als die Milchpumpe endlich weg war und meine Brust wieder „mir gehörte“ .
2017 kam unser zweiter Sohn in der 34. SSW mit 1950 g zur Welt.
Zwei Stunden nach dem Kaiserschnitt bestand ich darauf, zu ihm auf die Intensivstation gebracht zu werden, wo ich mit meinem Mann zusammen mühevoll, aber hochmotiviert, die erste wichtige Portion Kolostrum in eine Spritze ausstrich.
Wie stolz ich war, ihm so zu einem guten Start verhelfen zu können!
Am Tag 2 nach Kaiserschnitt habe ich meine „Arbeit“ an der Milchpumpe aufgenommen.
Die Einstellung der Frühgeborenenstation zum Stillen hatte sich in den letzten 5 Jahren tatsächlich etwas gebessert: man wurde ab und an aktiv gefragt, ob man anlegen möchte.
Dennoch stimmten auch dieses Mal die Randbedingungen nicht: Es gab nach wie vor keine Stillberatung (außer „Hier sind die Stillhütchen“), statt dessen starr vorgeschriebene Uhrzeiten und Trinkmengen.
Wer stillen wollte, musste bei jeder Mahlzeit penibel vorher und nachher abwiegen, anschließend musste die „fehlende Menge“ sondiert oder zwangsnachgefüttert werden.
Bei so viel Druck weigerte ich mich irgendwelche ernsthaften Stillversuche vorzunehmen. Also kuschelten wir an der Brust und waren vorerst zufrieden damit.
Nach 1 Monat Klinik nahmen mein Mann und ich abermals ein Flaschenkind mit nach Hause.
Dieses Mal wollte ich Zuhause unbedingt länger dran bleiben und mit meinem kleinen Sohn zusammen in Ruhe das Stillen lernen.
Glücklicherweise signalisierte er auch deutlich mehr Interesse und Geduld an der Brust, als es sein großer Bruder damals getan hatte – ein gutes Zeichen!
Dank Frau Gresens‘ Webseite, Videos und Buches* habe ich tatsächlich innerhalb von 6 Wochen parallel zur Flaschenfütterung eine gute und erfüllende Stillbeziehung zu unserem Sohn aufbauen können 🙂
Das klingt jetzt ganz einfach, aber natürlich hatten wir anfangs mit den typischen Problemen zu kämpfen:
- Anlegen war die ersten paar Wochen über mühselig und frustrierend. Mein Sohn öffnete den Mund nur minimal, ich musste meine Brust ständig in Form quetschen und als es endlich klappte, saugte er ein paar Mal und ließ die Brustwarze bald wieder los.
- Von den vielen Anlegeversuchen wurden die Brustwarzen sehr empfindlich und manchmal wund, sodass ich das Cluster-Feeding nur eine gewisse Zeit aushielt und nach ein paar Stunden entnervt mit der Flasche nachfütterte, um etwas Ruhe an der Brust zu haben.
- Das Saugen war anstrengend und mein Sohn schlief schnell ein, nuckelte nur und nahm keine oder nur wenige lange Trinkzüge. Mit der Brustkompression konnte ich ihn zu Beginn auch kaum, später aber immer besser zu langen Trinkzügen animieren.
In dieser Zeit habe ich immer wieder in die Erfahrungsberichte auf Stillkinder.de reingeschaut. Sie halfen mir durchzuhalten und die Probleme als das zu sehen, was sie waren: Startschwierigkeiten.
Und siehe da: je häufiger wir anlegten und je größer mein Sohn wurde, umso besser klappte es. Als er das erste Mal einfach so nach der Brustwarze schnappte und sie ohne Hilfe tief einsaugte, hatte ich Tränen in den Augen.
Einige Vorstellungen, die ich vom Stillen hatte, musste ich über Bord werfen:
- Es geht beim Stillen nicht darum, in x Minuten effizient eine Menge x ins Kind zu füttern, damit es x Stunden satt und ruhig ist.
- Nicht jede Stillmahlzeit läuft gleich gut ab. Andere Stillmamas, mit reifgeborenen Kindern, die nie etwas anderes als Stillen getan haben, erleben auch mal unharmonische und frustrierende Stillmahlzeiten – je nach Tagesform und Laune ihres Kindes.
- Stillen tagsüber ist nicht gleich Stillen nachts. Im Dunklen + im Liegen + mit sehr hungrigem + noch kleinem Baby ist etwas für Fortgeschrittene und läuft erst dann reibungslos, wenn man als Stillteam schon etwas eingespielter ist.
Eine wichtige Erkenntnis war, dass sich Brust und Flasche nicht ausschließen müssen!
Auf vielen Stillseiten wird parallele Flaschenfütterung wegen der Saugverwirrung oft verteufelt. Bei uns hat es mit Geduld, Vertrauen in die Fähigkeiten unseres Kindes, den guten Tipps zum asymmetrischen Anlegen und dem Wechsel auf ein anderes Flaschensystem (Lansinoh Natural Wave)* dennoch funktioniert!
Unser Sohn hat die Saugtechnik an der Brust nach und nach über Wochen verinnerlicht – obwohl er vom Papa weiterhin jeden Tag mehrere seiner Mahlzeiten vollständig per Flasche erhielt und nach wie vor erhält.
Als Mama habe ich damit etwas mehr Freiraum (und Schlaf) und kann auch meinem großen Sohn mehr exklusive Zeit und Aufmerksamkeit schenken.
Nach dieser Erfahrung hat sich auch meine Einstellung zur Milchpumpe geändert. Sie ist nun keine ungeliebte Notwendigkeit mehr, sondern ein Hilfsmittel, was uns den Wechsel zwischen Brust und Flasche und damit ein entspannteres Familienleben ermöglicht!
Viele Grüße,
Jessica
Originalbericht einer Mutter, April 2018
Foto: Jessica
Vielen Dank für diesen motivierenden Bericht, Jessica!
Er zeigt sehr deutlich, dass jedes Kind und jede Situation anders ist und sich das Dranbleiben wirklich lohnen kann!!
Und er zeigt auch, dass Mütter von Frühchen bereits in der Klinik und auch danach beim Stillen intensiv und professionell unterstützt werden sollten, damit sie es einfacher haben, trotz des schwierigen Starts eine erfolgreiche Stillbeziehung aufbauen zu können.
~ R. Gresens
* = Affiliate-Link: Wenn du darauf klickst und dann etwas kaufst, erhalte ich vom Händler eine kleine Vergütung – ohne höhere Kosten für Dich. Danke dafür! 🙂
Ich empfehle hier nur, was ich kenne und für gut und sinnvoll halte.
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