Von Maria |
Alles wird gut. Diesen Satz gab es für mich als Kind und Jugendliche nur in den Märchenbüchern.
Mir ist das passiert, was viele nicht wissen wollen, aber was es doch so oft gibt. Ich wurde über Jahre hinweg sexuell missbraucht.
Lange Zeit gab es für mich keine Normalität. Doch ich fand einen liebevollen Partner und nach vielen Jahren Psychotherapie endlich auch in ein glückliches Leben.
So war ich bei der Geburt unseres Sohnes bereits 42 Jahre alt.
Über das Stillen wollte ich mir im Vorfeld nicht viele Gedanken machen, weil ich Angst davor hatte, denn die Berührung meiner Brust war mir oft unangenehm und rief schlimme Erinnerungen zurück.
Dass ich stillen wollte, weil ich ein sehr natürlich eingestellter Mensch bin, stand trotzdem für mich fest. Geholfen hat mir dabei mein unglaublich eiserner Wille, der mich auch den Missbrauch überleben ließ.
Und so hatte ich vor der Geburt einen Traum in dem mein Junge mir sagte: „Aber ich möchte doch nur so gerne von deiner Brust trinken“. Das hat mich ehrlich gesagt sehr berührt und gestärkt.
Die Geburt verlief anders, als ich mir das vorgestellt hatte und ein Kaiserschnitt war nötig geworden.
Gleich eine halbe Stunde nach seiner Geburt trank mein Sohn an meiner Brust.
Und ja, es tat erst einmal weh, aber nichts erinnerte an den Missbrauch. Es war ein neues, völlig anderes Gefühl. Und darüber war ich froh.
Mein Kind trank sehr häufig und in kurzen Abständen und die Hebamme, die empfahl, die Stillpausen auf zwei Stunden auszudehnen und das Baby schreiend hinzuhalten, war nicht die richtige Wahl.
Ich fand eine Hebamme und Laktationsberaterin, die sich liebevoll um uns kümmerte, und bekam mehr Selbstbewusstsein, was das Stillen betraf.
Vor allem lernte ich, meinem Gefühl für mein Kind zu vertrauen.
Dreimal hatte ich stressbedingt einen Milchstau, bis ich mir selber Ruhe verordnete, vor allem vor den Verwandten.
Ich sehnte mich danach, dass die Brust nicht mehr weh tun würde und freute mich auf die Zeit, wo das Stillen ganz einfach sein würde.
Und diese Zeit kam.
Ein halbes Jahr stillte ich meinen Sohn voll. Das Einführen der Beikost anschließend klappte völlig problemlos.
Als ein Arzt bei mir zu diesem Zeitpunkt eine Schilddrüsenüberfunktion diagnostizierte und mir völlig unsensibel mitteilte, dass ich abstillen und Medikamente nehmen müsste, wenn sich das nicht gibt, war ich völlig am Ende.
Doch durch Beratung meiner Hebamme, verschiedene alternative Heilverfahren und homöopathische Mittel bekam ich meine Werte wieder in den Griff und vor allem: ich konnte weiterstillen.
Nun ist mein Sohn schon über ein Jahr, isst gerne und trinkt noch sehr gerne an meiner Brust.
Und ich bin so froh, es gewagt zu haben, ihn zu stillen und ihm das zu geben, was er braucht: Liebe und Nähe und Nahrung.
Ich kann mir nichts Schöneres mehr vorstellen. Für ihn und für mich.
Dazu gibt es noch seinen Papa, der das Stillen sehr unterstützt.
Wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte, hätte ich eine wunderbare Erfahrung und mein Kind wichtige Nahrung und körperliche Nähe vermisst.
Und ganz gewiss hat mich das Stillen mitgeheilt von den Missbrauchsfolgen, in dem Sinne, dass mein Körper so wertvoll für ein kleines Wesen ist.
Ich möchte den Frauen, die Ähnliches wie ich erlebt haben, folgendes auf den Weg geben:
Ihr habt einen wunderbaren Körper, der ein Kind geboren hat. Versucht unbedingt, dieses Kind zu stillen.
Wenn es Euch nicht gelingt, wenn ihr es nicht schafft, seid nicht traurig. Ihr habt so viel mitgemacht, Ihr müsst Euch nicht quälen, wenn es Euch so schwer fällt.
Ihr dürft Euerm Kind auch anders Liebe und Nahrung geben.
Aber Liebe und Nahrung müsst Ihr ihm geben, damit es an seiner kleinen Seele nicht so krank wird, wie Ihr es geworden seid.
Ich bin sehr froh, dass ich mir nach allem, was ich früher erlebt habe, nun selbst sagen darf: Alles ist gut.
Herzliche Grüße,
Maria
Originalbericht einer Mutter, April 2016
Foto: IMGP0185 via photopin (license)
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Und möchtest Du Deine Erfahrungen gerne hier mit Anderen teilen?
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Hallo Maria,
Ich habe den größten Respekt vor deinem Mut, dass du so ehrlich und offen bist.
Durch deine Erfahrungen wirst du deinem Sohn eine liebevolle Mutter sein. Und für mich eine tapfere Frau.
Danke dir dafür!